Happel-Stadion
Stadt Wien weist Vorwürfe von Architektenkammer zurück
Ein Millionenprojekt – das Ernst-Happel-Stadion soll ein neues, hochmodernes Dach erhalten – ist Ende 2023 von der Stadt Wien ausgeschrieben worden. Große Kritik gab es von der Architektenkammer, die Ungereimtheiten beim Ausschreibungsprozess ortet und die Transparenz dahinter bemängelt. Die Stadt weist die Vorwürfe zurück.
WIEN. Kein Neu-, aber ein großer Umbau: Die Stadt hat große Pläne für das altehrwürdige, aber in die Jahre gekommene Ernst-Happel-Stadion. Mit einem Millionenprojekt soll das Happel-Oval dank Photovoltaikanlage und eigene Wärmepumpen künftig zum ersten energieautarken Stadion Europas werden.
Damit diese Vision Realität wird, nimmt man eine Riesensumme in die Hand. Die Weichen für eine 100-Millionen-Euro-Investition für das Happel-Stadion wurden bereits im November 2023 gestellt. Im Wiener Gemeinderat wurden die ersten Etappen einstimmig beschlossen – den Anfang soll eine hochmoderne, mobile Dachkonstruktion machen:
Die Ausschreibung für das neue, rund 14.200 Quadratmeter große Stadiondach erfolgte am 8. Dezember 2023 – ob der außergewöhnlichen Größe des Projekts "als funktionale Totalunternehmerausschreibung". Allein der Auftragswert hierfür wird auf rund 50 Millionen Euro beziffert. 34 Tage lang hatten Firmen Zeit, ein Angebot zu legen, also bis 11. Jänner 2024.
In einem Inserat, das von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk auf X geteilt wurde, kritisiert die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten die Vorgänge während des Ausschreibungsprozesses der Stadt. So wurde darin eine Reihe Ungereimtheiten vermutet und zudem die Transparenz dahinter bemängelt, angefangen bei der ihrer Meinung nach nicht näher detaillierten Angaben, etwa zu den Brandschutzerfordernissen.
Unfaires Ausschreibungsverfahren?
Des Weiteren verwies man darin, dass zwei der insgesamt fünfwöchigen Frist auf die Weihnachtsferien entfielen. Auch echauffierte man sich über die Bedingung, dass Anbieter das Stadion nachweislich besichtigt haben müssen, ansonsten dürfe man kein Angebot hinterlegen.
Im Zusammenhang dazu hätte es Berichte gegeben – die Kammer spricht von "informierten Quellen" – dass die zur Terminvereinbarung hinterlassene Telefonnummer zwischen den Feiertagen gar nicht erreichbar gewesen war. Kurzum: etwaige Überraschungsanbieter hätten laut Kammer das Nachsehen beim Bewerbungsverfahren, da sie schlicht und einfach kein Angebot abgeben konnten.
"In Nacht-und-Nebel-Aktion erledigt"
"Nicht abwegig, wenn einige gut informierte Unternehmen ihre Sportschuhe geschnürt hatten, um das Angebot rechtzeitig einwerfen zu können", heißt es sarkastisch an einer Stelle des Inserates. Kritisiert wurde das Verfahren letztendlich auch in Hinblick auf die Stellung des Happel-Stadions als denkmalgeschütztes Bauwerk.
"Die Pflege und Weiterentwicklung des denkmalgeschützten Bestands als eine der wichtigsten Architektur- und Ingenieursaufgaben wird hier ohne Not in einer Nacht-und-Nebel-Aktion 'erledigt' – ein Schelm, wer Böses denkt", so die Kammer weiter. Die Kammer selbst war für eine Stellungnahme zu den genannten Vorwürfen am Mittwoch nicht erreichbar.
Stadt weist Vorwürfe zurück
Auf Nachfrage von MeinBezirk.at weist die Stadt Wien die Behauptungen der Architektenkammer zurück. "Die Wiener Sportstätten haben bei der Ausschreibung die gesetzliche Frist nicht nur eingehalten, sondern um vier Tage überschritten", betont man bei der für den Ausschreibungsprozess zuständigen Wiener Sportstätten, einem Tochterunternehmen der Wien Holding.
Außerdem habe man die Totalnehmerleistung gewählt, "weil es sich um ein außergewöhnliches Projekt handelt, für das keine Blaupause existiert und bei dem die Einhaltung zeitlicher Fristen von großer Bedeutung ist. Abstimmungen und etwaige Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Projektpartnern wären dazu nicht dienlich". Das offene, EU-weite Ausschreibungsverfahren hätte "maximale Transparenz" garantiert.
Auch seien laut den Sportstätten einige Dinge im Schreiben der Architektenkammer nicht korrekt. "Der Brandschutz wurde in der Ausschreibung natürlich berücksichtigt – genauso wie etwa die Belastung durch Wind, die Windkanaltests erfordert. Auch die Bemessung der Fundamente wurde bewusst konservativ gewählt, um auf der sicheren Seite zu sein", heißt es weiter.
"Erreichbar gewesen"
Darüber hinaus wäre man durchaus über die Weihnachtsfeiertage erreichbar gewesen. "Alternativ zu einem Anruf konnten Interessenten jederzeit per Mail um einen Besichtigungstermin anfragen, was von mehreren Unternehmen in Anspruch genommen wurde", merkt man an. Im Generellen wäre die "hohe Qualität" der Ausschreibung durch einen Bescheid des Bundesdenkmalamts unterstrichen, das keine Einwände gegen das Projekt gehabt und es als "sinnvoll und notwendig" beschrieben hätte. So zitiert man bei den Wiener Sportstätten aus dem Bescheid:
"Das Projekt setzt in seiner nun gleichfalls kleinteiligen, zarten und filigranen Gestaltung die Formensprache der Zuschauerüberdachung fort — ist also, bildlich gesprochen, der in formalästhetischer Sicht ‚verlängerte Arm‘ der Ingenieurleistung von 1985/86."
"So viel zum Vorwurf, Aspekte des Denkmalschutzes würden nicht berücksichtigt", kontert man bei der Wien Holding-Tochter.
Medienberichten zufolge hat die Architektenkammer das Verfahren beeinsprucht und einen Nachprüfungsantrag gestellt, der nun vom Verwaltungsgericht geprüft werden muss. Diese Verzögerung führt zu Unmut, wie aus dem Büro des zuständigen Stadtrats Peter Hacker (SPÖ) zu vernehmen ist.
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