Entscheidung endgültig
Abschiebung von 13-jähriger Tina war rechtswidrig
534 Tage, nachdem im Jänner 2021 die damals zwölfjährige Tina gemeinsam mit ihrer Mutter und der fünfjährigen Schwester abgeschoben wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof endgültig entschieden: Die Abschiebung war rechtswidrig. Eine Revision des BFA wurde abgewiesen.
WIEN. Es war der 28. Jänner 2021, als plötzlich eine zwölfjährige Schülerin ungewollt zur wohl bekanntesten Schülerin des Landes wurde. Tina, Schülerin des Gymnasiums Stubenbastei, ihre fünfjährige Schwester sowie ihre Mutter wurden nach diversen ablehnenden Bescheiden nach Georgien abgeschoben. Zahlreiche Menschen versammelten sich Tage zuvor vor dem Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel in Wien, wo Schubhäftlinge untergebracht sind, und versuchten mit Sitzblockaden die Einfahrt zu sperren. Spät in der Nacht wurde der Protest von WEGA-Beamten aufgelöst.
Monatelang musste Tina die dritte Klasse des Gymnasiums in Tiflis (Georgien) besuchen, auch wenn sie kaum Georgisch spricht. Ende des vergangenen Jahres kam sie zurück nach Wien und befand sich zuerst mit einem Touristenvisum in Wien. Ende Februar war es dann so weit und sie konnte ihr Schülervisum abholen. Am 25. Februar übernahm sie den Aufenthaltstitel in der MA 35 in der Brigittenau. In den Räumlichkeiten waren so viele Medien vor Ort, als ob ein Popstar vor Ort wäre. Doch die kleine Tina wollte nur endlich friedlich mit ihrer Familie in Wien, ihrer Heimat, leben.
BFA ging in Revision
Mitte März hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschieden, dass die Abschiebung rechtswidrig war. Dem Entscheid vorausgegangen war eine Maßnahmenbeschwerde gegen die Abschiebung, die Familienanwalt Wilfried Embacher erhoben hatte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) reagierte rasch und ging in Revision. Grund: Europarechtler Walter Obexer sah die Gefahr, dass mit entsprechenden Urteilen ein Bleiberecht durch rechtswidriges Verhalten erzwungen sein könnte.
Und am 26. Juli stand die Rechtswidrigkeit im Fall Tinas Abschiebung fest. Das teilte Anwalt Embacher am Dienstag auf Twitter mit. Das BFA hatte die Entscheidung des BvWg, das die Abschiebungen für rechtswidrig erklärte, bekämpft.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), so Embacher, verweist einleitend darauf, dass § 46 Fremdenpolizeigesetz keine Abschiebeverpflichtung vorsieht. "Der damalige Innenminister Nehammer (Karl, Anm.) hatte aber behauptet, das Absehen von der Abschiebung wäre ein Amtsmissbrauch", schreibt der Anwalt. "Die Amtsrevision wäre nur dann zulässig, wenn die durchgeführte Interessenabwägung krass fehlerhaft vorgenommen worden wäre. Da dies nicht der Fall war, erweist sich die Amtsrevision als unzulässig", erklärt er.
Abschiebung von Mutter und Schwester rechtswidrig
Der VwGH stellte noch klar, dass der Geburt in Österreich sowie der hervorragenden (auch schulischen) Integration besonderes Gewicht zukommen und aus dem Grund die Abschiebung im Jänner 2021 aufgrund der Rückkehrentscheidung vom September 2019 als "unverhältnismäßig" zu qualifizieren war.
Weiters stellte der VwGH auch fest, dass auch die Abschiebung der Mutter sowie der kleineren Schwester von Tina rechtswidrig war, "weil die Familie nicht getrennt werden dürfte".
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