89 Jahre Juliputsch
Als Nazis die Macht in Österreich ergreifen wollten

Am 25. Juli jährt sich der sogenannte Juliputsch der österreichischen Nationalsozialisten im damaligen Ständestaat Österreich zum 89. Mal. Bild: verletzter Polizist wird auf einer Trage aus einem Fenster des Ravag-Gebäudes geschoben. | Foto: Weltbild / ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com
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  • Am 25. Juli jährt sich der sogenannte Juliputsch der österreichischen Nationalsozialisten im damaligen Ständestaat Österreich zum 89. Mal. Bild: verletzter Polizist wird auf einer Trage aus einem Fenster des Ravag-Gebäudes geschoben.
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Am 25. Juli jährt sich der sogenannte Juliputsch der österreichischen Nationalsozialisten im damaligen Ständestaat Österreich zum 89. Mal. Warum dieser misslang, und wie weit Adolf Hitler seine Finger im Spiel hatte, hat der Wiener Historiker Kurt Bauer bereits 2014 in seinem Buch "Hitlers zweiter Putsch" analysiert, welches mittlerweile als Standardwerk zur Materie gilt.

WIEN. Die erste Österreichische Republik befand sich im Juli 1934 in seiner bis dato turbulentesten Phase und existierte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Es ist die kurzlebige Zeit des Austrofaschismus, an Stelle der Republik ist der "christlich-deutsche Ständestaat" unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß getreten, der das Land de facto diktatorisch regierte.

Dem vorangegangen war ein Staatsstreich, ausgelöst durch die sogenannte "Selbstausschaltung" des Österreichischen Parlaments – ein formales, aus der Geschäftsordnung entstandenes Missgeschick am 4. März 1933, welches das Parlament handlungsunfähig machte und das jähe Ende der Demokratie in Österreich und Dollfuß' Alleinherrschaft bedeutete.

Dollfuß bei einer Rundfunkansprache am 1. Mai 1934,  in der er die neue Verfassung (Maiverfassung) proklamiert. Damit war die Umwandlung von der Republik zum Ständestaat abgeschlossen.  | Foto: Scherl / SZ-Photo / picturedesk.com
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Das Land stürzte nicht einmal ein Jahr später in einen dreitägigen blutigen Bürgerkrieg ("Februarkämpfe 1934"), bei dem das Dollfuß-Regime die Oberhand behielt. Durch die Proklamierung der Ständeverfassung (Maiverfassung) am 1. Mai 1934 war die Umwandlung von der Republik zum Ständestaat abgeschlossen. Konsolidiert war die Macht von Dollfuß aber nicht, wie die Ereignisse im Juli 1934 schließlich zeigen werden.

Dollfuß' Ermordung

Im Untergrund wehte der Hauch von Umsturz – wie sich später herausstellte, war es ein von langer Hand geplanter Versuch der österreichischen Nationalsozialisten, sich im noch instabilen Ständestaat an die Macht zu putschen. Stichtag sollte der 25. Juli 1934 sein.

Im Bundeskanzleramt am Ballhausplatz in Wien hielt der Ministerrat des autoritären Ständestaats an diesem Tag seine letzte Sitzung vor den Sommerferien ab, die meisten Regierungsmitglieder, vor einem drohenden NS-Putsch gewarnt, hatten das Gebäude bereits verlassen.

Der am 25. Juli 1934 ermordete Bundeskanzler Engelbert Dollfuß.  | Foto: ÖNB-Bildarchiv / picturedesk.com
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Dann passierte es: Gegen 12.53 Uhr stürmten 154 SS-Männer das Gebäude und brachten schließlich die im Haus verbliebenen Regierungsmitglieder in ihre Gewalt. Der anwesende Kanzler Dollfuß wurde bei einem Handgemenge von einem tödlichen Schuss getroffen. Die österreichische Wochenschau berichtete damals: "Am 25. Juli hatten sich etwa dreihundert Aufrührer in einer Turnhalle heimlich mit Waffen versehen, um einen Überfall auf das Bundeskanzleramt durchzuführen".

Putsch scheitert kläglich

Während die NS-Putschisten das Bundeskanzleramt in ihre Gewalt brachten, stürmte ein anderes SS-Kommando das Gebäude der österreichischen Rundfunkanstalt "Ravag" (Radio Verkehrs AG)und erzwang eine Sondermeldung: Die Regierung Dollfuß habe demissioniert. Diese Rundfunkdurchsage war für tausende SA-Männer in den Bundesländern das Zeichen, einen bewaffneten Aufstand gegen das austrofaschistische Regime vom Zaun zu brechen. Gendarmerieposten und Bezirkshauptmannschaften, Bezirksgerichte und Fernmeldeämter wurden von den Nazis besetzt, vor allem in Kärnten und der Steiermark, aber auch in Teilen Salzburgs und Oberösterreichs kam es zu blutigen Kämpfen.

Insgesamt kamen bei den Scharmützeln 220 Menschen zu Tode, mehrere hundert wurden verwundet. Doch der Putsch misslang. Das austrofaschistische Regime, nach der Ermordung von Dollfuß nun von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg geführt, konnte seine prekäre Macht für einige Zeit stabilisieren.

Wiener Historiker mit neuen Erkenntnissen

Auf die Frage warum der Umsturz scheiterte, hat der Wiener Historiker Kurt Bauer in seinem Buch "Hitlers zweiter Putsch" (2014 erschienen) eine knappe Antwort: "Es war definitiv ein Putsch der Pannen." Durch eine mehr oder weniger stümperhafte Umsetzung sollen wichtige Umsturzziele nicht realisiert worden sein und letzten Endes zum Scheitern des gesamtes Putsches geführt haben. So brachte ein dreiköpfiges SS-Kommando die geplante Verhaftung des Bundespräsidenten Wilhelm Miklas in seinem Urlaubsort in Velden am Wörthersee durch eigenem Dilettantismus nicht zustande.

Adolf Hitler bei einer Rede im Lustgarten (aufgenommen am 1. Mai 1934) | Foto: SZ Photo / SZ-Photo / picturedesk.com
  • Adolf Hitler bei einer Rede im Lustgarten (aufgenommen am 1. Mai 1934)
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Auch nach der Frage, inwiefern Adolf Hitler seine Finger im Spiel beim Juliputsch hatte, ging Bauer nach – mit ganz neuen Erkenntnissen. Lange Zeit war die Geschichtswissenschaft nämlich davon ausgegangen, dass Hitler die Umsturzpläne der österreichischen Nationalsozialisten "passiv" billigte. Doch wie Bauer aber in seinem Buch, das mittlerweile als Standardwerk zur Materie gilt, darauf hinweist, war der deutsche Reichskanzler mehr im Juliputsch involviert als bisher bekannt war.

Hitler zentrale Figur im Juliputsch?

"Im Unterschied zur bisherigen Forschungsmeinung bin ich zu der Auffassung gelangt, dass Hitler diesen Putsch nicht nur unterstützt hat oder davon gewusst hat, sondern dass er ihn ganz definitiv befohlen hat. Das ist wirklich neu in der Forschung, und das lässt sich, würde ich meinen, aufgrund einer lückenlosen Indizienkette nachweisen", so der Historiker.

Doch was waren die Motive Hitlers? Laut Bauer wollte er 1934 "definitiv" keinen Anschluss. "Er wusste, dass er das zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisieren konnte, weil Deutschland militärisch noch zu schwach war. Was Hitler wollte, war eine Art Neutralisierung", so der Historiker. Was der deutsche Diktator laut Bauer wollte, war ein neues Regime an der Spitze Österreichs, das seine Politik eng mit dem nationalsozialistischen Deutschland abstimmen sollte.

"Hitler wollte eine Regierung ohne Dollfuß, mit einem neuen Kanzler, er wollte Neuwahlen und eine Besetzung der Regierung nach den jeweiligen Stärken, die bei diesen Wahlen erzielt worden wären. Das hätte wahrscheinlich eine Koalitionsregierung aus Christlich-Sozialen und Nationalsozialisten bedeutet", so Bauer.

Mehr zum Buch "Hitlers zweiter Putsch" (Kurt Bauer, 2014): www.residenzverlag.com/buch/hitlers-zweiter-putsch

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