Kräftemessen
Ärztekammer Wien-Präsident Steinhart vor Misstrauensantrag
Zu einem vorläufigen Ende der internen Querelen in der Ärztekammer für Wien (ÄKW) könnte es heute Abend kommen. Präsident Johannes Steinhart wird sich einem Misstrauensantrag stellen müssen. Hintergrund sind die seit Monaten andauernden gegenseitigen Anschuldigungen wegen des ehemaligen Tochterunternehmens "Equip4Ordi". Während so mancher ungewöhnliche Allianzen schmiedet, fordern andere Neuwahlen.
WIEN. Mit Spannung wird die heutige außerordentliche Vollversammlung der Wiener Ärztekammer erwartet. 89 Mitglieder finden sich am Abend in den Räumlichkeiten in der Weihburggasse ein. Die zwei wohl wichtigsten Tagesordnungspunkte: ein Misstrauensantrag gegen den amtierenden Präsidenten Johannes Steinhart sowie ein Neuwahlantrag. Dem vorangegangen ist ein monatelanger erbitterter Streit, ausgetragen zunächst zwischen Steinhart und Erik Randall Huber, Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Letzterer hatte erst vergangenen Freitag seinen Rücktritt eingereicht - mehr dazu unten.
Grund für die massiven Unstimmigkeiten ist die ehemalige Tochterfirma "Equip4Ordi", eine Einkaufsplattform für Ordinationsbedarf. Initiiert wurde diese einst von Steinhart, der damals noch selbst Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte war. Huber folgte ihm in dieser Funktion nach. Anfang des Jahres dann der erste von vielen Paukenschlägen: Huber will Ungereimtheiten in der Finanzierung entdeckt haben. Was folgte waren Anschuldigungen und Anzeigen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts der Untreue. Präsident Steinhart wird als Beschuldigter geführt.
Handgreiflichkeiten und illegale Beschlüsse
Der Zwist zwischen den beiden Lagern schwelte über Monate hinweg vor sich hin. Im September überschlugen sich dann die Ereignisse. Bei einer Sitzung der Kurie niedergelassene Ärzte kam es zu Handgreiflichkeiten (siehe unten). Die Mehrheit der Mandatarinnen und Mandatare verließ die Sitzung, welche daraufhin von Huber geschlossen wurde. Präsident Steinhart führte die Sitzung jedoch andernorts mit nur 14 der 30 Mandatare fort. Unzulässig, wie die MA 40 (Gesundheitsrecht) als Aufsichtsbehörde urteilte. Die gefassten Beschlüsse haben damit keine Rechtsgültigkeit - MeinBezirk.at berichtete.
Alle drei Vizepräsidenten - Stefan Ferenci, Erik Randall Huber und Stefan Konrad - sowie Finanzreferent Frédéric Tömböl sprachen sich daraufhin für den Abzug Steinharts aus. Dessen "antidemokratische Methoden" seien nicht mehr tragbar und eines Präsidenten unwürdig, so die Begründung. Für Steinhart selbst kommt ein Rücktritt "per Zuruf einer kleinen Gruppe politischer Mitbewerber" nicht infrage, wie er in einer Aussendung mitteilte. Gegenüber der "Presse" (Plus-Artikel) betonte er, er werde niemals zurücktreten, denn er sei "hart. Steinhart". Nur eine demokratische Abwahl werde er akzeptieren.
Abwahl Steinharts fraglich
Genau dieser wird er sich Dienstagabend wohl stellen müssen. Für den Misstrauensantrag ebenso wie für Neuwahlen braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Stefan Ferenci, Vizepräsident und Kurienobmann der angestellten Ärzte, glaubt nicht an diese. Mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" werde es zwar "eine absolute Mehrheit gegen den Präsidenten geben", aber eben nicht genügend Stimmen, um ihn aus dem Amt zu heben, so Ferenci gegenüber MeinBezirk.at. Es bleibe aber "ein kleines Fragezeichen".
Anders - aber je nach Sichtweise nicht besser - sieht die Sache beim Thema Neuwahlen aus. Hier ist Ferencis Einschätzung nach selbst eine Mehrheit unwahrscheinlich. Es sei davon abhängig, ob es eine geheime Abstimmung geben werde. Dann könnte so manches Mitglied entgegen der Parteilinie und somit für Neuwahlen stimmen. Wahrscheinlicher ist aber, das man versuchen wird, eine namentliche Abstimmung zu generieren.
Gegner werden Verbündete
Interessantes Detail am Rande: Steinharts Vorgänger, Thomas Szekeres, zählt zu jenen, die vor rund drei Wochen noch für Neuwahlen waren und den entsprechenden Antrag auch unterzeichnet hatten. Dossier-Journalist Ashwien Sankholkar hatte auf X (vormals Twitter) zuerst darüber berichtet. Jetzt hat sich Szekeres allem Anschein nach umentschieden. Vergangene Woche appellierten er und Steinhart Seite an Seite an die "konstruktiven Kräfte" innerhalb der Kammer. Und noch etwas haben die beiden gemeinsam. Auch gegen Szekeres wird in der Causa "Equip4Ordi" aktuell ermittelt. Die Wiener Ärztekammer hatte ihn selbst wegen des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs angezeigt.
Aufstand der Länder
Die Konflikte innerhalb der Wiener Kammer machen auch vor der Österreichischen Ärztekammer, deren Präsident Steinhart ebenfalls ist, nicht halt. Hielten sich die Präsidenten der anderen Länderkammern bislang zurück, formiert sich zunehmens mehr Widerstand gegen Steinhart (mehr dazu hier). Allen voran fordert der Salzburg-Chef Karl Forstner den Rücktritt Steinharts. Er ließ damit bereits Anfang August aufhorchen. Ob sich Steinhart auch hier in einer außerordentlichen Vollversammlung einer möglichen Abwahl stellen muss oder bis zum regulären Termin im Dezember schon wieder alles ganz anders aussieht, bleibt abzuwarten.
Abwarten heißt es auch heute Abend. Die Vollversammlung der Wiener Kammer wurde von ursprünglich 14 Uhr auf 19.30 Uhr verschoben. Die beiden Anträge, die über den Verbleib Johannes Steinharts im Amt sowie über Neuwahlen entscheiden, sind erst Punkt 10 und 11 auf der Tagesordnung.
Mehr zur Causa gibt es hier:
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