Gedanken zum Advent. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 49

Advent meiner Kindheit

Als ich am Freitagmorgen in einem kleinen Einkaufszentrum in Steyr zu tun hatte, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Obwohl der Advent noch nicht einmal richtig begonnen hatte, war dort regelrecht die Hölle los, und das um 9.30. In den Gängen konnte man sich aufgrund der vielen entgegenkommenden Einkaufswägen kaum mehr fortbewegen. Die Leute kauften, als gäb's kein Morgen. Und das, obwohl die Post schon per Radio durchgibt, es wäre aufgrund der steigenden Bestellungen auf Zalando, Amazon und co. mit Verzögerungen bei der Zustellung zu rechnen.

Von all dem Rummel beinah etwas schwindlig geworden, suchte ich so schnell es ging das Weite. "Warum ist das so?" begann ich zu grübeln. "Eigentlich ein Irrsinn, wenn man bedenkt, dass uns Wirtschaft und Handel gerade in der "stillsten Zeit im Jahr" zu kaufsüchtigen Marionetten gemacht haben". Dabei fühlte ich ein Gefühl in mir hochsteigen, das so etwas wie Verlust gewesen sein musste.

Also beschloss ich, zumindest im Klitzekleinen etwas dagegen zu unternehmen. Und mich in die Zeit meiner Kindheit zurückzuversetzen. Denn je mehr die Menschen hasten, desto wichtiger ist es , kleine Momente der Stille und des Innehaltens zu schaffen. Momente um in der "stillsten Zeit des Jahres" einmal zur Ruhe zu kommen, dazusitzen im Kerzenschein, einfach nur in sich hineinzuhören.

Advent meiner Kindheit

Wie war das früher, als ich noch ein Kind war? Sofort musste ich an unser uraltes Kripperl denken, dass die Mutter jedes Jahr im Advent im Fensterkasten zwischen innerem und äußerem Küchenfenster aufbaute. Eine richtige Behausung hatte unsere heilige Familie damals nicht über dem Kopf. Trotzdem behalte ich das traute Bild bis heute fest in meinem Herzen: Maria und Josef mit dem Jesuskind - allesamt aus Gips gegossen, die Farben damals schon leicht verblasst und die Figuren an den Kanten abgeschlagen. Ein einzelner Hirte brachte dem Jesuskind ein Schäflein und eine Henne mit. Und wie es sich für einen Jägerhaushalt gehörte, war da noch ein brauner Hirsch mit mächtigem Geweih. Auch er war ausgezogen um dem Wunder in der Krippe zu huldigen. Aufgebaut waren sie auf hellen Fäden die wahrscheinlich einmal Verpackungsmaterial gewesen sein mussten. Wenn ich den Blick in Gedanken von der Krippe nach draußen in die verschneite Winterlandschaft schweifen lasse, wo sich in der Senke vor unserem Haus manchmal bis zu 70 Rehe niedergelassen hatten, um Schutz und Deckung vor dem kalten Winterwind zu suchen, wird mein Inneres auch heute noch von tiefem Frieden erfüllt.

Der Adventkalender kam damals auch noch nicht von Playmobil oder Kinderüberraschung. Meine großen Cousinen hatten ihn gemeinsam mit mir aus Zündholzschachteln gebastelt. Dabei waren wir höchst kreativ, denn Materialien wurden nicht einfach so mir nix dir nix im Geschäft gekauft. So kann ich mich noch gut erinnern, das gerade der 24. Dezember in ein Mäntelchen aus giftgrünen Glitzerpapier gehüllt war, das offensichtlich von der Verpackung eines Rumflascherls gestammt haben musste. Die Freude über den süßen, mit viel Liebe ausgesuchten Inhalt, war trotzdem nicht minder groß.

Eines, und das weiß ich noch genau, war für uns Kinder damals mit Sicherheit genauso langwierig wie es heutzutage ist: das Warten aufs Christkind. In der Früh, da ging's ja noch. Da begann für mich Weihnachten immer damit, dass mein Großvater singend und frisch geduscht von Stall herein kam und in sein weißes Hemd und den Anzug schlüpfte. Im Fernsehen lief meist "3 Haselnüsse für Aschenbrödel" - ein Film den ich heute noch immer dann ansehe, wenn ich einen massiven Seelentröster brauche. In der Küche glasierte die Mutter meine GEburtstagstorte. Obwohl ich nie ein Stückchen davon aß, wünschte ich mir jedes Jahr eine Punschtorte. Denn die sah einfach zu schön aus, mit der rosa Zuckerglasur.

Der heilige Abend wurde dann im Kreise der Großfamilie gefeiert. Das heißt, ich wurde schon früh am Nachmittag zu Onkel und Tante verfrachtet, damit meine Mutter - Entschuldigung - das Christkind, genug zeit hatte, um den Baum aufzuputzen. Und das war damals noch eine ziemliche Herausforderung. Denn der Baum stammte nicht aus dem Tannenland, sondern wurde aus dem eigenen Wald geholt. Da konnte es natürlich ab und zu passieren, dass der Großvater eine Fichte erwischte, die nicht ganz so ansehnlich war, als ich es mir insgeheim erhoffte. Schließlich musste gespart werden. Was den Baum anbelangt, so muss ich zugeben, dass ich sehr heikel bin - auch heute noch sollte alles perfekt sein. Um also eine ausgiebige Tränenattacke meinerseits zu vermeiden, musste das "brave Christkind" noch etwas Hand anlegen und da und dort den einen oder anderen Ast in das Bäumchen hineinbohren, während ich meine Bratwurst und Sauerkraut kochende Godn auf Trapp hielt.

Meist wurde es auch ihr irgendwann zu bunt mit mir, denn die Ungeduld ist eine Eigenschaft, die ich bis zum heutigen Tag nie ganz losgeworden bin, und dann wurde ich hinaus vor die Tür geschickt... "Schau ob du den Stern von Bethlehem sehen kannst!" hieß es dann. "Der kommt jedes Jahr wieder, denn er muss den heiligen drei Königen den Weg zur heiligen Familie zeigen!". Und ich - ich schaute, und schaute und schaute... - alle Jahre wieder - aber irgendwas musste mit dem Wetter bei uns nicht gestimmt haben... denn... so sehr ich mich bemühte... nie gelang es mir den Stern zu sehen. Entweder er war immer dann von einer dicken Wolke versteckt, als ich draußen stand um ihn zu suchen, oder aber ich war einfach zu langsam... hmmmmm.

Aber egal, die Glocke läutete trotzdem an jedem Weihnachtsabend. Und nachdem Bratwürstel und Sauerkraut verzehrt waren, und endlich endlich die Geschenke ausgepackt, sagte mein Onkel irgendwann: "Kommts schaltets den Fernseher ein, vielleicht singens Stille Nacht..." und dann, ja dann war Weihnachten da...

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