Reaktionen auf die PISA-Studie
Zu wenig Zeit für die Junglehrer

Gudrun Finder, Direktorin des Gymnasiums Köflach, plädiert für das Nutzen der Fördermaßnahmen. | Foto: Almer
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  • Gudrun Finder, Direktorin des Gymnasiums Köflach, plädiert für das Nutzen der Fördermaßnahmen.
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Die neuesten Ergebnisse der PISA-Studie, wo Österreich in mehreren Bereichen ein (leichtes) Minus einfuhr, lassen auch die Direktorinnen und Direktoren im Bezirk Voitsberg nicht kalt. MeinBezirk.at hat mehrere von ihnen befragt, welche Rückschlüsse sich daraus ziehen lassen.

VOITSBERG. In der Mathematik verlor Österreich bei der neuen PISA-Studie zwölf Punkte, im Lesen vier Punkte. In den Naturwissenschaften blieb die Zahl (+1) mehr oder weniger konstant. Aus Österreich waren rund 6.200 Jugendliche aus mehr als 300 Schulen dabei, Corona und Homeschooling haben hier Spuren hinterlassen. 

Reaktionen aus dem Bezirk Voitsberg

Wie sehen Direktorinnen und Direktoren im Bezirk Voitsberg die Ergebnisse? Ingrid Meeraus, Direktorin des Bildungsclusters Mooskirchen (Volks- und Mittelschule) wundern die Ergebnisse nicht wirklich. "Ich bin eher überrascht, dass der Rückgang bei uns nicht so dramatisch ist wie in Deutschland." Corona und Homeschooling konnten am Land besser abgefedert werden als in großen Städten, weil dank kleinerer Einheiten der Austausch leichter war. "Lernen funktioniert über Beziehungen, diese sind Grundlage für gutes Lernen." Meeraus sieht einen Lösungsansatz, um bessere Ergebnisse zu erzielen, im Ausbau der Sommerschule. "Eltern bzw. Schülerinnen und Schüler lassen sich oft schwer überreden, die Ferien zu verkürzen, aber die, die in den letzten zwei Jahren in Mooskirchen waren, haben alle sehr profitiert, das haben wir anhand von Befragungen auch evaluviert.

Lukas Zagler, Direktor des Volksschulclusters in Bärnbach und Rosental, fürchtet, dass Junglehrer verheizt werden. | Foto: Almer
  • Lukas Zagler, Direktor des Volksschulclusters in Bärnbach und Rosental, fürchtet, dass Junglehrer verheizt werden.
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Lukas Zagler ist Volksschul-Cluster-Direktor in Rosental und Bärnbach. Für ihn sind die Ergebnisse keine Überraschung. "Die Länder, die ihr Bildungssystem gezielt auf diese Testungen aufbauen, liegen vorne, aber sie berücksichtigen viele Aspekte nicht, die für das Leben wichtig sind." So gesehen ist Zagler das österreichische Bildungssystem lieber. Verbesserungspotenzial sieht er in der Lehrerausbildung, vor allem bei den Junglehrerinnen und -lehrern. "Wir würden dringend ein Buddy-System brauchen, wo erfahrene Kollegen die jüngeren ausreichend betreuen. Früher gab es die Beiwagerl, die genug Zeit hatten, sich einzuleben. Jetzt verheizen wird die Jungen frühzeitig und viele hören frustriert auf. Das können wir uns aber nicht leisten."

Renate Ofner-Rucker, Direktorin der Mittelschule Krottendorf-Gaisfeld, sieht gesellschaftliche Probleme. | Foto: RMS
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Rahmenbedingungen ungleich verteilt

Renate Ofner-Rucker von der Mittelschule Krottendorf-Gaisfeld ist erstaunt, dass die Ergebnisse nicht schlechter ausfielen. "Das gibt Hoffnung, dass die Schüler- und Lehrerschaft vieles in der schule doch richtig macht." Für Ofner-Rucker sind die Rahmenbedingungen ungleich verteilt. "Die in der PISA-Studie abgefragten Informationen zum gesellschaftlichen Hintergrund der Schüler spiegeln unsere Teilung der Kompetenzen im Bildungssystem wider. Wir leisten uns immer noch den Luxus, dass in der Bildungspolitik Bund und Land zwei verschiedene Dienstgeber sind, für die Erhaltung der Schulen unterschiedliche Kompetenzträger zuständig sind und unsere Gesellschaft noch sehr stark traditionsbezogen die Erziehung und vor allem Bildung im Kleinkindalter versteht." Laut Ofner-Rucker bieten elitäre Schulformen eine Alternative ähnlich dem Wahlarztsystem im Gesundheitsbereich und Nachhilfestunden kaschieren den Bedarf an einer flächendeckenden Ganztagesschule. "Im Sinne einer inklusiven Gesellschaft sollten flexible Modelle für Migrationskinder und gute Ausbildungsstandards für Schulassistenz selbstverständlich sein."

Ingrid Meeraus, Leiter des Bildungsclusters in Mooskirchen, will die Sommerschule ausbauen. | Foto: Goda
  • Ingrid Meeraus, Leiter des Bildungsclusters in Mooskirchen, will die Sommerschule ausbauen.
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Fördermaßnahmen nutzen

In die Kerbe der Nachhilfe schlägt auch Gudrun Finder, Direktorin des Gymnasiums Köflach. "Ich unterstreiche das, was Minister Martin Polaschek zuletzt gesagt hat", so Finder. "Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn Eltern mit Kindern und der Schule zusammenarbeiten. Das heißt aber nicht, dass die Eltern die Hausaufgaben der Kinder machen, weil wir Lehrer dann nicht sehen können, was die Schülerinnen und Schüler wirklich können." Gleichzeitig plädiert Finder für die Nutzung der Fördermaßnahmen in den Schulen. "Diese Maßnahmen werden von der Schule angeboten und finanziert, sie sind kostenlos für die Eltern." Trotzdem flüchten viele Eltern lieber in eine teure Nachhilfe. "Ich sehe immer wieder, dass Kinder, welche die Fördermaßnahmen dringend benötigen, nicht kommen, aber Schüler, die den Dreier auf einen Zweier ausbessern wollen, da sind." Alle Förderkurse sind am Nachmittag und das scheint für viele noch ein Problem zu sein. 
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass viele Junglehrerinnen und -lehrer zu früh ins Bildungssystem kommen. "Bachelor-Studenten unterrichten, müssen aber auch noch das Master-Studium abschließen, das erzeugt nur Stress und Druck. Viele trauen sich gar nicht mehr, ein Auslandssemester zu belegen, weil sie fürchten, dann jobmäßig weg vom Fenster zu sein. Aber gerade bei Sprachen ist ein Auslandaufenthalt fast ein Muss", so Finder.

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