Arbeiterkammerpräsident Zangerl im Gespräch
Zangerl: "Jetzt schlägt’s dreizehn"

Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl fordert den raschen Bau eines Studentencampus, um die Mietpreise zu dämpfen.
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  • Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl fordert den raschen Bau eines Studentencampus, um die Mietpreise zu dämpfen.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Harte Zeiten hat die Tiroler Arbeiterkammer in der Pandemie hinter sich. Und noch vor sich. Wir trafen AK-Präsident Erwin Zangerl zum Interview.

RegionalMedien Tirol: Merkt die AK Tirol die derzeitige Krise durch verstärkte Anfragen oder vermehrte Beratungen für Arbeitnehmer?
Erwin Zangerl:
"Die letzten zwei Jahre waren für uns extrem herausfordernd und die AK Tirol ist seit Pandemiebeginn im Dauereinsatz. Und mit Fortdauer der Krisen steigen auch die Zukunftsängste der Menschen. Viele sind verunsichert, fürchten um ihre Jobs, fragen sich, wie sich der Ukraine-Krieg entwickelt und wie sie sich das Leben leisten können. Und deshalb suchen sie Hilfe und Beratung.“

Die Coronazahlen gehen zurück. Wären Sie für die generelle Aufhebung der Quarantänebestimmung?
"Das Grundproblem ist nicht die Quarantänebestimmung. Das Grundproblem ist der Nachweis einer Corona-Infektion. Denn da geht es für die Arbeitgeber um die Rückerstattung der Kosten."

Inflation, Energiepreise, Ukraine-Krieg. Das trifft Tirols Arbeitnehmer wohl besonders hart.
„Grundsätzlich trifft es alle, aber aufgrund des Preisniveaus in Tirol trifft es uns besonders hart. Leider bewegen sich die Preise in Tirol schon länger nach oben: Bei den Wohnkosten und den Energie- und Lebensmittelpreisen gibt es die größten Probleme, dabei handelt es sich hier um Grundbedürfnisse. Und da sehe ich eine schwere Zeit auf Tirols Arbeitnehmer zukommen, denn die Schwierigkeiten werden nicht in einigen Wochen vorbei sein. Die Preise werden weiter steigen."

Die Regierung hat ein 4-Mrd.-Euro-Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Reicht das nicht?
"Jede Hilfe ist gut. Nun muss aber beobachtet werden, wie das Paket hilft und ob nachgebessert werden muss. Aber die Probleme potenzieren sich, denn viele Leistungen, wie etwa das Kilometergeld, wurden nicht angepasst. Auch die von mir seit Jahren geforderte Abschaffung der kalten Progression ist derzeit wieder ein höchst brisantes Thema. Denn die Arbeitnehmer werden höhere Lohnabschlüsse durchsetzen, dann wird die Kalte Progression voll durchschlagen und der Gewinner ist einmal mehr der Finanzminister und nicht die, die es eigentlich brauchen."

Wohnen ist in Tirol fast nicht mehr leistbar. Versagt hier die Politik?
"Nein, ich attestiere der Politik schon den guten Willen, hier etwas zu bewegen. Aber grundsätzlich bestimmen Angebot und Nachfrage den Mietpreis. Deshalb muss einfach mehr gebaut werden. Gerade in oder um Innsbruck würde ein großer Studentencampus zu einer Entschärfung der Mietpreise beitragen. Nicht zu vergessen: Je höher die Mietpreise, umso weniger Geld fließt in den Konsum, was wiederum der Wirtschaft massiv schadet.“

In Tirol herrscht quasi Vollbeschäftigung und es werden händeringend Arbeitskräfte gesucht. Sind das nicht gute Bedingungen für die Arbeitnehmer?
"Auf den ersten Blick schon. Aber wenn Betriebe sich nicht mehr erweitern oder Aufträge ausführen können, weil Arbeitskräfte fehlen, dann hilft das weder den Arbeitnehmern noch der Wirtschaft. Es gibt eben ein Rekrutierungsproblem, denn in vielen Bereichen stimmen die Voraussetzungen einfach nicht. Man muss sich nur ansehen, wie viele Arbeitskräfte dem Tourismus den Rücken gekehrt haben. Hier fehlen oft geregelte Arbeitszeiten und auch die Saisonarbeit schreckt viele ab."

Ein großes Problemfeld ist die Pflege in Tirol.
"Die Arbeiterkammer hat gemeinsam mit dem betroffenen Pflegepersonal schon vor längerer Zeit ein umfangreiches Strategiepapier verfasst, was gegen die Pflegekrise zu tun wäre. Dieses wurde aber scheinbar beim Landhaus vorne hineingetragen und wahrscheinlich durch die Hintertür mit dem Altpapier entsorgt. In der Pflege war es vor Jahren schon fünf vor zwölf, jetzt habe ich das Gefühl, es ist drei viertel eins und bald wird es dreizehn schlagen. Die bisherigen Versäumnisse werden uns auf den Kopf fallen. Deshalb warnen wir seit vielen Jahren und kritisieren die Untätigkeit der Politik, gerade im Pflegebereich.“

Könnten etwa im Tourismus oder auch in der Pflege hier die ukrainischen Flüchtenden aushelfen?
"Ja, natürlich wäre das möglich und es gibt am Arbeitsmarkt auch Erleichterungen für ukrainische Flüchtlinge. Allerdings müssen die Menschen, die zu uns kommen, auch nach ihren Qualifikationen bzw. ihrer Ausbildung in den Arbeitsprozess integriert und nicht wie Lückenbüßer behandelt werden. Jeder Einzelfall muss als solcher behandelt werden, und das braucht Zeit und die muss man sich auch nehmen, damit es zu keinen Problemen kommt. Deshalb lehnen wir Bestrebungen, dass Flüchtlinge keine Mitglieder der Arbeiterkammer werden müssen, auch ab."

Abschließend eine ganz andere Frage: Sie sind aktives Mitglied einer Schützenkompanie. Wie sehen Sie in diesen Zeiten Ehrensalven oder Kanonenschüsse?
(lacht) "Ich bin seit dem 15. Lebensjahr bei der Schützenkompanie und solche Diskussionen erlebe ich immer wieder. Es ist schade, dass Traditionsverbände wie die Tiroler Schützen politisch missbraucht werden. Gewinnen kann eine Partei mit solchen Aussagen sicher nichts und sie sind entbehrlich."

Eine Warnung der AK Tirol wegen Internetbetrugs lest ihr hier:
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Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl fordert den raschen Bau eines Studentencampus, um die Mietpreise zu dämpfen.
Ehrenmajor Erwin Zangerl (hier mit dem ehm. LKDT Tiefenthaler und Alt-LH van Staa | Foto: © Fleischer
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