Lehre in Tirol
WK-Präs. Walser: "Junge sind sehr kreativ"

WK-Präsident Christoph Walser absolvierte auch eine Lehre.

WK-Präsident Christoph Walser will die Attraktivität der Lehre in Tirol mit verschiedenen Maßnahmen erhöhen.

RegionalMedien Tirol: Für die Zukunft gilt es, die Attraktivität der Lehre zu erhöhen. Wie soll das umgesetzt werden?
Christoph Walser:
„Wir kämpfen seit vielen Monaten für die Angleichung des berufspraktischen Bildungssystems an das schulisch-akademische. Wir haben immer wieder das Problem, dass man mit einem Lehrabschluss in manchen Berufen nur mehr die Meisterprüfung machen kann, aber natürlich sind dann die Aussichten geringer als mit akademischer Bildung. Hier muss es auch staatliche Fortbildungsmöglichkeiten geben, damit eine akademische Weiterbildung auch nach Lehrabschluss möglich ist.

Das heißt, etliche junge Menschen entscheiden sich deswegen für die Matura und nicht für die Lehre?
„Ja, denn auch bei vielen Eltern herrscht oft die Meinung vor, dass eine akademische Karriere bessere Möglichkeiten als eine Lehre bietet. Da müssen wir massiv dahinter bleiben, um hier Änderung herbeizuführen. Und natürlich gibt es noch Lehrbetriebe, die in der Ausbildung hinterherhinken, speziell in kleineren Betrieben. Die müssen wir verstärkt unterstützen, um eine Top-Ausbildung zu garantieren.“

Und wie sieht es in den Berufsschulen aus?
„Es geht immer noch besser, aber auch hier müssen sich die Schulen an die gewandelten Bedingungen in den Betrieben anpassen und moderne schulische Möglichkeiten bieten.“

Corona und Berufsschule – ein wohl großes Problem?
„Ja, da sind große Schwierigkeiten erwachsen. Natürlich gab es auch Fachlehrer, die sehr ambitioniert unterrichtet haben, aber der ganze praktische Unterricht hat nicht stattgefunden. Dass hier Ausbildungsdefizite entstehen, ist klar, denn ein praktischer Unterricht ist online nur schwer möglich.“

Lehre mit Matura gibt es ja schon. Ist das ein aufstrebender Trend?
„Lehre mit Matura ist in manchen Bereichen eine sehr gute Alternative. Aber gerade in Berufen in der Bauwirtschaft funktioniert das überhaupt nicht. Mir wäre lieber, den Bereich ‚Lehre nach der Matura‘ weiterzuentwickeln. Die jungen Menschen starten bereits reifer ins Berufsleben, die Lehrzeit wäre kürzer und die Entscheidung, welchen Berufsweg man einschlägt, ist viel klarer vorhanden als mit 14 oder 15.“

Aber wäre es nicht sinnvoll, bereits in der Volksschule und dann in der NMS über die Möglichkeiten der Lehre zu informieren?
„Ja, denn es wird in den unteren Pflichtschulen zu wenig auf die Lehre hingewiesen. Über die Polytechnischen Lehrgänge muss auch nachgedacht werden, denn diese wären für die Vorbereitung auf eine Lehre prädestiniert. Darum gehört beim neunten Schuljahr in Betracht gezogen, ob hier nicht bereits die Lehrtätigkeit mit einfließen könnte.“

Will der Großteil der jungen Leute heute überhaupt noch Vollzeit arbeiten? Gibt es Erfahrungen aus der Tiroler Wirtschaft?
„Die Zeiten und die Gesellschaft haben sich verändert, aber deswegen sind die jungen Leute nicht weniger fleißig. Im Gegenteil – die Jungen sind heute sehr kreativ und denken auch an die Zukunft mit Themen wie Nachhaltigkeit oder Umweltschutz.“

Aber trotz allem haben junge Menschen mit einer Lehre alle Chancen am Arbeitsmarkt?
„Natürlich. Denn der Fachkräftemangel ist in Tirol gravierend. Gut ausgebildete Fachkräfte können sich die Jobs aussuchen. Auch das Gehalt ist sehr gut. Nur muss für die jungen Menschen auch nach der Facharbeiterausbildung die Weiterbildung in den Betrieben gesichert sein, auch um weiter Karriere machen zu können.“

Hat das geringe Lehrlingsgehalt einen Einfluss auf die Berufsentscheidung?
„Nicht wirklich, denn es gibt viele Berufe, wo die Lehrlinge wirklich gut verdienen. Darüber hinaus bieten viele Unternehmen Zusatzangebote für Lehrlinge. Am Ende das Tages entscheiden nicht 100 Euro, ob der Lehrling ein bestimmtes Berufsziel anvisiert. Und vielen ist bewusst, dass den Unternehmen die Lehrlingsausbildung auch einiges kostet.“

Wie sehen Sie die Dauer und die Inhalte der Lehrzeit?
„Die Berufs- und Lehrbilder werden laufend evaluiert, und wenn die Ausbildung in einer guten Qualität in kürzerer Zeit zu schaffen ist, warum nicht? Es ist einfach nur sehr unterschiedlich in den einzelnen Berufen.“

Die aktuellen Zahlen zur Lehre in Tirol findet ihr hier:

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