Selbshilfe für Alkoholiker
Die Anonymen Alkoholiker Tirol - Gemeinsam trocken

Vor 50 Jahren sind die Anonymen Alkoholiker nach Tirol gekommen. Seither sind sie ein Erfolgsprojekt. Trockene Alkoholiker unterstützen sich dabei gegenseitig trocken zu bleiben. | Foto: Archiv (Symbolbild)
3Bilder
  • Vor 50 Jahren sind die Anonymen Alkoholiker nach Tirol gekommen. Seither sind sie ein Erfolgsprojekt. Trockene Alkoholiker unterstützen sich dabei gegenseitig trocken zu bleiben.
  • Foto: Archiv (Symbolbild)
  • hochgeladen von Franz Tscheinig

Vor 50 Jahren sind die Anonymen Alkoholiker nach Tirol gekommen. Seither sind sie ein Erfolgsprojekt. Trockene Alkoholiker unterstützen sich dabei gegenseitig trocken zu bleiben. Das gemeinsame Ziel ist, den Rest des Lebens trocken zu bleiben.

TIROL. Dieses Jahr, am 10. Juni feierten die Anonymen Alkoholiker (AA) Tirol ihr 50-jähriges Jubiläum. Im Jahr 1973 gab es in Österreich verteilt schon mehrere Gruppen der AA, nur in Tirol gab es keine. Drei Tiroler Alkoholiker fuhren daher regelmäßig zu den Treffen nach Hallein. Eines Tages beschlossen die Halleiner den Innsbruckern dabei zu helfen, eine eigene Gruppe in Innsbruck zu gründen. Bald fanden sich mehrere Alkoholiker, die zu den Treffen kamen. Inzwischen gibt es in Tirol fünfzehn Gruppen in fast allen Tiroler Bezirken.

Darum geht's

  • Die Entstehung der Anonymen Alkoholiker
  • Der ehrliche Wunsch aufzuhören, zählt
  • Die Meetings: reden und zuhören
  • Gemeinsames Ziel: trocken bleiben
  • Erfahrung hilft Alkoholkranken
  • Spiritualität aber keine religiöse Sekte
  • Standorte der AA in Tirol
  • Kontaktdaten der Anonymen Alkoholiker Tirol

Geschichte der Anonymen Alkoholiker

Der ehemalige Trinker Bill W. wollte sein künftiges Leben ohne Alkohol meistern. Dazu besuchte er zunächst Abstinenzler-Vereinigungen, die ihm allerdings nicht das gaben, was er brauchte. Im Jahr 1935 traf er in einer Kleinstadt in Ohio, als sein Suchtdruck besonders hoch war, auf einen anderen trockenen Alkoholiker. Obwohl sein Arzt ihm davon abgeraten hatte, sprachen die beiden stundenlang über ihre Krankheit. Die Erkenntnis daraus war, dass der Suchtdruck schwindet, wenn man sich ganz offen zu seinem Alkoholismus bekennt. In der Folge suchten sie nach weiteren Alkoholikern, die sich ihnen anschließen würden. Bald gab es mehrere Gruppen. Von Amerika aus expandierten die Gruppen in die ganze Welt. Aus den Gesprächen der Gruppenmitglieder entwickelte sich das geistige Programm der Anonymen Alkoholiker und das 12 Schritte Programm. Diese gelten als Lebens- und Genesungsgrundlage der Anonymen Alkoholiker.

Wer zu den Meetings der AAs kommt

Ein Meeting ist ein regelmäßiges Treffen der Anonymen Alkoholiker. Zu den Treffen kann jeder kommen, egal welcher Religion jemand angehört, egal woher jemand kommt oder welchem Geschlecht sich jemand zuordnet. Die einzige Bedingung ist der ehrliche Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören. Das heißt, zu den Treffen können auch jene kommen, die mit dem Gedanken spielen, mit dem Trinken aufzuhören. Die Gruppengrößen schwanken, pro Meeting zwischen 10 und 15 Leute, manchmal auch mehr. In den Gruppen sind meist Menschen um die 50. Es sind aber natürlich auch Jüngere willkommen. Dabei macht es Sinn alle Gruppen, gerade in Innsbruck, zu besuchen. Man sollte in der Gruppe dann bleiben, wo man sich wirklich aufgehoben fühlt, so Toni, ein trockener Alkoholiker, der seit 35 Jahren kein Glas mehr angerührt hat. 

Manchmal gibt es Bedenken, dass man bei den Meetings auf Bekannte trifft. Toni jedoch beruhigt, denn alle seien hier, um mit dem Trinken aufzuhören und trocken zu bleiben. Außerdem passiere es wirklich sehr selten, dass man auf einen Bekannten trifft. Gleichzeitig ist Alkoholsucht kein so großes Tabuthema mehr wie früher. Man müsse sich für die Alkoholsucht auch nicht schämen: Es ist eine Krankheit. Wichtig sei das Kommen!

Einen weiteren Schutz bietet bei den Meetings auch heute noch die absolute Anonymität. Daher steht bei den AA-Meetings auf jedem Tisch ein Schild: "Wen du hier siehst, was du hier hörst, wenn du gehst, lass es hier". Jeder spricht sich nur mit Vornamen an. Telefonnummern werden nur freiwillig untereinander getauscht.

Die Treffen der AA in Tirol

Die Treffen der Anonymen Alkoholiker in Tirol laufen ähnlich ab, wie man es aus Film und Fernsehen kennt. Dabei wird bei jedem Treffen der Kern des AA-Programms, die 12 Schritte verlesen. Bei den Meetings selbst, bekommt jeder, der sprechen möchte, die Redezeit, die er braucht. Dabei bleibt es jedem selbst überlassen, ob er reden möchte oder einfach nur zuhören will. Diesbezüglich gibt es für niemanden einen Zwang. Jedoch gilt: Jeder spricht wirklich nur über sich. Die anderen hören zu, ohne das Gehörte zu kommentieren oder Ratschläge zu geben. Das heißt, es wird nicht diskutiert, der Fokus liegt auf dem Erfahrungsaustausch. Für Gespräche ist nach den Meetings, die ungefähr zwischen eineinhalb bis zwei Stunden dauern, Zeit. Jeder hat die Möglichkeit, sich der Hilfe, die die Anonymen Alkoholiker bieten, zu bedienen. Die AA sind eine Selbsthilfegruppe für jeden selbst - nur dass alle davon profitieren, so Toni.

Gemeinsam trocken mit den Anonymen Alkoholikern

Anders als in anderen Ländern und AA-Gruppen gibt es in Tirol keine Nüchternheits-Münzen. Innerhalb der Gruppe werden aber dennoch die Erfolge gefeiert. Es gibt Anerkennung zur Leistung des Trockenbleibens. Die Analyse des internationalen Forschungsnetzwerkes Cochrane aus dem Jahr 2020 zeigt den Erfolg der Anonymen Alkoholiker. Für die Analyse wurden 27 internationale Studien mit mehr als 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausgewertet. Diese kommen zu dem Schluss, dass die regelmäßige Teilnahme den meisten Alkoholkranken beim Trockenbleiben hilft. Die regelmäßigen Treffen sind wirksamer als vergleichbare Behandlungen wie beispielsweise Verhaltenstherapien.

Die Analyse der Studien zeigt weiters, dass die Wirkung der Gesprächsselbsthilfegruppen wie den AA vergleichbar sind mit jenen von Gruppenpsychotherapien. Durch sie wird die subjektive Gesundheit und die Lebensqualität erhöht. Die Auswertung der Studien zeigte, dass 42 Prozent der AA noch ein Jahr nach Besuch der Meetings noch trocken waren. Bei Verhaltens-, Motivations- oder ähnlichen Therapien lag die Quote bei 35 Prozent. Daraus lässt sich schließen, dass die regelmäßigen Gruppentreffen und die dadurch entstehende engmaschige Betreuung über eine teils sehr lange Zeit am besten dabei hilft, trocken zu bleiben.

Viel Erfahrung bei den AA

Bei den Meetings wird von den Suchtkranken sehr viel Erfahrung weitergegeben. Diese Erfahrungen beinhalten viele Inputs wie man trocken bleiben kann. Vieles erinnert an Tipps, die man in Ratgebern für ein besseres und erfüllteres Leben liest, die Therapeuten vermitteln oder aus der Kommunikations- oder Verhaltenswissenschaft stammen: Man lernt sich selbst zu lieben und sich wertzuschätzen. Man lernt zuzuhören aber auch über sich selbst zu sprechen. Man lernt, wie man mit dem Suchtdruck (starkes Verlangen nach dem Suchtmittel) umgeht beziehungsweise wie man sich davon ablenken kann. Man lernt aber auch positives Denken und im Hier und Jetzt zu leben. So erzählt Toni, dass er sich, er hatte sein letztes Glas damals in einem Jänner getrunken, bald schon Sorgen gemacht hatte, wie er denn Silvester überstehen könne. Er bekam folgenden Rat:

„Wenn dir im Leben eine Hürde begegnet, nimm sie, wenn sie da ist“

Generell vermitteln die Meetings der Anonymen Alkoholiker auch viele Strategien, wie man sein Denken verändert und dadurch die eigene Kraft, trocken zu bleiben, stärkt. Dies erfolgt auch durch eine positive Kommunikation und neue Rituale. So erzählt Toni, dass er sich jeden Tag in der Früh vor den Spiegel gestellt hat, sich angelacht hat und zu sich gesagt hat, egal wie der Tag heute wird, ich lass die Hände weg vom Alkohol.

Die AA sind keine Sekte

Immer wieder wird der Vorwurf laut, die Anonymen Alkoholiker hätten etwas Sektenartiges. Im Zwölf-Schritte-Programm wird von Gott gesprochen und auch bei den Schlussworten der Meetings, dem Gelassenheitsgebet, wird Gott beziehungsweise eine höhere Macht angerufen. In den Meetings sind aber auch viele Menschen, die nicht gläubig sind. Jeder könne für sich selbst entscheiden, wer oder was diese höhere Macht sei, erklärt Toni: Es könne beispielsweise auch die Macht und Kraft der Gruppe sein. Aber dennoch geht es viel um Spiritualität, den Glauben an eine ansteckende Gesundheit als Kraft der Gruppe, um den Glauben, dass man es schafft, trocken zu bleiben und um die Ehrlichkeit, sich selbst gegenüber. Toni meint dazu:

"Die Anonymen Alkoholiker führen nicht in den Himmel, aber sie führen aus der Hölle heraus."

und zum Abschluss

„Ich bin Häftling und Gefängniswärter in einer Person, nur ich selbst kann die Zelle aufsperren.“

Standorte und Treffen Anonyme Alkoholiker Tirol

Externer Link: www.anonyme-alkoholiker.at/nordtirol

Tirol - Nordtirol

Tirol - Osttirol

Tirol - Südtirol

Mehr zum Thema

10 Prozent der Tiroler zeigen ein problematisches Trinkverhalten
Alkohol am Steuer – das gilt!

Aktuelle Nachrichten aus Tirol
Weitere Beiträge von Sabine Knienieder
Externer Link: Selbstcheck zur Einschätzung des eigenen Trinkverhaltens
Externer Link: Suchtprobleme erkennen und richtig handeln

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.