Bezirk Tulln/St. Pölten
Eigene Tochter wegen Drohungen angezeigt
Mutter lehnte Waffenstillstand ab
BEZIRK TULLN/St. PÖLTEN. Seit ihrem zwölften Lebensjahr sei es immer wieder zu massiven Auseinandersetzungen mit ihrer Mutter gekommen, erklärte eine 30-Jährige aus dem Bezirk Tulln beim Prozess am Landesgericht St. Pölten, wo sie sich wegen Veruntreuung und versuchter schwerer Nötigung zu verantworten hatte.
Dass sie zwischen November 2021 und Februar 2022 insgesamt 42 Mal in die Kasse ihres Arbeitgebers gegriffen hat, gab die Frau, die keine Berufsausbildung hat, arbeitslos ist und sich im Privatkonkurs befindet, unumwunden zu. „Ich kann es nicht erklären“, beteuerte sie gegenüber Richter Slawomir Wiaderek auf die Frage nach dem Warum. Bezüglich der Schadensgutmachung in Höhe von rund 3.300 Euro habe sie bereits eine Vereinbarung mit ihrem ehemaligen Chef getroffen.
Wesentlich härter traf sie die Anzeige ihrer eigenen Mutter im August dieses Jahres. Die 54-Jährige meinte als Zeugin, es habe ihr gereicht. In zwei nächtlichen Telefonaten habe ihr die 30-Jährige unter anderem gedroht, ihre zweite Tochter umzubringen und ihr die Finanzpolizei auf den Hals zu hetzen, wenn sie die Beschwerden an den Arbeitgeber ihres derzeitigen Lebensgefährten nicht zurückziehe.
„Ich habe fünf Beschwerdebriefe an seine Firma geschrieben, weil er mich nachts von seinem Diensthandy angerufen hat“, bestätigte die Mutter, die sich auch vom Partner der Angeklagten bedroht gefühlt habe. In den beiden Telefonaten mit der Tochter, von denen sie das zweite aufgenommen hatte und Wiaderek vorlegte, habe die 30-Jährige wieder einmal beeinträchtigt geklungen. Alkohol oder Drogen – sie wisse es nicht. Von einem Alkoholproblem sprach auch die Schwester der Beschuldigten, die das aufgenommene Telefonat schockiert habe.
Tränenreiche Entschuldigung
„Ich glaube nicht, dass meine Mutter Angst gehabt hat. Ich kenne sie“, erklärte die 30-Jährige. Man habe schon früher massive Auseinandersetzungen gehabt, es gab bereits Wegweisungen und Kontaktverbot. Allerdings habe ihre Mutter das Angebot für einen Waffenstillstand abgelehnt. Es tue ihr jedenfalls leid, wenn ihre Mutter sich ernsthaft bedroht gefühlt habe.
Zumal ein weiteres umfassendes Kontaktverbot zu Mutter und Schwester im Raum stand, wollte sich die 30-Jährige noch vor Gericht bei ihrer Mutter entschuldigen. Die, unter Tränen vorgebrachte Entschuldigung wies die Mutter ebenfalls tränenreich zurück.
Wiaderek verurteilte die Angeklagte zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten mit dreijähriger Probezeit, verhängte ein umfassendes Kontaktverbot, erteilte die Weisung zur Fortsetzung ihrer Psychotherapie, sowie die Begleichung des Schadens bei ihrem Ex-Chef. Seitens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.
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