2024-Bilanz
Weniger Klienten aber mehr Ausgaben bei Fonds Soziales Wien

- Der Fonds Soziales Wien (FSW) kümmert sich von der Pflege über die Behindertenbetreuung bis zur Wohnungslosenhilfe. 2024 musste man dafür deutlich mehr Geld in die Hand nehmen als noch ein Jahr zuvor. (Symbolfoto)
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Der Fonds Soziales Wien hat am Mittwoch seinen Geschäftsbericht für 2024 präsentiert. Auffallend: Mit 200 Klientinnen und Klienten weniger als 2023 gab es sogar einen kleinen Rückgang bei den Betreuten. Dafür stiegen die Ausgaben unterm Strich um rund 280 Millionen Euro. Für künftige Budgets denkt man bereits jetzt darüber nach, wie man gewisse Bereiche auch abseits von Mitteln der Stadt finanzieren könnte.
WIEN. Schon traditionell wird beim Fonds Soziales Wien (FSW) Bilanz über das abgelaufene Jahr gezogen. Am Mittwoch, 9. Juli, war es wieder soweit. "Soziale Sicherheit ist in Wien der Fonds Soziales Wien. Mit einer unglaublichen Kundenzufriedenheit von 96 Prozent, eine enorme Leistung", stellt Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gleich zu Beginn klar. Über sieben Prozent der Bevölkerung seien Kundinnen und Kunden beim FSW, rechnet er vor. Bedeutet, dass sie in irgendeiner Form Leistungen beziehen.
Alleine 332.230 Anrufe am FSW-Kundentelefon wurden 2024 entgegengenommen. Hinzu kamen 296.750 Anrufe bei der Gesundheitsberatung, 1450. Außerdem wurden 62.710 Anträge auf Förderungen abgewickelt. Hinzu kamen 55.430 Hausbesuche und Bedarfserhebungen.
Neben den 700 Standorten und Einrichtungen werden zur Betreuung der Kundinnen und Kunden verwendet. Hier arbeitet der FSW auch mit 170 Partnerorganisationen zusammen. Dadurch würden 31.000 Arbeitsplätze direkt durch den FSW gesichert.
Mehr Ausgaben
Die Zahlen spiegeln jedoch auch die angespannte Situation bei den Budgetausgaben wider. Rückblick: 2023 wurden 145.700 Klientinnen und Klienten betreut, wofür gesamt 2,56 Milliarden Euro in die Hand genommen werden mussten. 2024 waren es mit 145.500 Betreuten sogar um 200 Personen weniger, welche eines der Services des FSW in Anspruch nahmen. Die benötigten Geldmittel der städtischen Einrichtungen stiegen jedoch um rund 280 Millionen Euro, also insgesamt auf 2,84 Milliarden Euro.

- FSW-Geschäftsführer Michael Rosenberg führt den Kostenanstieg auf die Teuerung und intensiver werdende Betreuungsmaßnahmen zurück.
- Foto: David Bohmann/Stadt Wien
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Immerhin: 93,6 Prozent des Budgets kamen direkt bei den Kundinnen und Kunden in irgendeiner Form an. Der Rest belief sich auf den Personalaufwand und sonstige Aufwendungen. Unter dem Strich empfangen so auch die Klientinnen und Klienten deutlich mehr Geld in Form von Leistungen, Förderungen und Co. 2023 waren es noch rund 2,4 Milliarden Euro, 2024 rund 2,66 Milliarden Euro. Es wurden also gerundet 260 Millionen Euro so vergeben.
Die Gründe für die Mehraufwände liegen auf der Hand, erklärt FSW-Geschäftsführer Michael Rosenberg: "Warum steigt unser Budget? Es sind die anhaltende Teuerung und die inflationsbedingten Mehrkosten, die hier Auswirkungen haben." Gleichzeitig würden die Leistungen für die Kundinnen und Kunden auch stets anspruchsvoller und damit kostenintensiver werden. Rosenberg betont aber auch: "Für den FSW steht die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit an oberster Stelle. Hinter jedem Euro steht jedoch eine Unterstützung eines Menschen. Zusätzlich sichern wir mit jedem Euro über 31.000 Arbeitsplätze in Wien."
Größter Brocken Pflege und Betreuung
Im Budget wie auch in den Betreuungszahlen schlägt sich kein Bereich so nieder als die Pflege. 58.790 Personen wurden durch den FSW betreut, ein kleines Plus von 1,2 Prozent an Klientinnen und Klienten (2023: 57.920). Gerade in diesem Bereich werden die Aufwendungen für die Durchschnittsklientin bzw. -klient immer größer, resümiert Susanne Winkler, ebenso Geschäftsführerin beim FSW: "Es zeigt sich, die Bevölkerung wird älter und damit auch immer steigt auch der Betreuungsaufwand."
So gab es bei den stark pflegebedürftigen Betreuten, die etwa einen Pflegeplatz benötigen, einen Zuwachs von 6,2 Prozent. Dies führt eben, wie ihr Kollege Rosenberg ansprach, neben der Teuerung, zu einem Anstieg des Finanzbedarfs auf 1,72 Milliarden Euro in dem Bereich. 2023 waren es noch 1,55 Milliarden Euro.

- FSW-Geschäftsführerin Susanne Winkler erklärt, dass die Pflege- und Betreuungsaufwände immer intensiver werden.
- Foto: David Bohmann/Stadt Wien
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Bei der Pflege setzt man beim FSW auf den Ansatz, Menschen so weit und lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu begleiten. Daher wurde die mobile Pflege zuletzt flexibler gestaltet. Auch kam erstmals ein Pilotvorhaben in Sachen Beratung, Unterstützung und Anleitung von pflegenden Angehörigen 2024 zum Einsatz. 700 Angehörigen wurden so zur Seite gestanden, im laufenden Jahr 2025 wurde der Pilotversuch zum Regelbetrieb. Zunahmen bei den Betreuungen gab es aber auch bei Spezialleistungen, wie im Falle von Demenz.
Auch die Betreuung von Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen fällt ins Gewicht. 15.290 Personen wurden hier begleitet, und damit in etwa gleich viele wie im Jahr 2023 (minus 30 Personen). 479 Millionen Euro wurden dafür aufgewendet. Auch hier steigert der FSW sein Betreuungsangebot. So gab es etwa im Bereich des Gebärdensprachdolmetschen eine Zunahme von 14,3 Millionen Euro.
Flüchtlingshilfe rückläufig
Ein weiterer großer Budgetposten ist die Flüchtlingsbetreuung, für welche der FSW in Wien ebenso zuständig ist. Positives Signal: Mit 48.750 Geflüchteten in der Grundversorgung gab es sogar einen kleinen Rückgang von 2,3 Prozent (2023: 49.910). "Ein leichter Rückgang, die Zahlen bleiben aber nach wie vor auf einem hohen Niveau aufgrund des anhaltenden Krieges in der Ukraine", bilanziert Winkler. Ein Drittel dieser Personen sei aus dem kriegsgebeutelten Land geflohen, ergänzt Kollege Rosenberg. 84 Prozent der Geflohenen wohnen in privaten Verhältnissen, also etwa in gemieteten Wohnungen.

- Die Präsentation fand in den Räumen des FSW statt.
- Foto: David Bohmann/Stadt Wien
- hochgeladen von Johannes Reiterits
Positive Signale gäbe es hier auch vom Arbeitsmarkt für den FSW. Denn die größte Gruppe der Betreuten sei auch beim AMS für Jobmaßnahmen gemeldet, womit man sich hier Kosten mit der Bundesstelle teilen kann. Trotzdem wurden vom FSW alleine 2024 1.700 Deutschkurse angeboten. So gab es Ausgaben in der Höhe von 298 Millionen Euro in der Flüchtlingshilfe.
Mehr Frauen bei Wohnungslosenhilfe
Den deutlichen Anstieg bei Klientinnen und Klienten gab es neben dem Pflegebereich bei der Wohnungslosenhilfe. 13.220 Menschen ohne Wohnung oder Obdach nutzten 2024 Angebote des FSW, um 3,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (2023: 12.750). Geht man ins Detail, sei hier vor allem ein Faktor laut Winkler positiv zu sehen: Im Vergleich zum Vorjahr nutzten deutlich mehr Frauen die Angebote. Dies sei ein Zeichen dafür, dass vielen von ihnen aus der verdreckten Wohnungslosigkeit geholfen werden konnte.

- Besonders bei der Gruppe der Frauen bemerkte der FSW einen Anstieg in der Wohnungslosenhilfe. Ein positives Zeichen, wie man anmerkt. (Symbolbild)
- Foto: Wolfgang van de Rydt/Pixabay
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Zusätzlich zum ganzjährigen Regelangebot von 4.650 Plätzen und 2.400 Betreuungseinheiten wurden neue Einrichtungen wie das Nachtzentrum Obdach Sautergasse und das Chancenhaus Rossauer Lände eröffnet. Der FSW verfolgt in dem Bereich den sogenannten Housing First Ansatz. Als oberste Prämisse gilt hier, dass Betroffene wieder selbst zu einer langfristigen privaten Bleibe kommen. Die Kapazitäten wurden hier weiter, knapp 5.000 Menschen könnten so auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden begleitet werden. Im Hinblick auf Schuldnerberatung gab es 2024 einen leichten Rückgang. 12.750 Personen wurden beraten, 2023 waren es noch 12.750.
Neue Strategie der Finanzierung
Auch wenn das Jahr 2025 bereits zur Hälfte vorüber ist, so ist das Endbudget dafür noch nicht fixiert. Sozialstadtrat Hacker appelliert hier, angesichts des hohen Volumens der Mittel, die beim FSW benötigt werden, hier nicht am Jahresanfang zu evaluieren, sondern sich den Anforderungen während des laufenden Geschäftsjahres auseinanderzusetzen.

- Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) versichert: Auch wenn man nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten auch im Sozialbereich sucht, die Unterstützung der Wienerinnen und Wiener in dem Bereich bleibt in der Hand der Stadt.
- Foto: David Bohmann/Stadt Wien
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Interessanter Aspekt: Es sollen für die Zukunft auch alternative Investitionsformen gesucht werden. Diese würden, ebenso wie im Spitalswesen, derzeit ausgearbeitet. Damit sollen die Budgetzuwendungen der Stadt minimiert werden. Wie diese Investitionsformen genau aussehen werden, darüber gibt es noch keinen genauen Einblick.
Einen kompletten Rückzug der Stadt und völlige Auslagerung gewisser Bereiche auf private Dienstleister in sozialen Belangen lehnt Hacker jedoch ab. Der Bereich liege in der politischen Verantwortung. Neos-Gesundheitssprecherin Jing Hu betont dazu beim Pressetermin: "Gerade in herausfordernden Zeiten zeigt sich, wie wichtig ein starkes soziales Netz in unserer Stadt ist. Aus diesem Grund steht der soziale Zusammenhalt ganz oben im Regierungsprogramm der Aufschwungskoalition. Dafür steht der FSW, dafür arbeiten wir als Regierungskoalition aus SPÖ und Neos gemeinsam."
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