Coronavirus in Salzburg
Negativrekorde bei Beschäftigung und Arbeitslosenquote
Handel, Gastgewerbe und Bau nehmen die Kurzarbeit am häufigsten in Anspruch. 5.733 Anträge für rund 41.000 Arbeitsplätze wurden gestellt. Dazu kommt die höchste Arbeitslosigkeit seit Bestehen der zweiten Republik.
SALZBURG. Die Daten des Arbeitsmarktservice Salzburg (AMS) für die unselbständige Beschäftigung im März zeigen einen seit Bestehen der zweiten Republik noch nie dagewesenen Rückgang der Beschäftigung. Mit Stand Ende März hat die Zahl der Dienstverhältnisse im Bundesland um 21.535 auf 240.963 abgenommen. Das ist ein Minus von 8,2 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Damit wurde der bisher stärkste Rückgang von minus 2,2 Prozent im April 2009 bei weitem übertroffen. Zuletzt war die Beschäftigung im Februar vor fünf Jahren gesunken. "Damals hatten Kälte, Schnee und Konjunkturflaute fast jegliche Bautätigkeit lahmgelegt und für einen minimalen Rückgang um 0,1 Prozent gesorgt", heißt es vom AMS Salzburg.
Höchstwerte aus 2014/15 deutlich übertroffen
Bei gleichzeitig 29.107 Arbeitslosen (ohne Schulungsteilnahmen) ebenfalls Ende März erreicht auch die Arbeitslosenquote einen traurigen Höhepunkt. Mit 10,8 Prozent wird der bisherige Höchstwert aus den Monaten November 2014 und November 2015 von jeweils 7.0 Prozent deutlich übertroffen.
„Wir verdanken es gewissermaßen unserem ‚guten Polster‘, dass wir bei der Arbeitslosenquote erstaunlicherweise immer noch auf dem drittbesten Wert bundesweit liegen, obwohl sich Arbeitslosigkeit und Beschäftigung nirgends so stark zum Schlechteren verändert haben, abgesehen von Tirol."
AMS Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer
Lediglich Oberösterreich (8,2 Prozent) und Vorarlberg (8,9 Prozent) weisen niedrigere Quoten auf, österreichweit liegt der Wert bei 12,3 Prozent.
Minus von 50 Prozent im Hotel- und Gastgewerbe, Zuwachs im Kommunikationswesen
Die mit Abstand stärksten Beschäftigungsrückgänge verzeichnete das Hotel- und Gastgewerbe mit einem Minus von fünfzig Prozent bzw. nahezu 14.000 Beschäftigten. Damit entfallen allein auf diesen Wirtschaftsabschnitt fast zwei Drittel des gesamten Beschäftigungsrückgangs. „Unter diesen Umständen beinahe überraschend gibt es auch Beschäftigungszuwächse, weniger überraschend sind aber die Branchen“, sagt Jacqueline Beyer, „das Informations- und Kommunikationswesen verzeichnet einen Zuwachs um 7,1 Prozent, das Gesundheits- und Sozialwesen um 1,7 Prozent.“
Um 131,7 Prozent mehr Arbeitslose als vor einem Jahr
Eine Zwischenbilanz bei den Arbeitsmarktdaten zeigt einen weiterhin starken Zuwachs der Arbeitslosigkeit. Zur Monatsmitte April waren 30.827 Personen ohne Job – um 17.523 Vorgemerkte oder 131,7 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Seit der letzten Zählung von vor zwei Wochen haben weitere 1.720 Personen ihre Arbeit verloren. Schulungsteilnahmen eingerechnet, sind damit aktuell knapp 33.000 Menschen ohne Beschäftigung. Den stärksten Zuwachs verzeichnet Tirol mit plus 172,9 Prozent, der österreichische Durchschnitt liegt bei plus 81,6 Prozent.
Arbeitslosenzahlen in den Tourismusregionen explodiert
„Obwohl die Kurve bei den Zuwächsen in den meisten Bundesländern stark nach oben zeigt, hat sie sich bei uns und in Tirol etwas abgeflacht“, beschreibt AMS-Chefin Beyer den Umstand, dass die Arbeitslosigkeit in Salzburg Ende März um 138 Prozent, jetzt aber „nur“ um 131 Prozent zugenommen hat, in Österreich dagegen der Zuwachs von plus 65 Prozent Ende März auf plus 81 Prozent Mitte April gestiegen ist. „Hier sehen wir die Auswirkung des abrupten, vorgezogenen
Saisonendes im März, wodurch die Arbeitslosenzahlen in den Tourismusregionen geradezu explodiert sind“, erläutert Beyer.
Daten und Fakten zum Thema Kurzarbeit in Salzburg:
Mit Stand 16. April 2020 hatte das AMS Salzburg 5.733 Anträge auf Kurzarbeit im System erfasst, "was zum gegenwärtigen Stand die Arbeitsplätze von rund 41.000 Menschen sichern wird“, sagt Jacqueline Beyer, Landesgeschäftsführerin des Arbeitsmarktservice Salzburg. Beyer rechnet mit einer weiteren Erhöhung der Anträge „auf gut 6.000“. Rund 318 Millionen Euro der von der Bundesregierung reservierten fünf Milliarden sind momentan in Salzburg für die Beihilfe der Covid-19 Kurzarbeit verplant.
Meisten Anträge im Handel
Nach Branchen betreffen die meisten Anträge auf Kurzarbeit den Einzel- und Großhandel (21 Prozent), dann das Hotel- und Gastgewerbe (16 Prozent), gefolgt vom Baunebengewerbe (Bauinstallations- und Ausbaugewerbe, 9 Prozent).
"Unternehmen sind ungeduldig"
Ungeduld durch Unternehmen bei der Bearbeitung von Anträgen hält die AMS-Chefin entgegen: „Die Fälle von Kurzarbeit, die wir seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor über zehn Jahren hatten, lassen sich an den Fingern abzählen. Wir mussten aus dem Stand die Ressourcen schaffen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kürzester Zeit schulen und sie samstags, sonntags, frühmorgens und spätabends einsetzen. Dazu waren in gleicher Zeit rund 18.000 Zugänge in Arbeitslosigkeit zu bearbeiten, um die Existenzen auch der Arbeitslosen und ihrer Familien zu sichern.“
Unterschreitung der beantragten Ausfallstunden
Betriebe, die besorgt anfragen, ob auch eine Unterschreitung der beantragten Ausfallstunden möglich sei, weil die Auftragslage besser sei als ursprünglich befürchtet, beruhigt Beyer: „Es handelt sich dadurch noch nicht um einen Missbrauch, es ist auch kein geändertes Begehren erforderlich. Denn die Auszahlung der Beihilfe erfolgt im Nachhinein nach Vorlage und Prüfung der Abrechnungen. Für das AMS wird daraus die Unterschreitung der Ausfallsstunden erkennbar.“
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Vorzeitige Beendigung der Kurzarbeit
Für den Fall, dass vom Unternehmen eine vorzeitige Beendigung der Kurzarbeit ins Auge gefasst wird, sei zu berücksichtigen, dass ein Arbeitszeitausfall im Durchrechenzeitraum von weniger als zehn Prozent und mehr als neunzig Prozent nicht zulässig ist. Jacqueline Beyer: „Wir bitten die Unternehmen aber zu berücksichtigen, dass aktuell diese Ausnahmesituation noch nicht ausgestanden ist. Es könnten wieder strengere Maßnahmen auf uns alle zukommen. Nach der Beendigung ist nicht ohne weiteres eine Fortsetzung der Kurzarbeit möglich, sondern – sowohl für die Unternehmen als auch das AMS – wieder mit einem größeren Aufwand verbunden.“
Abrechnungstools für Kurzarbeit ab heute Online
Ab heute sind auch die Online-Tools für die Abrechnung der Kurzarbeit auf www.ams.at/kurzarbeit verfügbar. Es sind dies ein eigens programmiertes Webtool für kleinere Betriebe und ein Excel-Projektdatei für größere Betriebe. Dazu gibt es Erklär-Videos und Anleitungen. Für das Hochladen der Abrechnungen ist ein eAMS-Konto erforderlich.
>>HIER<< lesen Sie das Interview mit Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer.
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