Herausfordungen des Landlebens
Allgemeinmedizinerin Stefanie Essl im Interview über "Landärztemangel und Selbstdiagnose via Internet".
Mit der Veranstaltung „Heimat.Land.Lebenswert.“ in Gleisdorf ist Mitte des Jahres die österreichweite Tour von Bundesminister Andrä Rupprechter gestartet.
Zu einem qualitativ hochwertigen Leben am Land gehört ein Hausarzt in der Nähe. Die Ärztin Stefanie Essl engagiert sich für das Landleben und war eines der Gesichter bei der Werbekampagne.
DR. STEFANIE ESSL: Ich wurde durch eine Bekannte, die sich auch für unser Landleben engagiert, darauf aufmerksam. Nachdem ich vom Landwirtschaftsministerium kontaktiert wurde, habe ich mich mit dem Projekt vertraut gemacht und fand gleich Gefallen daran. Ich freue mich natürlich sehr, Teil und Gesicht dieser vielversprechenden Kampagne sein zu dürfen.
Ich bin seit drei Jahren verheiratet. Mein Mann ist mir privat und auch immer wieder mal beruflich eine große Stütze, ohne die mein Alltag manchmal ganz düster aussehen würde. Kinder haben wir noch keine.
Ich bin seit Sommer 2010 als Ärztin und seit April 2016 als Allgemeinmedizinerin in Passail tätig.
Ich komme aus Passail und bin auch dort aufgewachsen.
Nicht anders als auch früher. Wir Passailer sind zwar ein eigener Menschenschlag, jedoch mit vielen innovativen und kreativen Köpfen, sodass wir uns vor dem urbanen Raum nicht verstecken müssen. Das Leben dort schätze ich sehr, denn für mich wäre Wohnen ohne Bezug zur Natur und eigenem Garten nicht denkbar.
Neben meiner Tätigkeit im Krankenhaus war ich in der Vergangenheit auch als Vertretungsärztin im Ort tätig und habe dadurch Einblicke in das vielfältige und sehr abwechslungsreiche Tätigkeitsfeld des Allgemeinmediziners bekommen. Bereits nach kurzer Zeit fand ich großen Gefallen daran. Dann wurde plötzlich die Allgemeinmediziner-Stelle in meiner Heimatgemeinde frei und es begann eine intensive Zeit, in denen Pros und Contras besprochen und abgewogen wurden, und die Entscheidung ist ja bekannt.
Ein großer Vorteil ist natürlich, dass man sein eigener Chef ist und auch persönliche Vorstellungen, Wünsche umsetzen kann und dass man die Patienten langfristig betreut und auch den weiteren Verlauf, wie Therapieerfoleg aber manchmal leider auch schwere Schicksalsschläge, mitbekommt. Im Krankenhaus verliert man den Kontakt oft bereits nach wenigen Tagen wieder. Der Nachteil oder vielleicht auch gerade die Herausforderung ist, dass natürlich auch sehr viele wirtschaftliche und bürokratische Aspekte auf einen zukommen, die für einen Angestellten nicht relevant sind.
Wenn man nicht arbeitsscheu ist, kann man diese Tätigkeit nur weiterempfehlen. Man bekommt für das was man investiert auch sehr viel zurück.
Die Selbstständigkeit an sich ist schon eine große Herausforderung und die starren Strukturen unseres medizinischen Systems erschweren sicher auch noch vielen die Entscheidung. Hoffentlich kommt es in den nächsten Jahren zu einem Umdenken im Gesundheitswesen und zu einer Anpassung der Praxismodelle, sonst ist die derzeitige Situation mit vielen offenen Stellen erst der Anfang. Auch einer stufenweise Anpassung der Tarife, die von den niedergelassen Ärzten schon lange gefordert wird, muss erfolgen.
Der Arbeitstag ist in Ordination und Hausbesuche geteilt. Den größeren Teil meiner Tätigkeit verbringe ich in der Ordination, doch auch die Hausbesuche haben einen wichtigen Stellenwert in meinen Alltag und es vergeht fast kein gewöhnlicher Tag ohne Visite. Man ist schon den ganzen Tag über gefordert.
In der Stadt ist das Infrastrukturnetz der medizinischen Versorgung ein völlig anderes, die Anzahl der Fachärzte ist viel höher, auch bei Notfällen sind die Wegstrecken bis ins nächste Krankenhaus wesentlich kürzer. Das hat natürlich nicht immer nur Vorteile, denn mit dem Angebot nimmt natürlich auch die Nachfrage und das damit verbundene Doctorshopping zu.
Man ist im Ort viel präsenter als bisher und die Arbeit endet auch mit den Ordinationszeiten oft noch lange nicht.
Glück liegt nicht darin, dass man tut, was man mag, sondern mag, was man tut. Ich freue mich, Passail durch meine Tätigkeit ein bisschen lebenswerter machen zu dürfen. Ich bin der Typ Mensch, der sich freut, wenn die Patienten gut versorgt sind. Dann geht es auch mir gut und macht mich glücklich.
Vor einigen Jahren war ich als Notärztin bei einem Motorradunfall und der Patient war sehr schwer verletzt. Nach dessen mehrmonatiger Rehabilitation kam er uns zu Weihnachten am Stützpunkt besuchen, um uns nochmals persönlich seinen Dank auszusprechen, und dies trotz seiner Anreise von über drei Stunden. Auch mein damaliger Sanitäter war sehr gerührt.
Am Anfang muss man sich erst einmal daran gewöhnen, dass die Schicksale, welche einem in der Arbeit begegnen, nicht viele Kilometer von zu Hause entfernt und die Menschen dazu unbekannt sind. Auf einmal kennt man die Gesichter zu den Geschichten persönlich und das alles passiert mehr oder weniger vor der eigenen Haustür, ich denke das prägt unweigerlich.
Ich war Gott sei Dank noch nie ernsthaft krank und sonst bin ich eigentlich ein sehr unkomplizierter Patient. Wenn man zu mir kompetent und nett ist, bin ich die Letzte die kompliziert ist.
Ein schweres und nicht ganz ungefährliches Thema. Auf fachlich kompetenten Seiten etwas nachzulesen, ist zu befürworten, doch ein erheblicher Teil der Informationen ist lückenhaft und man wird oft auf den falschen Weg geführt, von dem manch eigensinniger Patient oft nur noch sehr schwer ab zu bringen ist. Das kann mühsam sein und oft geht dabei wertvolle Zeit verloren. Generell sind Ferndiagnosen so oder so nicht das Meine.
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