Buch von Roman Sandgruber
Eine mondäne Traumzeit für Wiener Millionäre

Roman Sandgruber im "Café Prückl". Das Haus Ecke Stubenring gehörte Adolf Gallia, der es als Patentanwalt von Carl Auer von Welsbach zu enormem Reichtum brachte.
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  • Roman Sandgruber im "Café Prückl". Das Haus Ecke Stubenring gehörte Adolf Gallia, der es als Patentanwalt von Carl Auer von Welsbach zu enormem Reichtum brachte.
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Von Krupp bis Rothschild: Der Wiener High Society des Fin de Siècle widmet sich der Autor Roman Sandgruber.
 
WIEN. "Oh, wie herrlich lebten sie", schreibt Joseph Roth in seinem Roman "Das Spinnennetz". Die Rede ist von den knapp tausend Wiener Familien, den Reichsten der Reichen, die um 1910 die Spitze der Gesellschaft bildeten und einen mondänen Lebensstil pflegten. Man traf sich am Tennisplatz und beim Derby im Prater, dinierte im Sacher und verbrachte den Winter in Abbazia. Die Herren trugen feinen Zwirn, ihre eleganten Frauen Mode aus Paris. Sie hießen Rothschild, Wittgenstein, Skoda, Broch, Meinl, oder Krupp, leiteten Banken, handelten mit Holz und Kohle oder genossen als Rentiers ihre enormen Einkünfte.

Reichtum wurde seither nie mehr so unverhüllt zur Schau gestellt wie um 1910: mit riesigen Villen, Dienstboten, großen Autos, luxuriösen Reisen. Gleichzeitig war die Einkommensungleichheit so extrem wie nie. Eine Traumzeit für Millionäre und eine rauschhafte Zeit vor dem Untergang der Habsburgermonarchie.

Das mondäne Wien um 1910

Den Hintergründen dieser Wiener High Society des Fin de Siècle geht Bestsellerautor und Wirtschaftshistoriker Roman Sandgruber der neu überarbeiteten und aktualisierten Neuauflage seines Buches aus 2013 "Reich sein. Das mondäne Wien um 1910" auf den Grund. "Wie und von wem diese unfassbare Eleganz finanziert wurde, darüber hat sich die Geschichtsforschung seltsamer Weise bis dato wenig Gedanken gemacht."

Roman Sandgruber vor Adolf Gallia´s 1903 errichtetem Haus. Dieser hatte es als Patentanwalt von Carl Auer von Welsbach zu enormem Reichtum gebracht.
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Ausgangspunkt für Sandgrubers großartige Porträts dieser Zeit war eine Finanzamtsliste mit den 929 Personen, die 1910 mehr als 100.000 Kronen zu versteuern hatten (übrigens das Hundertfache von dem, was ein Facharbeiter damals zu versteuern hatte). "Da gab es zwar einige handschriftliche Bemerkungen, aber die genaueren Zusammenhänge herauszufinden war echte Detektivarbeit", sagt er. Diese 929 Reichsten der Reichen waren alte Adelige und neureiche Juden, berühmte Ärzte und geistreiche Damen, zielstrebige Parvenus und gefeierte Künstler, erfolgsverwöhnte Manager, Anwälte und Erfinder, "Schwarze Schafe", Erben und Lottogewinner.

Exklusive Welt mit Ablaufdatum

"Wien um 1910 war mit seinen zwei Millionen Einwohnern die siebtgrößte Stadt der Welt und ein Schmelztiegel der Nationen, eine Hochburg der Künste und Wissenschaften, eine Stadt der Träume, aber auch der harten sozialen und nationalen Gegensätze", so Sandgruber. Für die einen war es damals die "gute alte Zeit", für viele andere bereits das Warten auf die "letzten Tage der Menschheit". "Was mir aufgefallen ist: Hohes Einkommen und großer Reichtum sind recht flüchtig! Nur mehr wenige der damaligen Familien finden sich noch heute an der Spitze der österreichischen Einkommenspyramide, viele Namen sind längst vergessen", erklärt der Autor.

Der Großteil erlebte den Zusammenbruch des Reiches, musste in Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise das Zusammenschmelzen ihrer Ressourcen hinnehmen und geriet zu einem nicht geringen Teil auch noch in den Holocaust des Nationalsozialismus. Ein typisches Schicksal erlebten auch die Anwälte Adolf und Moritz Gallia, denen das herrschaftliche Haus Ecke Stubenring/Karl Lueger Platz gehörte, in dem sich heute das Café Prückl befindet, das Roman Sandgruber für unser Interview ausgesucht hat.

Nicht nur trockene Fakten

"Die Gebrüder Gallia waren die Patentanwälte von Carl Auer von Welsbach. Sie verhalfen nicht nur dem Erfinder des Glühstrumpfes zu Reichtum, sie wurden dadurch selbst enorm reich und konnten einen Teil ihres Vermögens auf ihrer Flucht nach Australien retten. Nur ihre Kunstsammlung ging am Transport seltsamer Weise verloren", erzählt Sandgruber.

Dass in seinem Buch nicht nur trockene Fakten, sondern auch manch witzige Anekdote Platz findet, beweist ein Bonmot des reichsten Mannes dieser Zeit, Baron Albert Salomon Rothschild. "Seine Sparsamkeit war stadtbekannt. Im Pariser Ritz soll er sich nach dem billigsten Zimmer erkundigt haben. Auf den Hinweis des Portiers, sein Sohn nehme immer die Fürstensuite, soll Rothschild trocken erwidert haben: Der hat ja auch einen reichen Vater!" 

Zum Autor Roman Sandgruber

Roman Sandgruber, gebürtiger Oberösterreicher, ist emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johannes-Kepler-Universität Linz und mit zahlreichen Publikationen zu österreichischer und allgemeiner Wirtschafts-, Sozial-, Kultur- und Zeitgeschichte hervorgetreten. Bei Molden erschienen zuletzt seine aufsehenerregenden Werke "Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses" (Wissenschaftsbuch des Jahres 2019) und "Hitlers Vater. Wie der Sohn zum Diktator wurde".

Roman Sandgruber: Reich sein – Das mondäne Wien um 1910. | Foto: Molden Verlag

Zum Buch

  • Roman Sandgruber
  • Reich sein: Das mondäne Wien um 1910
  • 17 x 24 cm; 352 Seiten
  • ISBN 978-3-222-15096-8
  • Molden Verlag

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