Psychologie / Gesundheit
Diagnose Krebs - Psychoonkologie

Krebsdiagnosen als schwere psychische Krisen

Die Diagnose Krebs stellt fast immer eine massive und überfordernde existentielle Erschütterung im Leben eines Menschen dar, die ohnmächtig macht. Depressionen, starke Ängste, Gefühle der Leere, innere Unruhe, Wut und Trauer können einander rasch ablösen. Auch Schlafstörungen und Konflikte mit Angehörigen können auftreten. Die Diagnose Krebs wird fast immer als Grenzerfahrung erlebt und konfrontiert uns mit unserer Endlichkeit und dem Tod.
Es ranken sich zahlreiche Mythen um Krebserkrankungen und gutgemeinte, jedoch wenig hilfreiche Kommentare, wie „Du musst nur positiv denken, dann schaffst Du das schon!“ oder „Ernähre Dich halt jetzt besser!“ stellen zusätzliche Belastungen dar.

In dieser Erschütterung des Lebens liegen jedoch auch personale und existentielle Spuren, einen neuen Blick auf das Leben und seine sinnstiftenden Möglichkeiten zu finden. Trotz starker Emotionen wie Todesangst, Depression und innerer Unruhe kann im therapeutischen Prozess neuer Lebensmut gefunden werden und der/die Betroffene kann sich dem Leben neu zuwenden und in Beziehung zu ihm treten.

WDR Doku über Brustkrebs: "Der Krebs kann uns mal - Die Chemo Chicas"

Eine Dokumentation über Frauen, welche die Diagnose Brustkrebs bekommen haben. Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.

Was ist Psychoonkologie?

Die Psychoonkologie ist eine relativ junge Disziplin der Psychotherapie und Psychologie und findet ihre Ursprünge in den 1970er Jahren. Sie arbeitet integrativ-interdisziplinär und versucht, Patient*innen und deren Angehörige im Umgang mit den biopsychosozialen Schwierigkeiten einer Krebserkrankung zu unterstützen.

Je früher Menschen psychoonkologisch gut behandelt und versorgt werden, desto weniger schwer fallen ihre psychologischen und sozialen Folgeschäden aus. Im Nationalen Krebsplan ist eine bedarfsgerechte psychoonkologische Behandlung ein wichtiger Baustein der Behandlung von krebserkrankten Menschen.

Krebs - eine der häufigsten Erkrankungen

Krebs ist eine der häufigsten körperlichen Erkrankungen.Obwohl Krebserkrankungen noch immer mit einem hohen Risiko zu sterben und invasiven medizinischen Behandlungsmethoden assoziiert werden, gibt es immer bessere Behandlungsmöglichkeiten und auch immer mehr Menschen, die mit ihrer Krebserkrankung ein langes Leben haben. Die Überlebenden leiden jedoch häufig unter Symptomen, welche denen einer posttraumatischen Belastungsstörung oder Traumafolgestörungen ähneln.

Zudem gibt es auch körperliche Folgeschäden, da viele medizinische Therapien und Behandlungen die körperliche Funktionsfähigkeit stark beeinträchtigen. Somit kann sich die Lebensqualität massiv verschlechtern und es kann zu negativen psychosozialen Folgen kommen.

Beschwerden bei Patient*innen mit Krebs

Folgende Beschwerden finden sich unter Krebs-Patient*innen häufig:

  • Ängste und Panikattacken
  • Grübelneigung
  • Depressionen
  • Schmerzen
  • Einschränkungen der körperlichen Funktion
  • Erschöpfung und Fatigue
  • Alpträume
  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • Chronischer Stress (Distress)
  • Sexuelle Funktionsstörungen, sexuelle Unlust, Probleme in der Sexualität und Partnerschaft

32 Prozent aller an Krebs Erkrankten weisen im Laufe der Behandlung psychische Symptome bzw. eine psychische Störung auf.

Darüber hinaus ist oft auch das soziale Umfeld der Betroffenen schwer psychisch belastet. Lebenspartner*innen, die Familie, die Kinder, Freund*innen und Bekannte sind von den Einschnitten indirekt betroffen.

Filmtipp: "Brustkrebs mit 30: So verändert sich das Leben"

Brustkrebs ist auch unter jungen Frauen sehr häufig verbreitet.

Die Aufgaben der psychoonkologischen Versorgung:

  1. Die Psychoonkologie versucht, nach der Diagnose zu klären und zu ordnen.
  2. Sie liefert Informationen über die Krebserkrankung sowie über die Möglichkeiten der Behandlung.
  3. Sie versucht die psychischen Symptome (etwa Angst, Fatigue, Erschöpfung, Depressionen, Schlafstörungen) zu lindern.
  4. Sie aktiviert Selbstheilungskräfte, innere Stärken und verschüttete Ressourcen.
  5. Sie unterstützt die Angehörigen, die Familien und das soziale Umfeld.
  6. Sie stärkt die Gefühle von Kontrolle und Selbstwirksamkeit.
  7. Sie fungiert als Schnittstelle der Kommunikation zwischen Patient*innen, Familien und den Behandler*innen.
  8. Sie begleitet durch die Hilflosigkeit, durch die Krisen und unterstützt bei der Suche nach Sinn. Sie schafft dabei Räume, um über Tabus wie Verluste, das Sterben und den Tod zu sprechen.

Film: "Leukämie: Menschen im Kampf gegen den Krebs"

Krebserkrankungen können starke Todesängste auslösen und konfrontieren uns mit der Endlichkeit unseres Lebens.

Ambulante und stationäre Psychoonkologie

Psychoonkologie kann sowohl stationär als auch ambulant bei niedergelassenen Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen stattfinden. Dabei ist es oft schwierig, als Krebserkrankte*r psychoonkologische Unterstützung zu finden, weil die Versorgungsdichte mitunter sehr gering ist. Zudem haben auch Psychotherapeut*innen eigene Ängste im Umgang mit den Themen schwere Krankheit, Sterben und Tod und vermeiden dann die Arbeit mit der Zielgruppe.

Die psychoonkologische Versorgung in Akutkrankenhäusern arbeitet tendenziell auf der Ebene der Krisenintervention. Es geht dabei um die Prävention von psychischen Erkrankungen, welche durch eine Krebserkrankung ausgelöst werden können. Auch Belastungen wie Ängste oder Depressivität sollten hier gemindert werden. Psychoonkologische Beratungen (Psychoedukation) und das Vermitteln von Skills, wie etwa Entspannungsverfahren und gute Atemtechniken, sind wichtige Elemente der Akutversorgung. Im Akutkrankenhaus sollten der Umgang mit den Krankheitsfolgen und den Behandlungsfolgen etwas gelernt werden und die Patient*innen bei der Bewältigung unterstützt werden. Auch sollten die Betroffenen informiert und motiviert werden, sich nach der akuten Behandlung psychoonkologische Hilfe im ambulanten Betreuungssetting zu suchen. Machen Patient*innen im Akutbereich positive Erfahrungen mit Unterstützung, Krisenintervention und Psychoonkologie, so ist die Hürde geringer, ambulante Behandlungsangebote in Anspruch zu nehmen.

In der ambulanten psychoonkologischen Psychotherapie unterscheidet sich die Arbeit nicht wesentlich von der Arbeit mit anderen Psychotherapiepatient*innen. Es geht um Begleitung, das Aushalten und Annehmen von schwierigen Emotionen wie Ohnmacht, Hilflosigkeit und Todesangst. Es geht um das Finden eines inneren Halts, um das schwerwiegende und einschneidende Erlebnis im Leben annehmen zu lernen. Ressourcenaktivierung, Resilienzförderung, Hypnose, Hypnotherapeutische Interventionen, Imaginationen, um innere Sicherheit herzustellen und das Lernen von Selbstfürsorge helfen auf diesem Weg.

Psychotherapeutische Hilfe

Psychotherapie kann Ihnen helfen, die Erkrankung in Ihr Leben zu integrieren und belastende Emotionen auszuhalten, anzunehmen und durch sie hindurchzugehen. Auch Angehörigenberatung kann Erleichterung verschaffen.
Das Ziel der Psychotherapie bzw. psychologischen Beratung ist es dabei nicht, keine Angst mehr zu fühlen, sondern die Erfahrung zu machen, Möglichkeiten zu entdecken, um gut mit der Angst sein und leben zu können. Die Erkrankung Krebs trägt ja immer beide Möglichkeiten in sich: Es könnte sein, dass ich überlebe oder dass ich sterbe . Es gilt dann mit der Angst den Mut zu finden, in die Zukunft zu gehen. Mut kann dort entstehen, wo ich spüre, dass das Leben noch nicht zu Ende ist, es ist nicht aus und damit auch nicht ausgeschlossen, dass ich damit leben kann – auch wenn es noch so schmerzhaft und schrecklich ist, wenn es Verlust bedeutet und mich an meine Grenzen bringt.
So kann etwa Angst zu Zuversicht werden und der betroffene Mensch kann mit der Erkrankung Krebs und der Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit „Ja!“ zum Leben sagen.


Wichtige Anlaufstellen bei Krebserkrankungen sind:

Österreich
Österreichische Krebshilfe
Website: https://www.krebshilfe.net/

ÖGPO – Österreichische Gesellschaft für Psychoonkologie
https://www.oegpo.at/

Deutschland
Die Hamburger Krebsgesellschaft
Website: https://krebshamburg.de

Psychoonkologie - Rotkreuzklinikum München
Website: https://rotkreuzklinikum-muenchen.de/medizin-und-pflege/therapie-beratung/psychoonkologie.php

Psychosoziale Krebsberatung - Berliner Krebsgesellschaft e.V.
Website: https://www.berliner-krebsgesellschaft.de/krebsberatung/psychosoziale-krebsberatung/

Filmtipp: "Krebs bei jungen Menschen - Diesen Kampf werde ich gewinnen!"

Fazit:
Psycho-Onkologie – ein besserer Umgang mit dem Krebs

Eine Krebsdiagnose ist ein einschneidendes, psychisch extrem belastendes und existentiell erschütterndes Ereignis. Viele Menschen leiden unter Gefühlen der Ohnmacht, der Todesangst, unter Depressionen, Panikattacken und Schlafstörungen. Auch soziale Konflikte mit den Angehörigen und der Familie können sehr belastend sein.

Die Psycho-Onkologie arbeitet mit den Menschen auf der medizinischen Ebene (Schulmedizin, Psychiatrie), der psychologischen (etwa mit Methoden aus der Klinischen und der Gesundheitspsychologie, der Psychotherapie) und der sozialen Ebene (durch Netzwerkarbeit, Soziale Arbeit), das heißt multidisziplinär und fächerübergreifend.

Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)

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