Rat auf Draht-Bilanz
Immer mehr Kinder von Gewalt in Wien betroffen
Die Notruf-Hotline "Rat auf Draht" schlägt Alarm: Immer mehr Kinder und Jugendliche würden sich wegen Gewalterfahrungen melden. Im Schnitt verzeichne man täglich acht Anrufer, die über psychische und körperliche Gewalt am eigenen Leib berichten.
WIEN. Die kostenlose Telefonberatung für Kinder, Jugendliche und deren Bezugspersonen, Rat auf Draht, zeigt sich alarmiert. Die Zahl derer, die sich aufgrund Gewalterfahrungen melden würden, sei rasant gestiegen.
Die Beratungsgespräche zu diesen Themen nahmen 2022 im Vergleich zum Jahr davor um 16,4 Prozent auf 2.935 zu, berichtet die Organisation. In den ersten drei Quartalen heuer seien es 2.176 Gespräche gewesen, was für 2023 ein ähnlich hohes Niveau erwarten lasse.
Mobbing deutlich zugenommen
"Am häufigsten geht es dabei um Mobbing und psychische Gewalt in der Schule, gefolgt von psychischer und physischer Gewalt in der Familie", sagte Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147 von Rat auf Draht. Besonders betroffen seien Elf-bis 14-Jährige, gefolgt von 15- bis 18-Jährigen.
Vor allem Mobbing habe laut ihr deutlich zugenommen, im Vergleich zu 2019 sogar um fünf Prozent (Stand 2022). "Das liegt daran, dass sich die Jugendlichen wieder mehr sehen und das Konfliktpotenzial dadurch größer ist. Neu ist, dass Mobbing häufig nicht nur offline stattfindet, sondern über digitale Medien weitergeführt wird", so Satke. Mit einem Klick können peinliche Fotos oder aggressive Botschaften geteilt werden. Die Hemmschwelle sei herabgesetzt, weil man online die Reaktion der Betroffenen "nicht sehen kann und sich somit nicht damit auseinandersetzen muss".
Sexualisierte Gewalt häufiger
Auch sexualisierte Gewalt wie "Cyber Grooming" (gezielte Manipulation Minderjähriger sowie junger Volljähriger online), "Sextortion" (Betrugsmasche, bei der Internetnutzer von attraktiven Unbekannten aufgefordert werden, in Videocahts nackt zu posieren) und sexuelle Belästigung online sei häufiger geworden. Die Anfragen zu Sextortion beim Notruf 147 seien im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 um rund 39 Prozent von 105 auf 146 Beratungen gestiegen.
"Es ist wichtig, Kinder zu selbstbewussten und selbstständigen Persönlichkeiten zu erziehen und sie über ihre Rechte aufzuklären", sagt Satke. Im Hinblick auf sexualisierte Gewalt sei eine umfassende und altersadäquate Sexualerziehung essenziell. Kinder sollten darüber Bescheid wissen, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen können, dass sie ihren Gefühlen vertrauen können und sie das Recht haben "nein" zu sagen. "Außerdem sollte ihnen vermittelt werden, dass sie niemals schuld daran sind, wenn ihnen Gewalt angetan wird", betont sie.
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