Hexenkraut - Märchen und Geschichten aus dem Bezirk Steyr für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 2

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Diese Woche möchte ich ein weiteres Kräutermärchen von mir vorstellen. Das Hexenkraut ist eine alte Zauber- und Wunschpflanze, die - so sagt man - dabei helfen kann, durch Zauberkraft die Zuneigung des Wunschpartners zu gewinnen...
Allerdings gibt es auch hier einen Haken ; - )
Viel Spaß mit dieser frei erfundenen Geschichte, die hoffentlich etwas zum Schmunzeln anregt und a bisserl Leichtigkeit in unsere gestresste Zeit bringen soll...

Vom Modewort „Stalking“ und anderen sonderbaren Begebenheiten Anita Buchriegler

Die Lindner Cäcilia war ein Klasseweib. Ihre Maße waren perfekt. Der Teint so ebenmäßig und hell, wie selbst Schneewittchen keinen schöneren haben konnte, volle kirschrote Lippen und eine üppige dunkle Mähne, die sie beim Lachen so gern zurückwarf. Kein Wunder, dass die Manderleut im ganzen Kirchspiel hinter ihr her waren. Ach ja, eins hätte ich fast vergessen, Geld hatte sie auch noch. Schließlich besaß ihr Vater den schönsten und größten Hof im Tal.

Für die Cilli aber, war das gar nicht einfach. Sie hatte zwar einen ganzen „Schwanz“ voller Verehrer. Aber in ihrem Umkreis schien keiner recht zu passen. Der eine war ihr zu wenig witzig, dem anderen fehlte der Weitblick. Ein Dritter achtete zu wenig auf sein Äußeres, einer putzte sich offensichtlich die Zähne nicht, einer war ihr zu wenig gescheit und überhaupt waren die Burschen hier nicht weltmännisch genug. Einmal hatte sie der Vater mit ins nächste Tal genommen. Dorthin kamen schon Sommerfrischler aus dem Ausland. So einen müsste man kennen lernen, einen nobligen, der etwas von der Welt zu erzählen weiß.

Als sie so dahinspazierte und den Weg Dorf auswärts in Richtung Wald einschlug, fiel ihr vor der alten Hütte der weisen Kräuter-Vev ein hübsches Blümchen mit zauberhaften kleinen weißen Blüten auf. Verzückt wollte sie es abbrocken, als die Kräuter-Vev aus dem Stubenfenster schaute und rief: „Pass auf Dirndl! So harmlos und lieb wie es aussieht ist das Bleamal net. Man nennt es Hexenkraut und es ist eine alte Wunschpflanze. Wer sie bei Vollmond pflückt und dabei ganz fest an seinen innigsten Wunsch denkt, dem wird sie ihn erfüllen. Aber Achtung! Man muss genau aufpassen, was man sich wünscht. Am Besten ist es, wenn man die Wünsche nie zu genau ausformuliert, denn so ein Wunsch kann auch gewaltig in die Hose gehen! So mancher hat sich da schon gewünscht, er hätte das zarte Gewächs nie in die Finger bekommen. Aber was red‘ ich da, komm rein auf ein Häferl Kaffee und ein Tratscherl.“ Das nahm die Cilli gerne an. Immerhin musste sie noch auskundschaften, wann die nächste Vollmondnacht war.

Alsbald, als der volle Mond bleich und enterisch auf die Erde herab lächelte und Wiesen und Wälder in silbernes Licht tunkte, schlich die Cilli auf Zehenspitzen aus dem Haus, und machte sich auf, das Hexenbleamal zu pflücken. Mittlerweile hatte sie auch einen triftigen Grund dazu. Es war vor zwei Wochen gewesen als es den ersten Sommerfrischler auch in ihr Dorf verschlagen hatte. Ein Engländer mit Namen Edward Stalke - aussprechen tat man das „Stokiii“ – wars. Fesch war der, überall wo er hinkam, drehten sich die Mädchen nach ihm um. Er sprach mehrere Sprachen, war weit herumgekommen und Geld hatte er angeblich auch. Es wurde gemunkelt, dass er sogar ein junger Professor sei. Ja, so einer wäre gerade recht für eine Cäcilia Lindner. Allerdings konnte die machen was sie wollte. Egal wie oft sie ihm zulächelte, wie sehr sie sich aufputzte, wie zierlich sie sich benahm. Er war immer gleich höflich zu ihr , machte jedoch keinerlei Anstalten in die so heiß ersehnte Richtung.

Jetzt aber würde sich alles ändern. Das Blümerl hielt sie in den Händen während sie zum Hof hinunter stieg. Der Wunsch war ausgesprochen. Und wie sagten die Engländer immer: „Abwarten und Tee trinken“.

Und wirklich schon am nächsten Tag zeigte ihr Tun seine Wirkung. Der feine Mr. Stalke sah die Cilli ganz verzückt an. Und schon nach zwei weiteren Wochen, hatte er um ihre Hand angehalten. Das junge Paar wollte nach Wien ziehen, denn dort hatte Edward einen Lehrstuhl für Biologie an der Kaiserlichen Universität angeboten bekommen.

Je länger die beiden jedoch zusammen waren, desto mehr lernte sie von ihm kennen. In der Früh hatte er oft Mundgeruch, weil er sich die Zähne immer erst nach dem Frühstück putzte. Nach dem Mittagessen hatte sie letzthin mitbekommen, wie er heimlich gefurzt hatte und bedienen ließ er sich auch zu gerne. Außerdem störte sie der leichte Ansatz eines Bierbauchs, der sich schon nach einem Monat Hausmannskost von Cillis Mutter bemerkbar machte. Nein, das ging wirklich zu weit. Er war eine tolle Partie, das stimmt schon. Aber so einen konnte sie nun wirklich nicht heiraten. Er war ihr schlichtweg peinlich und so gab sie ihm den funkelnden Verlobungsring zurück und löste das Eheversprechen.

Die geheime Wunschzeremonie und das Hexenkraut, das gepresst in ihrem Gebetbuch lag, hatte sie ganz vergessen. Nun aber, sollte ihr ihre Tat wieder schmerzhaft in Erinnerung gerufen werden. Der Edward Stalke dachte nämlich gar nicht daran, die Verlobung zu lösen. Ständig war er ihr auf den Fersen, passte sie ab, brachte ihr Blumen und versuchte auch noch bei ihr zu Fensterln. Du lieber Himmel, was sollte sie nur tun?

Da fiel ihr auf, dass die brave, gottesfürchtige Brandner Maria immer ganz verträumte Augen bekam, wann immer sie den jungen Herrn Professor aus England erblickte. Ihr ziemte gar, die Maria versuchte den Edward zu trösten. „Ha, der werde ich auch die Geschichte vom Hexenkraut erzählen. Wenn das einfältige Ding drauf reinfällt, bin ich aus dem Schneider!“ Aber so einfältig wie sie wirkte, war die junge Brandnerin bei Weitem nicht. „Komm mir nicht mit deinem Hexenzeug!“, entgegnete die bestimmt. „Der Herr Stalke gefällt mir, das gebe ich zu. Aber ich werde ihm mit Gottes Hilfe die Augen öffnen. Dein Kraut kannst du behalten!“

Und siehe da, noch ehe das Jahr um war, schlossen die Brandner Maria und Edward Stalke den Bund fürs Leben, denn der Maria waren Edwards Eigenschaften kein Gräuel, sie mochte ihn genau so wie er war. Auch wenn das für sie bedeutete, ihrem geliebten Dorf „Ade“ zu sagen und das Leben zwischen Wien und England zu verbringen.

Die Linder Cäcilia aber hatte ebenfalls daraus gelernt. Sie sah ab jetzt genauer hin, wenn es um die Wahl des richtigen Hochzeiters ging. Und mit der Zeit gefielen ihr auch die Burschen im Tal ausgesprochen gut. Das mit dem weltmännisch sein, dachte sie, würde sie schon hinbekommen. Geld zum Reisen hatte sie schließlich auch selber genug, und wenn sie einer wirklich liebte, würde er schon mitkommen.

Die Geschichte sorgte noch lange für Gesprächsstoff. Bis heute hat sich allerdings nur ein einziges Wort daraus erhalten: Stalking – soll sich in seiner Urform von den „Hexenkraut-gesteuerten“ Taten des Edward Stalke ableiten.

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Foto: Cityfoto
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