Integrationsarbeit
Frauen helfen Frauen bei den "Nachbarinnen" in Wien

In Rudolfsheim-Fünfhaus öffnete die Nähwerkstatt des Vereins "Nachbarinnen" die Türen und gewährte Einblick in außergewöhnliche Integrationsarbeit. | Foto: MeinBezirk/Andreas Pölzl
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In der Nähwerkstatt des Vereins "Nachbarinnen" in Wien erhielt MeinBezirk Einblick in deren außergewöhnliche Integrationsarbeit. Und so funktioniert es: Frauen mit eigener Migrationserfahrung unterstützen dabei andere nach ihrer Ankunft in Österreich beim Andocken. Das geschieht auf persönlicher, mehrsprachiger und alltagsnaher Ebene. 

WIEN/RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. In einem kleinen Raum im Erdgeschoss eines Wohngebäudes im 15. Bezirk hatten sich am Dienstagmorgen, 3. Juni, verschiedene Medienvertreterinnen und -vertreter eingefunden. Der Grund des Rummels: die Möglichkeit, einen Einblick auf die besondere Arbeit eines Wiener Vereins zu erhalten, welcher sich ganz der Integrationsarbeit verschrieben hat. Aber auch um die ein oder andere persönliche Geschichte zu erhaschen.

Die "Nachbarinnen" öffneten die Türe ihrer Nähwerkstatt und erlaubten damit auch einen ersten Blick auf ihr tägliches Schaffen. Der Verein beschäftigt sich mit der Thematik Integration und hilft neu angekommenen Geflüchteten, hier im Land Fuß zu fassen. Doch anders als bei vielen ähnlichen Projekten und Initiativen übernehmen bei den "Nachbarinnen" Frauen, die selbst einmal in dieser Situation gewesen waren, die Integrationsarbeit. Insgesamt wurden Frauen mit fünf unterschiedlichen Muttersprachen als Sozialassistentinnen ausgebildet und sind aktuell im Verein tätig, um anderen zu helfen. 

Jede der angestellten Frauen hat zeitgleich mehrere Familien unter ihren Fittichen. Die Betreuung dauert laut Christine Scholten, Initiatorin und Geschäftsführerin des Vereins, meist zwischen sechs und zwölf Monaten. Die Sozialassistentinnen treffen sich mit der Familie in ihrem Zuhause, etwa in der eigenen Wohnung. Sie sollen als Vorbilder dienen, die zeigen, wie Integration funktionieren kann.

Das sei möglich, weil Betreuerinnen und Betreute oft dieselbe Muttersprache haben und selbst einmal persönlich Integration am eigenen Leib erlebt haben. Neben dieser Schiene gibt es auch etwa Lernhilfe für die Kinder. Hier helfen überwiegend Studentinnen und Studenten den Kindern rund drei Stunden die Woche in verschiedenen Fächern.

Nachbarin mit besonderer Geschichte

Eine dieser Nachbarinnen ist Firdes Acar. Sie ist seit 2013 beim Verein und als ausgebildete Sozialassistentin tätig. Selbst kam sie mit 14 Jahren kurz nach ihrer Heirat aus der Türkei nach Österreich. Im Gespräch mit MeinBezirk erzählt die Nachbarin, dass sie die Probleme der Frauen kennt. Sie lebte mit den Schwiegereltern zusammen und musste zehn Jahre lang warten, um einen Deutschkurs zu besuchen. Acar erklärt, dass sie die Familien berät, etwa zum bestehenden Schulsystem, zum Gesundheitswesen, zu Amtswegen und mehr. Dazu gibt es einmal im Monat auch ein Frauen-Kulturprogramm und ein Bildungsfrühstück.

Eine dieser Nachbarinnen ist Firdes Acar. | Foto: MeinBezirk/Andreas Pölzl
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Acar gibt dabei ein konkretes Beispiel für gelungene Betreuung einer Familie: Eine Frau sei demnach nach ihrer Heirat nach Österreich gekommen und verbrachte 20 Jahre lang zu Hause. Ihre Kinder im Alter von 15 bis 16 Jahren wären ebenfalls nur in den eigenen vier Wänden geblieben und hätten sich nicht um eine Lehrstelle bemüht. Sie sei kein Vorbild, erklärte die Frau damals Acar. Sogar ihre Tochter hätte ihr gesagt, dass sie selbst nur daheim sitzen sollte.

Acar betreute schließlich die Frau und half ihr, erste Schritte auf dem Arbeitsmarkt zu setzen. So hätte sie zwar gerne als Betreuerin in einem Kindergarten gearbeitet, dafür hat es jedoch noch nicht gereicht. Zwei Jahre nach Beginn der Betreuung ist die Dame aktuell Küchenhilfe in einem Kindergarten. Acar half jedoch nicht nur der Frau, sondern der ganzen Familie. So hat der Sohn jetzt eine Lehrstelle und die Tochter arbeitet in einer Zahnarztpraxis, wie sie MeinBezirk erzählt.

Viele Herausforderungen

Neben Acar erzählten auch andere Nachbarinnen von ihren Erfahrungen und gingen auch auf die vielen Probleme ein, mit denen die Betroffenen, die sie betreuen, gegenüberstehen. Die Familien hätten oft viele Kinder, die Frauen würden bereits jung verheiratet. Sie kämen dazu aus Strukturen, welche oft nicht vorsehen, dass Sie einem Beruf nachgehen.

Stattdessen würden Sie zu Hause bleiben und seien auch teils in problematischen Beziehungen. Die Männer seien manchmal sogar gewalttätig. Den Frauen müsse oft erst beigebracht werden, was es bedeutet, zu arbeiten und eine Vorbildfunktion einzunehmen. Nur so könne man auch die Kinder dazu motivieren, sich zu engagieren und zu integrieren.

In einem kleinen Raum im Erdgeschoss eines Wohngebäudes im 15. Bezirk versammelten sich am Morgen des Dienstags, 3. Juni, verschiedene Medienvertreterinnen und -vertreter. | Foto: MeinBezirk/Andreas Pölzl
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Vereinsgeschäftsführerin Scholten betonte dabei auch die Bedeutung der Arbeit der Nachbarinnen für das Land. In Österreich gäbe es eine alternde Gesellschaft, mit Problemen wie Arbeitskräftemangel. Die gute und erfolgreiche Integration von Kindern und Jugendlichen aus geflüchteten Familien könnte eine Lösung hierfür darstellen.

Die Nähwerkstatt

Der Pressetermin fand nicht in einem Büro statt, sondern in der Nähwerkstatt des Vereins. Seit acht Jahren werden dort "Upcycling Produkte" hergestellt. Aus Stoffresten werden Geldbörsen oder Ähnliches hergestellt. Aufgrund des Erfolges der Werkstatt sind aktuell sieben Näherinnen zu jeweils 30 Wochenstunden angestellt. Weiters kann man im Jahr zwölf Frauen aus betreuten Familien einen Praktikumsplatz anbieten. Dort lernen sie, wie es ist, zu arbeiten und gleichzeitig die eigene Familie zu organisieren.

Der Pressetermin fand nicht in einem Büro, sondern in der Nähwerkstatt des Vereins statt. | Foto: MeinBezirk/Andreas Pölzl
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Die hergestellten Produkte werden dann vor allem an Firmen sowie Festivals verkauft. Laut dem Jahresbericht 2024 des Vereins erwirtschaftete die Nähwerkstatt im vergangenen Jahr 136.956 Euro Umsatz.

Demokratie bewusst leben

Neben der allgemeinen Vorstellung des Vereins und ihrer Arbeit präsentierte Scholten mit "Frau.Macht.Recht" ein neues Projekt, das im Herbst 2025 starten soll. Viele der Betreuten würden nämlich abseits des politischen Lebens leben. Fehlende Beteiligungsmöglichkeiten, sprachliche Hürden oder patriarchale Strukturen würden dabei den Zugang zu Demokratie für diese erschweren. Auch der steinige Weg zur österreichischen Staatsbürgerschaft zählt dazu.

Aufgrund des Erfolges der Werkstatt sind aktuell sieben Näherinnen mit 30 Wochenstunden angestellt. | Foto: MeinBezirk/Andreas Pölzl
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Im Rahmen des Projekts gibt es insgesamt fünf Workshops für 75 Frauen aus arabischen, afghanischen, tschetschenischen, somalischen und türkischen Communitys. Mithilfe der Nachbarinnen sowie eines erfahrenen Polizisten werden ihnen die Themen Demokratie, Rechtsstaat und Weiteres nahegebracht.

Im Zuge der Workshops werden dann kleine kreative Videos für Social Media von den Frauen kreiert, in denen Sie erklären, was Demokratie für sie bedeutet. Die Ergebnisse des Projekts werden dann im November im Rahmen eines Abschlussevents präsentiert – mit Reden, Performances und Gesprächen mit den Teilnehmerinnen. Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) wird als Ehrengast bei dem Event sprechen.

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