Die starren Grenzen sind ein Problem

Der neue praktische Arzt Oliver Walsberger ordiniert derzeit in einem Container. | Foto: KK
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Nur mehr wenig Ärzte wollen aufs Land. Dafür gibt es vor allem einen Grund: den ewigen Kampf mit den Kassen. "Die Ärzte rennen uns davon" ist nur einer von vielen Sätzen, die in letzter Zeit allzu oft zu hören und zu lesen waren. Tatsächlich ist es so, dass es in der Steiermark genug Mediziner gibt, es aber immer schwieriger wird, sie auch hier zu halten – scheinen doch die Arbeitsbedingungen im Ausland oft attraktiver. Besonders kritisch ist die Situation außerhalb der Ballungszentren, da der Job als Landarzt vielfach mehr bedeutet, als "nur eine Praxis zu führen". In der Diskussion ums Überleben der Landärzte wird auch die Hausapotheken-Frage ins Treffen geführt.

Arztpraxis im Container

Zwischen Ärzte- und Apothekerkammer schwelt der Konflikt schon seit Längerem: Allgemeinmediziner in absoluten "Randlagen", die neben der Ordination eine Hauspotheke betreiben. Laut Gesetz ist die Bewilligung für eine ärztliche Hausapotheke ab 2018 oder bei Pensionsierung zu entziehen, sobald es innerhalb von sechs Straßenkilometern eine öffentliche Apotheke gibt. Die Neueröffnung einer öffentlichen Apotheke wiederum ist zulässig, wenn die nächste ärztliche Hauspotheke mehr als vier Kilometer entfernt ist. Diese Sachlage führt zu skurrilen Auswüchsen. Zum Beispiel ordiniert der neue Mooskirchner Arzt Oliver Walsberger derzeit in einem Container mit Hausapotheke im westlichen Teil von Mooskirchen obwohl es eine völiig eingerichtete Arzt-Praxis im Osten von Mooskirchen gibt, um die Kilometergrenzen zu umgehen. Die nächste Apotheke ist im Bezirk Graz-Umgebung in Lieboch, rund 5,6 Kilometer entfernt. Das neue Ärztezentrum, unmittelbar neben dem Container, ist bereits in Bau. In St. Josef in der Weststeiermark übernahm ein Sohn die Praxis seines Vaters, muss aber jetzt neu bauen, weil auch hier die Kilometergrenze sonst nicht eingehalten. wird.
Fakt ist, dass damit die öffentlichen Apotheken aus dem Boden schnellen: Gab es in der Steiermark im Jahr 2000 noch 203 ärztliche Hausapotheken und 160 öffentliche, so hat sich bis 2013 diese Zahl auf 166 verringert beziehungsweise 193 gesteigert. Für Apothekerkammerpräsident Gerhard Kobinger ist der Aufschrei der Ärzte in dieser Frage zu einseitig: "Ein Landarzt muss sich über die Kasse finanzieren können. Außerdem sollte für eine optimale Patientenversorgung das 'Vier-Augenprinzip' bei der Medikamentenabgabe eingehalten werden." Nachsatz: "In wirklich entlegenen Gebieten ist eine Hausapotheke ohnehin keine Frage."
Auch für Ärztekammervizepräsident Jörg Garzarolli müssen Ärzte von "ihrer Arbeit, den Kassenleistungen, leben können". Aber genau da hapert es: Der mangelhafte Leistungskatalog der Kassen macht eine zeitgemäße ärztliche Patientenversorgung nämlich so gut wie unmöglich. Gefordert sind laut Garzarolli die Politik und damit auch die Kassen. So gibt es in Deutschland beispielsweise längst Fördermodelle für den Neustart einer Praxis. "Davon ist bei uns leider noch nichts absehbar", bedauert der Mediziner.
Fest steht: Allein in den nächsten zehn Jahren werden steiermarkweit über zwei Drittel der Landmediziner in Pension gehen. Ob und wie diese Planstellen nachbesetzt werden können, wissen wohl nicht einmal die "Götter in Weiß".

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