Salzburg AG
Nicht nur die Energiekrise, auch der Fachkräftemangel fordert
Sechs Wochen lang sitzt Michael Baminger jetzt am Vorstandssessel der Salzburg AG, noch zu früh, um konkrete Projekte zu nennen, wie er sagt, aber schon lang genug, um realistisch auf die öffentliche Wahrnehmung der Salzburg AG zu blicken.
SALZBURG. Willkommen in Salzburg, Herr Baminger.
MICHAEL BAMINGER: Danke, ich bin gut angekommen.
Trotz turbulenter Zeiten am Energiemarkt?
MICHAEL BAMINGER: Ja. In Summe ist es eine spannende und historische Phase, die wir durchmachen. Aber in stürmischen Zeiten gilt es nach vorne zu gehen und Verantwortung zu übernehmen.
Wie ist denn die Stimmung in Ihrer Mannschaft?
MICHAEL BAMINGER: Ich habe in den ersten sechs Wochen begonnen, die Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen, mit möglichst vielen von ihnen persönlich zu sprechen, ihre Arbeitswirklichkeiten zu sehen und Standorte zu besuchen. Ich bin beeindruckt, wie leidenschaftlich viele in ihrem Bereich tätig sind.
Und wie erleben Sie die Stimmung in der Bevölkerung der Salzburg AG gegenüber? Die Salzburg AG gehört zu mehr als zwei Dritteln dem Land und der Stadt Salzburg. Also uns Salzburgerinnen und Salzburgern. Viele verstehen nicht, warum man sich den Strom aus dem eigenen Unternehmen nicht mehr leisten kann.
MICHAEL BAMINGER: Die Salzburg AG gehört den Salzburgerinnen und Salzburgern. Das stimmt. Aber auch wenn ein Unternehmen der öffentlichen Hand gehört, gibt es gesetzliche Regeln und man kann nicht machen, was man will; ich als Vorstand auch nicht.
Und was will die Salzburg AG?
MICHAEL BAMINGER: Viele leiden unter der allgemeinen Teuerungswelle. Der Strom ist ein Teil davon. Parallel zur Stromkostenbremse des Bundes hat die Salzburg AG ihre Spielräume sehr kundenfreundlich ausgenutzt. Die Salzburg AG unterstützt unter anderem Haushalte mit Wärmepumpen und Personen, die mit Strom heizen, mit einem eigenen Preisdeckel bei den Stromkosten. Klein- und Mittelbetriebe erhalten als Förderung bis zu 100 Freistromtage.
Und wenn das alles nicht reicht?
MICHAEL BAMINGER: Wo alle diese Maßnahmen nicht wirken, versuchen wir ein engeres Netzwerk zu knüpfen – etwa mit der Caritas und der Arbeiterkammer, um noch mehr Partner an Bord zu holen, um in Einzelfällen helfen zu können.
Viele Salzburgerinnen und Salzburger verstehen nicht, warum der Strom im eigenen Unternehmen so teuer ist, obwohl Salzburg über 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus erneuerbarer Energie produziert – was ja der günstigste Strom ist.
MICHAEL BAMINGER: Der Unmut ist nachvollziehbar, weil die Zusammenhänge nicht so plakativ und einfach sind. Die Stromkosten sind abhängig von der Menge, die verbraucht wird, wann er erzeugt und verbraucht wird und davon, wie wir gewährleisten, dass zu jeder Zeit genug Strom da ist. Wenn wir Strom aus Wasserkraft produzieren, haben wir viel davon im Mai und Juni, aber wenig im Dezember – dann wenn wir sogar noch mehr Strom brauchen. Wir kaufen die anderen 50 Prozent des Stroms, den unsere Kunden brauchen, zu und der kostet.
Bleiben wir beim Stromeinkauf. Dieser ist für das Jahr 2023 abgeschlossen, das heißt, die Preise werden für 2023 nicht mehr steigen. Für 2024 wird aktuell gekauft. Welche Beschaffungsstrategie gibt es?
MICHAEL BAMINGER: Wir kaufen in kleine Portionen Strom am Markt ein, um das Risiko zu minimieren, nur teure Tage zu erwischen. Daraus entsteht ein Mischpreis.
Aktuell sinkt der Strompreis im Einkauf wieder. Wird der Strom 2024 für Kundinnen und Kunden also billiger?
MICHAEL BAMINGER: Wenn die Preise so bleiben, wie sie jetzt sind, werden wir nächstes Jahr wieder Entspannungen sehen. Sobald wir Spielräume haben, werden wir das an die Kunden weitergeben.
Welche Technologien im Bereich erneuerbare Energie will die Salzburg AG mit Ihnen als neuen Vorstand vorantreiben?
MICHAEL BAMINGER: Hier gibt es nur einen Weg: Volle Kraft voraus in allen Technologien – Wasserkraft, Biomasse, Windkraft, Photovoltaik oder Geothermie. Alleine schon, um die Bundesziele zu erreichen.
Also überall, wo's geht, Windräder hin, Wasserkraftwerke hinein und Photovoltaik hinauf?
MICHAEL BAMINGER: Die Salzburg AG schaut sich auf jeden Fall überall in Salzburg aktiv um, wo sich Möglichkeiten ergeben könnten. Natürlich gilt es aber Interessensabwägungen zu treffen, wo es Eingriffe in die Natur gibt. Wir spüren ein überwiegendes Interesse in der Bevölkerung an erneuerbarer Energie. Der Wille der Bevölkerung muss irgendwann in Verordnungen und Gesetze gegossen werden.
Können Sie uns konkrete Projekte für 2023 nennen?
MICHAEL BAMINGER: Das ist nach sechs Wochen in der Funktion noch zu früh. Vorstandskollegin Brigitte Bach bereitet bereits verschiedene Projekte vor, die wie jetzt gemeinsam vorantreiben. Grundsätzlich stehe ich hinter dem gestarteten Wandel der Salzburg AG sich vom reinen Energieversorger zum digitalen Technologiekonzern mit Schwerpunkt Green Tech zu entwickeln. Die Kundinnen und Kunden stehen im Mittelpunkt und wir stehen zu unserer regionalen Verantwortung.
Welches wird die größte Herausforderung für die Salzburg AG in den kommenden Jahren sein?
MICHAEL BAMINGER: Das wird – und das gilt für alle Standorte und Unternehmen – der Mitarbeiter- und Fachkräftemangel sein. Gute, motivierte und vor allem genug Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und zu binden, ist die größte Herausforderung. Wir beschäftigen viele Berufsgruppen – von den ProgrammiererInnen, über StarkstromelektrikerInnen bis zu KommunikationstechnikerInnen, Obus-FahrerInnen und Küchenpersonal. Und wir brauchen sie alle, um unser Angebot halten und ausbauen zu können.
Was schätzen Sie nach sechs Wochen hier an Salzburg?
MICHAEL BAMINGER: Die Lebensqualität der Stadt ist hervorragen. Da ich in Oberösterreich viel pendeln musste, schätze ich auch, dass man in der Stadt viel zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen kann.
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