Im Interview
Anja Hagenauer: Dichtes Wohnen ist nicht schlecht

Die rote Stadträtin Anja Hagenauer will eine Stadt, die nicht nur für Reich und Schön da ist. | Foto: Lisa Gold
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Die rote Sozial-Stadträtin Anja Hagenauer im Stadtblatt-Gespräch über Nachverdichten im Wohnbau, das herausfordernde Thema Pflege und wie schwer es ihr gefallen ist, sich an "Stadträtin" zu gewöhnen.

SALZBURG. Als Sozial-Stadträtin hat Anja Hagenauer (SPÖ) die größte Magistratsabteilung inne und ist unter anderem für die städtischen Seniorenwohnhäuser und das Wohnungsamt ressortzuständig. Im Stadtblatt-Interview spricht Hagenauer über den Mangel an Pflegekräften und erklärt, warum man das Thema "Nachverdichten im Wohnbau" von seinem schlechten Image befreien sollte.

Frau Stadträtin, wie lange hat es gedauert, bis Sie sich von Vizebürgermeisterin an Stadträtin gewöhnt haben?
Anja Hagenauer
: Die meisten haben zu mir sowieso immer "Frau Hagenauer" gesagt, insofern gibt es da für mich keine Umstellung.

Mit dem Sozialressort haben Sie die größte Magistratsabteilung inne und sind für die Seniorenwohnhäuser, das Jugendamt und das Wohnungsamt zuständig. Wo gibt es derzeit den größten Handlungsbedarf?
Anja Hagenauer
: Eine der größten Herausforderungen ist klar die Pflege. Die Alterspyramide, die ja längst keine Pyramide mehr ist, trifft uns jetzt voll. Immer mehr Menschen brauchen im Alter eine Betreuung, weil sie allein nicht mehr zurechtkommen und die Familienverbände von früher längst nicht mehr bestehen. Auch Demenz ist ein großes Thema, da bemühen wir uns als Stadt darum, möglichst viel aufzuklären, etwa mit dem Programm "Konfetti im Kopf".

Stichwort Pflege: Die Betreuungseinrichtungen schlagen Alarm, initiieren Warnstreiks. Welche Rahmenbedingungen muss die Politik für die Pflegekräfte schaffen?
Anja Hagenauer
: Es muss die 35-Stunden-Woche geben, ohne Wenn und Aber. Die Arbeit, die Pflegekräfte machen, ist so eine anspruchsvolle und intensive, da sind 35 Stunden genug. Ein wesentlicher Punkt ist auch das Ausmaß der Dokumentation. Pflegekräfte sitzen bis zu einem Drittel ihrer Arbeitszeit am Computer, da müssen wir die Bürokratie erleichtern und das in ein entsprechendes Gesetz gießen.

Zu dokumentieren, dass die Tochter einer Seniorenhausbewohnerin um 15 Uhr auf einen Kaffee zu Besuch war, ist nicht Aufgabe der Pflegekräfte. In den nächsten Jahren werden uns tausende Pflegekräfte fehlen, da müssen wir auch Menschen aus dem Ausland gewinnen, ansonsten wird man den Bedarf niemals abdecken können.

Der Mangel an Pflegekräften hat vor zwei Jahren auch in der Stadt Salzburg dazu geführt, dass Menschen auf einen Platz warten mussten, weil schlichtweg das Personal gefehlt hat. Sie sagten damals, die "Stadt benötigt in ihren Seniorenwohnhäusern Pflegeassistenten wie einen Bissen Brot". Wie ist die aktuelle Lage?
Anja Hagenauer
: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, in den städtischen Seniorenwohnhäusern sind wir gut aufgestellt.

Dennoch warten derzeit 200 Menschen auf einen Platz in den städtischen Seniorenwohnhäusern. Ein Trend, der sich künftig noch verstärken wird.
Anja Hagenauer
: Das Land muss endlich in die Gänge kommen und selbst Seniorenwohnhäuser schaffen. So wie es andere Bundesländer auch machen. Das Land kann nicht alles auf die Kommunen oder die privaten Träger abstreifen.

Ein zweites Mammutthema ist das Thema Wohnen in der Stadt. Leistbares Wohnen sieht anders aus.
Anja Hagenauer
: Es gibt viele Wohnungen, die leistbar sind, wo wir von einem Mietzins von acht Euro sprechen. Aber es gibt eben zu wenige davon. Es muss mehr gebaut werden, es braucht mehr geförderte Mietwohnungen und mehr Nachverdichtung. Salzburg ist eine attraktive Stadt, die Kehrseite ist, dass die Stadt dadurch sehr teuer ist. Aber es darf keine Stadt nur für Reich und Schön sein.

Nachverdichten ruft bei vielen eine negative Konnotation hervor.
Anja Hagenauer
: Leider. Diesen negativen Touch müssen wir wegbringen, denn dichtes Wohnen ist nicht schlecht. Es muss uns bewusst sein, dass es die riesigen Flächen nicht mehr gibt. Wir haben etwa in der Kirchenstraße in Itzling im Altbestand des Feuerwehrgebäudes ein kleines Wohnobjekt gemacht mit einer Miete von acht Euro pro Quadratmeter.

Wie läuft die neu geschaffene Delogierungsprävention an?
Anja Hagenauer
: Gut, der dafür zuständige Mitarbeiter Günter Österer ist ausgelastet. Ziel ist es, die Zahl der Zwangsräumungen von Wohnungen binnen fünf Jahren zu halbieren.

Gemeinsam mit Regierungskollegin Martina Berthold (Bürgerliste) haben Sie sich klar gegen eine EU-weite Ausschreibung von Frauenhäusern ausgesprochen, wie es Landesrätin Andrea Klambauer fordert. Warum?
Anja Hagenauer
: Es gibt überhaupt keine rechtliche Veranlassung, dass man das ausschreibt. Das ist eine Maßnahme, die ich absolut nicht nachvollziehen kann. Die Zusammenarbeit mit dem Frauenhaus in der Stadt Salzburg läuft gut. Das sind gewachsene Strukturen und die sollen jetzt aufgebrochen werden, wozu, frage ich mich. Ein Punkt, in dem ich mit Frau Klambauer konform gehe, ist der, dass die Frauenhäuser nicht mehr versteckt werden. Klar ist natürlich, dass der Platz gesichert wird und sich die Frauen sicher fühlen.

Was möchten Sie bis zum Ende der Amtsperiode umgesetzt haben?
Anja Hagenauer
: Dass wir als Politik die Rahmenbedingungen für eine soziale Gesellschaft schaffen, in der niemand zurückgelassen wird.

Interview geführt von Lisa Gold

Anja Hagenauer abseits des politischen Alltags: 

Frau Stadträtin, welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Das Buch "Vom Winde verweht", viele Samensackerl zum Anpflanzen von Blumen und ein paar Freunde. Das sind dann mehr als drei Dinge.

Wer war die Heldin Ihrer Kindheit?
Mutter Theresa.

Welchem Fußballverein drücken Sie die Daumen?
Bayern München. Und mein absoluter Lieblingsspieler ist Zlatan Ibrahimovic.

Wie kann man Sie kulinarisch verwöhnen?
Als Innviertlerin ganz klar: Knödel in allen Variationen.

Und was geht kulinarisch gar nicht?
Innereien, da suche ich das Weite.

Welches Lied würden Sie bei Karaoke zum Besten geben?
"Man in the mirror" von Michael Jackson.

Mehr zum Thema Mangel an Pflegekräften in der Stadt Salzburg lesen Sie hier
Das Interview mit Bürgerlisten-Stadträtin Martina Berthold können Sie hier nachlesen

Die rote Stadträtin Anja Hagenauer will eine Stadt, die nicht nur für Reich und Schön da ist. | Foto: Lisa Gold
Die rote Stadträtin Anja Hagenauer will eine Stadt, die nicht nur für Reich und Schön da ist. | Foto: Lisa Gold
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