Novemberpogrom: "Kann mich an nichts erinnern"

ST. PÖLTEN (jg).ST. PÖLTEN (jg). Er habe es lustig gefunden, antisemitische Parolen und Bilder auf Facebook zu "liken" – Vergangenen Dienstag wurde ein 25-Jähriger in Wiener Neustadt wegen verhetzender NS-Postings zu vier Monaten unbedingter Haft verurteilt. 100 Kilometer entfernt sitzt am gleichen Tag Philipp Mettauer im Vinzenz Pauli in der Alten Reichsstraße in St. Pölten. Auch er spricht von Hetze und Propaganda.

"Strafsache Novemberpogrom"

"Strafsache Novemberpogrom. Der Fall St. Pölten 1946-1952" steht auf einer Leinwand. Im Vortrag des Historikers vom Institut für Jüdische Geschichte Österreichs mit Sitz in St. Pölten geht es um Täter des Novemberpogroms 1938 in St. Pölten und deren Prozess. Was war passiert?
Am Vormittag des 10. Novembers 1938 verwüsteten St. Pöltner Nationalsozialisten die örtliche Synagoge. Sie rissen den Davidstern von der Kuppel und warfen ihn auf die Straße. Türen und Fenster wurden zerschlagen, ganze Sitzbänke, Teppiche, Luster und Kerzenständer wurden geplündert. 400 Juden lebten damals in St. Pölten, weitere 400 im Umland. Die Zerstörung der Synagoge war gleichzeitig das Ende der jüdischen Gemeinde in St. Pölten.

Freispruch am Landesgericht

"Unter den SS-Angehörigen waren viele St. Pöltner", sagt Mettauer. Er unterstreicht seine Aussage mit Bildern von Adolf Hitler und jubelnder Menge in der Kremser Gasse. Jenen, die sich an der Zerstörung der Synagoge beteiligten, sollte der Prozess gemacht werden. Rund 20 mutmaßliche Täter waren 1952 namentlich bekannt. Vor Gericht verantworten musste sich nur einer. Ausführlich sei dabei die Frage behandelt worden, ob der Angeklagte, der letztlich freigesprochen wurde, Stiefel oder hohe Schuhe getragen hatte.

"Urteilen Sie selber"

Mettauer zeichnet ein Bild, das von Verschwiegenheit geprägt ist. "Ich kann mich an nichts erinnern, ich bin sehr vergesslich", hätten Zeugen damals zu Protokoll gegeben. In einer Zeitung sei später gar die Vermutung geäußert worden, dass honorige St. Pöltner, die an der Zerstörung beteiligt waren, geschützt werden sollten. "In St. Pölten hat es jeder gewusst", sagt eine Dame, deren Vater im Widerstand gewesen sei, im Vinzenz Pauli. "Urteilen Sie selber", so Mettauer.

Mehr zum Thema:

Publikationen des Instituts für jüdische Geschichte:
• „Wer kann den Judentempel brauchen?”
• "Gott und Kaiser. 100 Jahre ehemalige Synagoge St. Pölten"
• "Kleine jüdische Kolonien. Juden in Niederösterreich 1782–1914"

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