Trotz Rekordsommer erholt
Verschnaufpause für den Eiskar-Gletscher

- Gerhard Hohenwarter jun. und sen. haben die Gletscherschmelze genau im Visier. Über das Eiskar wird seit 1992 genauestens Buch geführt.
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Das Eiskar, der einzige Gletscher der Karnischen Alpen, hat den heißen Rekordsommer verhältnismäßig gut überstanden. Villacher Gletscherexperten geben dem Naturjuwel noch etwa 20 Jahre.
VILLACH, GAILTAL. Als Teil des 24-köpfigen österreichischen Gletscher-Mess-Teams beobachten Gerhard Hohenwarter sen. und Gerhard Hohenwarter jun. aus Villach die Gletscherbewegung am Eiskar-Gletscher, Österreichs südlichstem Gletscher, der in den Karnischen Alpen, eingebettet in einem Kar der Kellerwand zwischen 2.115 und 2.370 Meter Seehöhe liegt, ganz genau – Hohenwarter sen. bereits seit 1992. "Seit meiner Kindheit begleite ich meinen Vater regelmäßig in die Karnischen Alpen, leite das Projekt selbst seit mittlerweile elf Jahren. Es berührt einen sehr, technisch festhalten zu müssen, wie die immer heißer werdenden Sommer Eis und Schnee langsam aber sicher verschwinden lassen", betont Hohenwarter jun., der hauptberuflich als Meteorologe bei Geosphere Austria tätig ist und vom Klimawandel ein Liedchen singen kann.
"Gut durch Rekordsommer"
Den überdurchschnittlich heißen Rekordsommer 2024 hat der Eiskar-Gletscher recht gut überstanden. "Glück für den Gletscher ist, dass wir um Kötschach-Mauthen herum relativ guten Winterniederschlag hatten. Während es in den Tälern kaum Schnee gab, sah das in der Höhe anders aus, wovon das Eiskar profitiert hat", verrät Hohenwarter jun.: "Sowohl im Frühwinter 2023/24 als auch im Hochwinter 2024 ist es in besagtem Gebiet immer wieder zu nennenswerten Niederschlägen gekommen. Im heurigen April hat es oben sogar sehr ansehnlich geschneit."
"Wenn heiß, besser trocken"
Aus der Sicht eines Gletschers darf ein Sommer schon auch einmal heiß sein. Aber in diesem Fall sollte er auch trocken sein. "Das war in den Karnischen Alpen heuer der Fall. Im Hochsommer verzeichneten wir unterdurchschnittliche Niederschläge – auch im heißen Juli, berichtet Hohenwarter jun., der genau Buch führt: "Je feuchter und wärmer die Luft ist, desto stärker greift der warme Regen das Eis an. Hauptauslöser für den – vorsichtig formuliert – guten Zustand vom Eiskar ist aber wie gesagt der überdurchschnittlich viele Schnee, der den Gletscher aus dem Winter heraus begleitet hat. Die durchschnittliche Schneehöhe Anfang Juni betrug 8,1 Meter, der Mittelwert der letzten 15 Jahre beträgt 6,2 Meter."

- Im Vorjahr war das Eiskar fast komplett mit Schutt übersät. Heuer geht es Kärntens südlichstem Gletscher besser.
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"Wärmster Bergsommer"
Die Sommer 2024 und 2023 waren die wärmsten Bergsommer der letzten 170 Jahre – also seit es Messungen im Gebirge gibt. Davon, dass am Eiskar trotzdem Winterschnee den Sommer überdauern konnte, haben sich die Hohenwarters im September überzeugt. "Die größten Schneerücklagen befanden sich im Bereich des Eisscheitels sowie im Trog der Gletscherzunge. Der Großteil der Messmarken lag am 7. September noch unter Schnee. Von den vier Eispegeln konnte aufgrund der Schneebedeckung nur einer nachgemessen werden", schildert Gerhard Hohenwarter jun.
"Auf weitere 20 Jahre"
Die Messungen der Hohenwarters zeigen, dass der Eiskar-Gletscher noch um die 15 Hektar groß ist, das Eis an den tiefsten Stellen aktuell 25 bis 30 Meter misst. Hohenwarter jun.: "Ich gehe davon aus, dass es den Gletscher noch bis Mitte des Jahrhunderts in seinen bekannten Zügen geben wird. Dann wird er abschmelzen. Auf gut Deutsch gebe ich dem Eiskar also noch etwa 20 Jahre als Gletscher, bevor nur noch einzelne Eisflecken und Eislinsen unter dem Schutt und Geröll liegen werden."
"Pasterze geht es schlechter"
Der Pasterze, Österreichs größtem Gletscher, der sich am Fuße des Großglockners im obersten Talboden des Mölltals befindet, geht es deutlich schlechter, als dem Eiskar. "Das Eiskar hat in den vergangenen 30 Jahren im Mittel einen halben Meter bis Meter an Mächtigkeit verloren – die Pasterze an der Zunge im Mittel ganze fünf Meter. Das hat auch mit der anderen Lage und Ernährung zu tun. Das Glück vom Eiskar ist dessen Einbettung", gibt Hohenwarter jun. abschließend zu Protokoll: "Ich möchte betonen, dass das für Österreichs südlichsten Gletscher nach zwei katastrophalen Jahren eine kleine Verschnaufpause ist. Es geht ihm verhältnismäßig gut. Er hat schon an Masse verloren, aber nicht so stark, wie es in den letzten zwei Jahren der Fall war."


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