30 Tage gegen Gewalt an Frauen
Gewalt macht nicht vor der Haustüre halt
Täglich geschieht Gewalt an Frauen. Dabei spielen Herkunft und Milieu von Opfer und Täter keine Rolle. Im Rahmen der Gollinger Aktion "30 Tage gegen Gewalt an Frauen" wurde mit dem Abteilungsinspktor Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt Salzburg der Kriminalprävention gesprochen.
GOLLING/OBERALM. In der Gemeinde Golling wird im Februar die Aktion "30 Tage gegen Gewalt an Frauen" durchgeführt. Die Bezirksblätter Tennengau haben dazu einige Experten befragt – in dieser Ausgabe den Abteilungsinspektor Martin Kaltenegger vom Landeskriminalamt (LKA) Salzburg, Abteilung IV, Kriminalprävention.
Was wird rechtlich als häusliche Gewalt definiert?
Martin Kaltenegger: Im Polizeibereich spricht man von "Gewalt in der Privatsphäre". Darunter fallen alle Gewaltphänomene, die im familiären, häuslichen Bereich stattfinden. Auch gegenüber Kindern.
Man hört allenthalben: „Unser Privatleben geht niemanden etwas an.“ Wie sieht das bei häuslicher Gewalt aus?
Hier muss man klar abgrenzen. Man kann sich gerne ins Privatleben zurückziehen, solange es keine schädlichen Auswirkungen auf jemanden hat. Sobald das aber der Fall ist, ist das Privatleben hinten anzustellen. Dann gilt es, die Betroffenen zu schützen.
Gehören Einsätze zur häuslichen Gewalt zu den Routineaufgaben von Exekutivbeamten?
Ja. Diese Einsätze muss jeder Polizist, jede Polizistin beherrschen. Es gab letztes Jahr landesweit 866 Betretungsverbote und Annäherungsverbote, davon 108 im Bezirk Hallein. Statistisch gesehen haben wir alleine im Bundesland Salzburg pro Tag zwei solcher Fälle. Alleine an diesen Zahlen sieht man, dass es eine Routinearbeit geworden ist.
Gibt es speziell ausgebildete Polizeibeamte für diesen Aufgabenbereich bzw. werden weitere Stellen hinzugezogen?
Bei uns fußt das auf mehreren Standbeinen. Ersteinschreiten ist jedem Polizisten, jeder Polizistin vorbehalten. Nur so können wir gewährleisten, dass wir relativ zeitnah am Ort des Geschehens sind. Im Nachhinein ist bei jedem Annäherungsverbote beziehungsweise Bertretungsverbot das Gewaltschutzzentrum, das für die Opfer zuständig ist, zu benachrichtigen. Parallel dazu wird seit 1. September 2021 die Beratungsstelle für Gewaltprävention hinzugezogen. Diese führt dann die Beratung mit dem Gefährder (Täter) durch. Innerhalb der Polizei gibt es noch die sogenannten GIP-Beamten (GIP = Gewalt in der Privatsphäre). Deren Aufgabe ist es, nach einem Fall von Gewalt in der Privatsphäre mit dem Opfer und dem Gefährder Kontakt aufzunehmen.
Gibt es unterschiedliche Auswirkungen von häuslicher Gewalt im urbanen und im ländlichen Raum?
In der Stadt haben wir überproportional viele Annäherungsverbote und Betretungsverbote. Die Anonymität in der Stadt ist größer als am Land. Es ist daher einfacher, aus dem Gewaltumfeld herauszukommen.
Warum sind Personen mit Migrationshintergrund besonders stark von Gewalt betroffen bzw. üben diese oft Gewalt aus?
Hier muss man sich die individuelle Historie jeder Person ansehen. Wenn man in einem Bürgerkriegsland geboren wird, in dem zusätzlich strenge patriarchale Strukturen gelten, und dann als Jugendlicher nach Österreich kommt, hat man ein schweres Päckchen zu tragen. In dieser Situation hat man denkbar schlechte Voraussetzungen beziehungsweise ein Paket an Hochrisikofaktoren in sich, um selbst einmal gewalttätig zu werden. Im Gegensatz dazu steht eine friedliebende Erziehung unter dem Aspekt der Gleichberechtigung.
Gollings 30 Tage gegen Gewalt an Frauen"
Podcast-Serie "Tennengauer Dialoge" :
Podcast #1: "Gollings Tage gegen Gewalt an Frauen" HIER
Podcast #2: "Behandlung von weiblicher Genitalbeschneidung in Hallein ist nötig" HIER
Podcast #3: "Gewalt endet nicht vor der Haustür" HIER
Podcast #4: "Gewalttäter nur strafen reicht nicht aus" HIER
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