Woche Voitsberg Spezial
Ein Nein muss man kalkulieren

- Ein Bild von einer der legendären Weihnachtsfeiern in der Woche Südweststeiermark
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Woche-Medienberater inside. Das große Abschiedsinterview mit Guntbert Nossek.
Was verkauft sich leichter? Ein PR oder ein Inserat?
Guntbert Nossek: Eindeutig ein Inserat. Das ist aber historisch gewachsen, denn früher hatten die Kunden die Hoffnung, dass sie, wenn sie nur ausreichend schalten, dann einen PR dazugeschenkt bekommen. Bei größeren Aufträgen ist es besser, man verkauft Pakete über ein Jahr oder über ein halbes Jahr hinweg.
Gibt es zu den Paketen ein Schmankerl dazu?
Guntbert: Ich war einmal bei einem Stammkunden, damals hatten wir noch die Schilling-Währung. Ich kam bei der Tür herein, da rief er mir schon entgegen: Ich habe nicht viel Zeit. Da hast 1000 Schilling und mach mir damit eine Seite Werbung. Zum Glück hat er mir dann doch zugehört und ich schnürte ihm dann ein Paket zu vier Viertelseiten, damit er zwei Monate Präsenz hat. Nach diesem Zeitraum war er so begeistert, dass er das Paket um acht weitere Viertelseiten erhöht hat. So viel zur Attraktivität von Werbepaketen.
Hast du ein Nein jemals persönlich genommen, wenn es um Werbekunden ging?
Guntbert: Nein, so etwas darfst du nicht persönlich nehmen. Wichtig ist es, ein Nein vom Kunden auch zu akzeptieren. Und in zwei bis drei Wochen wieder anfragen oder persönlich vorbeischauen, ob es jetzt besser passen würde. Wenn ich ein Nein als persönliche Ablehnung empfunden hätte, wäre ich für diesen Beruf nicht geeignet gewesen.

- Peter Höfler (l.) und Guntbert (r.) in der BFC-Parade als Fenstergucker, was für viele Lachstürme sorgte.
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Und wenn ein Kunde gesagt hat, er hat jetzt kein Geld, es passt ihm schlecht, die Geschäfte laufen nicht gut?
Guntbert: Dann habe ich oft gesagt, dass er gerade jetzt, wo es nicht so gut läuft, mittels Werbung sein Geschäft ankurbeln sollte. Ich habe nie verstanden, warum zum Beispiel Blumenhändler kurz vor Muttertag eine Werbung schalten. Da läuft das Geschäft ohnehin von selbst. Werbung erzielt oft die größte Wirkung, wenn man sie in Zeiten schaltet, wo es keine Selbstläufer gibt.
Wie gut kennst du deine Kunden?
Guntbert: Dank meiner großen Erfahrung und der langjährigen Kundenbeziehungen weiß ich relativ gut über sie Bescheid, denn oft knüpfen sich auch private Freundschaften an diese Geschäftsbeziehung. Mein Grundsatz ist: Ich biete etwas an, der Kunde entscheidet dann, ob er dieses Angebot auch annimmt oder es abändern möchte. Ich mache mir viele Gedanken über meine Kunden, da nütze ich oft den Anfahrtsweg dazu, um nachzudenken. Aber ich kalkuliere auch immer ein Nein ein, auch wenn es bei manchen eine 99-prozentige Sicherheit gibt, dass er ein Inserat oder einen PR schaltet. Aber die 100-prozentige Sicherheit gibt es nie.
Hast du eine Lieblingsbranche?
Guntbert: Ich habe sehr viele Kunden in der Autobranche, da habe ich auch sehr viele Inserate verkauft. Ich bin seit Jahrzehnten Renault-Fahrer, aber das tat meinem Erfolg bei anderen Autohändlern keinen Abbruch. Ich kann ja auch nicht gleichzeitig zehn Automarken fahren, nur damit ich beim Kunden gut ankomme.
Erinnerst du dich an einen Kunden, bei dem du dich komplett getäuscht hast?
Guntbert: Ja, das ist jetzt ungefähr zwei Jahre her. Ich bekam einen Anruf von einem Herrn, der mir erzählt hat, dass er viele Jahre in der Finanzbranche tätig war und jetzt wieder aktiv werden wolle. Er sprach am Telefon von einer österreichweiten Schaltung und ich gebe zu, da hatte ich wie Dagobert Duck bereits die Dollarzeichen in den Augen. Ich habe mich auch extra in Schale geworfen, was bei mir eher eine Seltenheit ist. Stutzig wurde ich, als ich zur besagten Adresse fuhr und diese sich als Seniorenwohnhaus entpuppte. Der ehemalige Finanzcoach machte mir einen Kaffee und in der nächsten halben Stunde wurde aus einer österreichweiten Seitenanzeige ein 5-Wort-Inserat, das ihm dann auch noch zu teuer war. Er hat mich definitiv zwei Stunden meines Lebens gekostet, aber der Lerneffekt war enorm.

- Der erste Lockdown hat seine Spuren hinterlassen.
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Hattest du als Medienberater in der Weststeiermark mit den typischen Eigenheiten der Weststeirer zu kämpfen?
Guntbert: Ich bin selbst waschechter Weststeirer und kann daher mit dieser Zuteilung nichts anfangen. Doch durch meine Vortätigkeiten im Beruf, im Sport und bei der BFC war ich bestens integriert und kannte schon viele Menschen. Die Distanziertheit, von der viele reden, habe ich überhaupt nicht erfahren.
Stichwort Sport. Deine Lieblingssportarten?
Guntbert: Handball und Tennis, das hat sich nicht geändert. Allerdings jetzt nur noch rein passiv.
Hast du von einem Vorgesetzten etwas lernen können?
Guntbert: Sehr viel, von allen Vorgesetzten, überall und immer. Schon als Koch wurde ich voll gefordert und habe da schon gesehen, dass, wenn ein einziger Teil eines Teams nicht funktioniert, das gesamte Team ein Problem hat. Ich hatte immer eine große Arbeitsbereitschaft, egal ob als Staplerfahrer, in der Gastronomie, beim Pumpenbauer oder dann bei den Zeitungen. Prägend war, dass ich mich in ganz jungen Jahren als jüngstes Teammitglied oft auf die Hinterbeine gestellt und bis zum heutigen Tag meinen Vorgesetzten immer wieder meine Meinung gesagt habe. Mein Durchhaltevermögen, mein Glaube an mich selbst und meine Einstellung, ein Scheitern erst zu akzeptieren, wenn ich vorher alles versucht habe, sind durch den Sport gereift, haben mich bei meiner Arbeit als Medienberater aber enorm weitergeholfen. Und die Einstellung, dass einer für den anderen da ist.
Was wirst du jetzt ohne die Arbeit bei der Woche machen? Dir wird doch hoffentlich nicht fad werden.
Guntbert: Ich bleibe ja treuer Leser. Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Lachend, weil ich ohne beruflichen Druck meine Gesundheit hoffentlich konsolidieren kann. Weinend, weil ich bis zum letzten Tag meine Tätigkeit geliebt und gerne gemacht habe. Zwei Jahre werde ich es ziemlich ruhig angehen, in meiner echten Pension werde ich aber bestimmt nicht komplett untätig sein. Das könnte ich gar nicht.
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