TOLLKIRSCHE. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kindgebliebene - Teil 57

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Trotzdem mir seit einiger Zeit andere Pflanzen im Kopf "herumspuken", war es die Schwarze Tollkirsche (Atropa Belladonna), die sich in meiner nächsten Geschichte zu Wort meldete. Die Giftpflanze mit den verführerisch schwarzen Beeren gehört zur Familie der Nachtschattengewächse und begegnet Wanderern häufig am Wegrand, wenn sie durch dunkle Wälder unterwegs sind. Ihre Beeren sind hoch giftig. Ihr Genuss, so sagt man, kann zum Tod führen. Trotzdem wurden sie früher angeblich von Wilderern eingenommen, um nachts besser zu sehen. Auch in den Flugsalben der Hexen soll die Tollkirsche einen fixen Platz gehabt haben. Da sie die Pupillen erweitert, sollen sich manche Damen im Mittelalter Tollkirschensaft in die Augen geträufelt haben, um dem damaligen Schönheitsideal zu entsprechen.

Mir persönlich sagt aber eher ihre Anwendung in der Homöopathie zu. Als Entzündungsmittel Belladonna Atropa hilft sie im Anfangsstadium plötzlich auftretender Erkrankungen mit sehr heftigen Symptomen (http://www.apotheke-homoeopathie.de/mittel/belladonna). Außerdem findet Belladonna homöopathisch Anwendung als bewährtes Grippemittel, das zum Beispiel bei Fieber und Kopfschmerzen helfen kann. (Vor einer homöopathischen Anwendung unbedingt mit einem Arzt sprechen!)

Grenzgänger - ein Wilderermärchen

Vor vielen vielen Jahren, da lebte ein Wilderer namens Vinzenz. Von Geburt an war der Vinzenz immer schon ein sehr Gescheiter gewesen, der viel schneller und leichter lernte als alle, die er kannte. Einer, dem nichts in seiner Umgebung entging. Doch - wie es sehr oft mit solchen über die Maßen mit Intelligenz gesegneten Menschen der Fall ist, musste er ständig seine Grenzen austesten. Er schien von dem Drang getrieben zu sein, all das auszuprobieren, was er nicht kannte, nicht durfte, vor dem schlichtweg gewarnt wurde.

So ist es auch kaum verwunderlich, dass unser Vinzenz nach einem kommetenhaften Aufstieg als Oberjäger beim hießigen Fürsten, von einem Tag auf den anderen die Seiten wechselte und zum gefürchteten Wilderer wurde. Dem jungen Wilden war das biedere Leben eines Oberjägers zu "unspektakulär" geworden. Was er brauchte war Nervenkitzel und von dem hatte man auf der anderen Seite eindeutig mehr.

Neben den Tieren, hatten es ihm schon immer die Wildpflanzen besonders angetan. Seit seiner Kindheit erforschte er mit Leidenschaft deren Wirkung. Und wie sollte es auch anders sein, war nicht eine außschließlich Heil bringende Pflanze sein Liebling, sondern die gefährliche Tollkirsche - ein giftiges Nachtschattengewächs, das schon so manchem den Tod gebracht hat.

"Schwoazaugat bist - wia i, und so geheimnisvoll!" Immer wieder zog es ihn zum Tollkirschen-Strauch der vor seiner Hütte wuchs, wo er mit der Pflanze Zwiegespräche führte. Als er eines Tages ins Nachbardorf hinunterstieg, um seine Beute nebst handgefertigten Kostbarkeiten aus Hirschhorn an den zwielichtigen Salchinger Wirt zu verhandeln, bemerkte er im Schatten der uralten Kastanie, die im hintersten Winkel des Gastgartens wuchs, einen alten Mann, der scheinbar wirr vor sich hin redete. Trotzdem schien das unzusammenhängende Gefasle des Alten eine starke Anziehungskraft auf Vinzenz auszuüben. Kurzentschlossen setzte er sich zu ihm und spendierte ihm einen Schnaps.

"Ja, ja, die Tollkirsche!" brabbelte der Alte. "Iss`und du siagst den Hirsch, bevor er die siagt. A den Jäger siagst, bevor er di siagt. Ja, ja die Tollkirschn! Sie hat ma vü bracht im Leben. Oba irgend wann, do fordert's ihrn Tribut. Wiast segn, irgendwann is Zahltag!"

Mit weiten Augen hörte der Vinzenz gut zu und entlockte dem alten Mann seine geheimsten Geheimnisse: seine Erfahrungen mit der geheimen Wildererdroge Tollkirsche. Auch wie er sie einnehmen müsse, damit sie ihm nicht den Tod brächte, verriet ihm der Alte. Und so machte sich der junge Mann daren, wieder einmal eine Grenze zu überschreiten, wieder einmal mit seinem Leben zu pokern. "Was war so ein Wildererleben ohnehin schon wert?"

Der Alte hatte nicht zu viel versprochen. In den darauffolgenden Wochen erweiterte sich Vinzentz' Bewusstsein zusehends. Er wilderte immer kühner und Jäger samt Amtsmännern waren ihm scharf auf den Fersen. Gott sei Dank kannte niemand seinen Unterschlupf -eine stattliche Hütte, die er oben im Hochwald gebaut hatte und die nach und nach regelrecht wie ein Schloss aussah. Nur eines fehlte ihm - die menschliche Gesellschaft. Mehr und mehr quälte ihn die Einsamkeit. Einzig die Tollkirsche leistete dem Wilderer Gesellschaft. Als er sich in der Nacht vor Allerheiligen wieder einmal vor ihr nieder ließ, um mit ihr zu Plaudern, nahm der Strauch urplötzlich Frauengestalt an. Es waren jedoch keine Zärtlichkeiten, die ihm das wunderschöne, schwarzaugate Madl vor ihm, ins Ohr flüsterte.

"Guter Gott, Vinzenz! So komm doch zur Besinnung", schalt ihn der Pflanzengeist. "Ich weiß, dass du in mich vernarrt bist. Süchtig bist nach meiner verführerisch schwarzen Frucht. Aber nimm dich in acht! Es ist mein Fluch, dass ich jeden, der mir Einlass in sein Leben gewährt, einmal heimsuchen muss! Lass ab von mir, oder du rennst ins Verderben!"

Noch bevor der junge Wilderer antworten konnte, war die Frauengestallt verschwunden. Vor ihm stand, wie immer, nur der Tollkirschenstrauch. "Hab ich mir das alles nur eingebildet? War an der Warnung was Wahres dran?" Doch so viel es Vinzenz auch versuchte, er kam nicht mehr weg von seiner Wunderdroge. Und außerdem: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!"

Als die Bäume und Sträucher in jenem Herbst kahl wurden, die Tollkirsche längst ihre glänzenden Früchte verloren hatte und der WInter ins Land zog, zog sich unser Vinzenz eine schwere Erkältung zu, die nicht und nicht weichen wollte. Da es für den gesuchten Wilderer zu riskant war, einen Arzt aufzusuchen, beschloss er in der Silvesternacht, die er wieder einmal einsam auf seiner feinen Hütte verbrachte, seinem Leiden mit dem besonderen Tollkirschen-Schnaps, den er noch im Spätsommer angesetzt hatte, zu Leibe zu rücken. Er hatte zwar noch keine Erfahrungen mit Tollkirschen in Schnaps-Form. Aber - ein Schnapserl ist Medizin und als solche wollte er auch seine Neukreation sehen. Je mehr er aber davon trank, desto kränker fühlte er sich. Bald begann er regelrecht zu fantasieren. Auch die schöne Frau, die ihm einst als Tollkirschen-Geist erschienen war, suchte ihn in seinem Fieberwahn heim. Doch diesmal hatte sie etwas Grimmiges, Todbringendes an sich. In der Hand hielt sie einen Dolch mit dem sie sich auf den armen Wilderer stürzen wollte. Sich in Fieberkrämpfen windend, stieß Vinzenz ein letztes Stoßgebet zwischen den aufgesprungenen Lippen hervor: "Lieber Gott, hilf meiner armen Seele. Lass mich nicht so elendig verrecken, ganz allein, ohne Pfarrer und ohne Begräbnis. Ich will nicht wie ein Stück Aas hier oben verfaulen. Nimm dich meiner an und ich will ein anständiges Leben führen. Das versprech' ich bei allem was mir heilig ist'!"

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da verwandelte sich der Dolch in ein Fläschchen, das ihm die Frau in die Hand drückte: "Iss fünf Kügelchen davon, und du sollst wieder ganz genesen!" Dann war sie verschwunden.

Als Vinzenz die Augen aufschlug, lag er ganz verdreht am Boden. Sämtliche Glieder taten ihm weh. Unter Schmerzen rappelte er sich langsam auf und schüttelte kräftig den Kopf. Die Bilder, die er noch immer in seinem Kopf hatte, würde er wohl nicht so schnell verarbeiten können.

Da klopfte es an der Tür. Draußen im Schneegestöber stand eine, in ein großes wollenes Fürtuch gehüllte Frauengestallt. "Ach bitte, Herr, gewährt mir Unterschlupf. Meine Glieder sind schon ganz steif und halb erfroren.

Als sie ihren Umhang ablegte, erschrak der Wilderer bis ins Mark. Vor ihm stand die Frau aus seinem Traum - nur ihre Gesichtszüge waren milder, die Augen nicht wie zwei glühende Kohlen, sondern weise und gut. Während sich beide mit einer Tasse Tee vorm Feuer erwärmten, erzählte sie Vinzenz, dass sie auf dem Weg in die nächste Stadt sei. "Mein Vater hat zeitlebens die medizinische Wirkung der Pflanzen - besonders aber der Giftpflanzen - erforscht. Leider nahmen ihn die Menschen bei uns nicht ernst. Nach seinem Tod wollte ich sein Werk weiterführen, aber einer Frau geben die Leut bei uns am Land sowieso keine Chance. Ich will daher mein Glück in der Stadt versuchen. Mir scheint, du hast eine Grippe. Dein Kopf ist auch ganz rot. Wenn du nichts dagegen tust, fängst du womöglich noch zu haluzinieren an! Hier, nimm 5 Kügelchen davon, und du wirst dich bald besser fühlen. Diese Medizin hat mein Vater aus Tollkirschen hergestellt. Auf Lateinisch heißen sie Belladonna. Belladonna war die Lieblingspflanze meines Vaters..." Als sie ihm auch noch das Fläschchen aus dem Fiebertraum vor die Nase hielt, kippte Vinzenz ohnmächtig vom Hocker.

So fand auch diese Geschichte ein zwar unerklärliches, aber immerhin gutes Ende, denn Vinzenz begleitete Donna, so hieß die dunkle Schönheit, in die Stadt, wo sie gemeinsam noch viele Menschen heilen sollten und zu Ruhm und Ansehen gelangten. Ohne es damals schon zu wissen, hatte Donnas Vater den Vorläufer unserer heutigen Homöopathie entdeckt.

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Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
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