Gemeindeverbandspräsident im Interview
Ernst Schöpf: "Hier zählt jeder Stich"

Der Sölder Bürgermeister Ernst Schöpf steht seit 12 Jahren als Präsident dem Tiroler Gemeindeverband vor.
  • Der Sölder Bürgermeister Ernst Schöpf steht seit 12 Jahren als Präsident dem Tiroler Gemeindeverband vor.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Ein Jahr Corona belastet auch die Gemeinden. Wie stark, erklärt Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf.

Als Bürgermeister und Gemeindeverbandspräsident hatten Sie sicher schon angenehmere Zeiten.
Ernst Schöp
f: Und wie. Es war ein einverrücktes Jahr, der Lockdown für alle ein Primärerlebnis. Trotz allem hat es eine doch gute Sommersaison abgegeben. Der Ausfall der Wintersaison war so nicht vorhersehbar und hat schon dramatische Folgen.

Sölden ist eine Tourismushochburg wie viele andere Gemeinden in Tirol. Wie prekär ist die Situation um die Gemeindefinanzen in den Kommunen durch den Ausfall der Wintersaison?
Durch die fehlende Kommunalsteuer und die geringeren Ertragsanteile sind die Budgets der Kommunen extrem belastet. Und durch den Komplettausfall der Wintersaison werden auch die Investitionen der Unternehmen sinken und dadurch weitere Einnahmen für die Gemeinden ausbleiben.

Hat die Unterstützung des Landes und des Bundes in der Coronakrise bisher geholfen?
Sehr. Bereits im April 2020 hat das Land 30 Mio. Euro für den Steuerentgang ausgeglichen. Weitere 40 Mio. wurden zu den Bedarfszuweisungen dazugezahlt, um begonnene Investitionen fertigzustellen. Auch für heuer ist dieser Beitrag geplant. Die Gemeindemilliarde vom Bund hat auch zusätzliche Mittel hereingebracht. Hier wurden 50 Prozent der Investitionen bezahlt. Nur, die meisten Gemeinden hatten die restlichen 50 Prozent nicht alle in der Schatulle. Daher hat die zweite Gemeindemilliarde den Gemeinden und dadurch auch der lokalen Wirtschaft sehr gut getan.

Sind Sie generell optimistisch für die heurige Sommersaison?
Ja, schon. Denn die Impfquote steigt und hier zählt jeder Stich. Und durch die nun gewohnten Verhaltensregeln gegen Corona sollte auch wieder die Reisetätigkeit ins Rollen kommen."

Wenn sich durch Impfen die Krise heuer abflacht, wie sehen Sie die Möglichkeit der Gemeinden, wieder zu investieren und dadurch die Wirtschaft anzukurbeln?
Optimistisch, denn Teile der Wirtschaft laufen ja nach wie vor gut. Es liegt nur der Tourismus am Boden, in Tirol eine wichtige Branche. Sobald hier wieder Bewegung hineinkommt, wird es aufwärtsgehen. Wann wir aber wieder Vorkrisenniveau erreichen, an dieser Spekulation möchte ich mich nicht beteiligen.

WK-Präsident Walser fordert die Tourismusagenden in ein separates Ressort und weg von LH Platter. Wie sehen Sie das als Bürgermeister einer Tourismusgemeinde?
Diese Debatte wird periodisch immer wieder geführt. Was dadurch für den Tiroler Tourismus besser werden sollte, verschließt sich mir. Außer Unruhe und Schlagzeilen wohl wenig. Wir müssen durch regionale, gute Konzepte das Angebot ständig weiterentwickeln, das passiert in den Regionen. Die Tourismusverbände und die Tirol Werbung bewerben dies dann in den Herkunftsländern. Ein zusätzliches Regierungsmitglied würde wenig bewirken, und Platter hat klargestellt, wer der Schatzmeister im Land ist.

Es wird getestet und auch geimpft. Die Gemeinden haben hier Schlüsselrollen. Eine weitere Belastung für Personal und Budget?
Für die Gemeindebudgets nicht, denn diese Aufwände wurden sehr gut abgegolten. Natürlich ist aber ein Teil der Gemeindebediensteten gefordert, speziell an Abenden und am Wochenende. Hier gibt es aber eine gute Zusammenarbeit.

Tirol steht fast genau ein Jahr vor den Gemeinderatswahlen. Die ÖVP ist die dominierende Partei in den Gemeindestuben. Wird es genügend gute Kandidaten geben?

Aus derzeitiger Sicht gehe ich davon aus, obwohl es noch sehr früh ist, das richtig einzuschätzen. Was aber derzeit feststellbar ist: Die Gemeinderatswahl ist in den Gemeinden noch nicht das Thema. Wohl auch dem geschuldet, dass derzeit wenige persönliche Kontakte gepflegt werden können und Diskussionen, auch nicht in Wirtshäusern, ebenso wenig stattfinden.

Auch etliche Bürgermeister werden nicht mehr antreten. Ist dieser Nachwuchs gesichert?

Natürlich werden wieder Bürgermeister aus dem Amt scheiden, wie nach jeder Periode. Das ist aber natürlich nicht Corona geschuldet. Zurzeit finden interne Diskussionen statt und wohl mancher überlegt eine Kandidatur. Im Gemeindeverband merken wir das durch Anfragen zu den Konditionen für dieses Amt. Aber ich bin überzeugt, dass es wieder genügend Kandidaten für das wichtige Amt des Bürgermeisters in den Gemeinden geben wird.

Ernst Schöpf wird nächstes Jahr 62 und steht seit 35 Jahren Sölden als Bürgermeister vor. Außerdem seit 2009 dem Gemeindeverband. Ginge noch eine Periode?
Ich muss erst einmal mit meinen engsten Vertrauten auf der Liste und mit meinen Wegbegleitern reden. Die persönliche Entscheidung werde ich heuer im Frühsommer treffen und auch mein Alter und die Dauer meiner Bürgermeistertätigkeit da mit einfließen lassen. Aber ganz klar, es gäbe eine Reihe von Herausforderungen, die noch zu bewältigen wären.

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