Gewalt an Frauen
Rot-blaue Mauer gegen Ausschreibung der Frauenhäuser
Die Salzburger Oppositionsparteien FPÖ und SPÖ treten gemeinsam mit den Vertreterinnen der autonomen Frauenhäuser in Salzburg gegen die Eu-weite Ausschreibung selbiger ein.
SALZBURG. Die Salzburger Freiheitlichen und die Salzburger Sozialdemokraten setzen sich gemeinsam für die autonomen Frauenhäuser in Salzburg ein und stellen sich damit geeint weiter gegen die EU-weite Ausschreibung der Frauenhäuser Hallein und Salzburg Stadt durch Landesrätin Andrea Klambauer (Neos). Selbige läuft allerdings längst.
Berger: "Freie Plätze wegen Unsicherheit"
„Die Frauenhäuser in Salzburg werden mit der Ausführung dieser Ausschreibung unwiederbringlich zerstört. Dieser Akt der Zerstörung ist erstmalig und einmalig in Österreich", sagt Salzburgs Freiheitliche Frauensprecherin, Landtagsabgeordnete Karin Berger. Die FPÖ weist auf die Kündigung aller Mitarbeiter hin und kritisiert, dass aufgrund der aktuell unsicheren Lage der Frauenhäuser in Salzburg viele betroffenen Frauen die Leistungen der Einrichtungen während der Corona-Zeit nicht in Anspruch genommen hätten.
Bei dieser Aussage bezieht sich Berger auf eine Äußerung von Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin der autonomen Österreichischen Frauenhäuser. Rösslhumer wies auf österreichweit voll belegte Häuser hin, mit Ausnahmen von Salzburg, wo es freie Frauenhausplätze gäbe. "Seit ich Landesrätin bin, hatten wir immer freie Plätze in unseren Salzburger Frauenhäusern – nicht nur in der Corona-Zeit. Aus zur Verfügung stehenden Plätzen ein Problem zu machen und damit volle Frauenhäuser als positiv darzustellen, ist für mich nicht nachvollziehbar", sagt dazu Landesrätin Andrea Klambauer.
Hagenauer: "Rechtlich höchst bedenklich"
Von einer Zerschlagung der Struktur spricht auch Salzburgs Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) sowie von einer rechtlich fehlerhaften Ausschreibung: "Es wurde gesetzeswidrig ein unbefristeter Vertrag ausgeschrieben, obwohl das Mindestsicherungsgesetz nur Drei-Jahresverträge vorsieht und neue Träger diese überhaupt erst nach einer einjährigen Probephase bekommen können“, sagt Hagenauer. Als zweiten, rechtlich bedenklichen Punkt nennt Hagenauer, dass sich die Ausschreibung nur auf Teile des Landesgebietes bezieht, die Schutzwohnungen im Pinzgau allerdings nicht von der Ausschreibung betroffen sind.
Klambauer: "Rechtliche Gründe machten EU-weite Ausschreibung nötig"
Auf Bezirksblätter-Anfrage sagt Landesrätin Andrea Klambauer dazu: „Eine EU-weite Ausschreibung war aus rechtlichen Gründen notwendig und die Ausschreibung wurden von Expertinnen und Experten des Landes Salzburg nach den geltenden Gesetzen erarbeitet. Beim Budget wird es keine Einsparungen für den Gewaltschutz geben. Die Förderung wird auf einen öffentlichen Auftrag umgestellt.“
Klambauer: "Erstmals klar definierter Leistungs- und Qualitätsanspruch"
Dass ihre Entscheidung zur Ausschreibung von der Frauensprecherin und der Sozialstadträtin kritisiert wird, versteht die Landesrätin nicht: "Mit der Umstellung auf einen öffentlichen Auftrag besteht erstmals ein klar definierter Leistungs- und Qualitätsanspruch für beide Seiten. Das jetzige Konzept reicht in die 80er Jahre zurück und ist nicht mehr zeitgemäß. Man hat sich etwa nie gefragt, ob die Förderung wirklich bestmöglich den Gewaltopfern zu Gute kommt. Umso wichtiger ist ein Konzept, das ein flächendeckendes, qualitätsvolles und flexibles Angebot schafft, bei voller Klarheit vom Mitteleinsatz bis hin zu den erbrachten Leistungen für die Betroffenen."
Thaler-Haag: "Unsere Meinung zu neuen Konzepten wurde nicht eingeholt"
Auch die Leiterinnen der beiden betroffenen Frauenhäuser kritisieren die Vorgehensweise der Landesrätin. Beide nehmen nicht an der Ausschreibung teil. Die Leiterin des Frauenhauses der Stadt Salzburg, Birgit Thaler-Haag, kritisiert, dass Landesrätin Klambauer vor der Ausschreibung nie Gespräche mit den Expertinnen der Frauenhäuser über neue Konzepte im Gewaltschutz oder über eine Ausweitung der regionalen Angebote geführt habe. "Nun sollen aber BewerberInnen, die keinerlei Erfahrung in der Frauenhausarbeit haben, neue Konzepte für Schutzunterkünfte entwickeln."
Klambauer: "Seit zehn Jahren gibt es schon Konzepte"
Sehr wohl habe es bereits Konzepterstellungen mit den derzeitigen Betreibern gegeben, diese seien aber nie umgesetzt worden, sagt die Landesrätin: "Es gab schon vor zehn Jahren Konzepterstellungen, die umgesetzt werden sollte, aber nichts ist geschehen. Ich bin die vierte Landesrätin in Folge, die es versucht hat. Und auch jetzt hätten die autonomen Frauenhäuser ihr Konzept vorlegen können, stattdessen beteiligen sie sich nicht an der Ausschreibung."
"Kommission aus Experten bewertet die Konzepte"
Auch der Vorwurf, die Konzepte würden von unerfahrenen Bewerbern erarbeitete, stimmt laut Klambauer nicht. Die Konzepte der fünf bis zehn Bieter sollen von einer Expertenkommission bewertet werden: "In dieser Kommission sind anerkannte Expertinnen und Experten aus einem Frauenhaus, dem Gewaltschutzzentrum, dem Sozialbereich, der Polizei, dem Vergaberecht sowie dem Frauenreferat. Zusätzlich wird dies wissenschaftlich begleitet. Es beteiligen sich anerkannte österreichische, gemeinnützige Vereine und Organisationen aus dem Sozialbereich an dieser Ausschreibung, die auch Frauenhäuser betreiben, keine Billigstbieter aus dem Ausland", sagt Klambauer.
Keine Planungssicherheit für 2021
Die Leiterin des Halleiner Frauenhauses, Doris Weißenberger, beklagt, dass für die Frauenhäuser Salzburg und Hallein noch immer keine Verträge für das Jahr 2021 vorliegen und ihnen daher die Planungssicherheit für das kommende Jahr fehle: „Wir wissen noch immer nicht, wie lange und wie viele Frauen und Kinder in Not wir 2021 aufnehmen und betreuen können. Natürlich trägt das nicht
dazu bei, dass sich Frauen überhaupt melden in dieser Situation. Auch für unsere Mitarbeiterinnen ist die derzeitige Situation sehr belastend.“
Auf Bezirksblätter Anfrage sagt Landesrätin Klambauer dazu: "Der Förderantrag des Frauenhauses Salzburg ist vor drei Wochen bei mir angekommen. Es geht dabei um 400.000 Euro. Wir prüfen den Antrag aktuell. Das Frauenhaus Hallein hat erst vor kurzem den Antrag für das ganze Jahr eingebracht. Auch dieser wird geprüft. In den nächsten zwei Wochen sollte das abgeschlossen sein."
Bis Ende 2020 wird jedenfalls feststehen, welches Gewaltschutz-Konzept ab Mitte 2021 in Salzburg umgesetzt werden wird.
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