Ostumfahrung Wiener Neustadt
Gegner gehen in Offensive
Die Gegner der Ostumfahrung von Wiener Neustadt wenden sich nun mit einem Offenen Brief an Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und an die österreichische Bundesregierung. Aber es gibt auch ein Crowdfunding für den Kampf gegen das Straßenprojekt.
WIENER NEUSTADT. "Österreich hat mit rund 127.000 Kilometern bereits eines der dichtesten Straßennetze Europas. Trotzdem will die Politik immer noch neue Straßenprojekte wie die 'Ostumfahrung' in Wiener Neustadt durchboxen", sagt Helmut Buzzi von der Plattform "Vernunft statt Ostumfahrung", die das große Straßenbauprojekt zwischen Wiener Neustadt und Lichtenwörth verhindern will. Gemeinsam mit dem WWF, Fridays-For-Future, Build for Future und dem VCÖ hat er nun mit seinen Mitstreitern einen Offenen Brief an Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und an die österreichische Bundesregierung geschickt - ein Auszug daraus:
"Österreich verbraucht rund 13 Hektar Boden pro Tag und liegt bei den Straßenkilometern pro Kopf im europäischen Spitzenfeld. Dennoch werden derzeit im ganzen Land neue große Straßenprojekte geplant und genehmigt. Diese Projekte widersprechen allen Klimazielen und versiegeln wertvolle Böden, wodurch mittel- und langfristig die Ernährungssicherheit bedroht wird. Nicht zuletzt zerstört die Verbauung wertvolle Erholungsräume für die Bevölkerung. Und wir als heutige Erwachsenen-Generation haben die große Verantwortung, unseren Kindern eine intakte Umwelt zu übergeben."
Buzzi erklärt, dass für die Trasse der Wiener Neustädter Ost-Umfahrung 20 Hektar Ackerland zubetoniert werden sollen, "und auf weiteren 60 Hektar sollen infolge zusätzliche Gewerbeflächen rund um die neue Straße entstehen. Es ist somit die seit Jahren klimaschädlichste Weichenstellung im südlichen Niederösterreich."
Mehr Straßen, mehr Verkehr
Bei der Plattform "Vernunft statt Ostumfahrung" erklärt man, dass es in der Verkehrswissenschaft vielfach bestätigt ist, dass zusätzliche Straßen zu zusätzlichem Verkehr führen. "Selbst nach den Prognosen des Bauherrn, des Landes Niederösterreich, wird dieses Projekt Wiener Neustadt keine Entlastung bringen. Auf fast allen Abschnitten wird es sogar mehr Verkehr geben – und das trotz der angekündigten knapp 15.000 Fahrzeuge pro Tag auf der Ostumfahrung."
Gemeinsam fordert die Umwelt-Allianz den sofortigen Stopp der Ostumfahrung und einen österreichweiten Bodenschutz-Vertrag gegen den ausufernden Flächenfraß. Aufgrund der Klimaziele und der öffentlichen Interessen Naturschutz, Gesundheit und regionale Ernährungssicherheit sollen Straßenbauprojekte gestoppt und neu bewertet werden.
„Bodenschutz, Klimaschutz, Artenvielfalt und Ernährungssicherheit sind für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Österreich extrem wichtige Themen. Doch mit der derzeitigen Verbauungsrate setzt Österreich seine Lebensgrundlage aufs Spiel”, warnt Buzzi. „Die Ostumfahrung ist eine politische Mogelpackung. Selbst laut der eigenen Studie des Landes Niederösterreich gibt es keine Verkehrsreduktion in der Stadt. Dafür zerschneidet das Projekt den letzten Grüngürtel um Wiener Neustadt, versiegelt hochwertige Ackerböden und zerstört ein Natura-2000-Schutzgebiet.”
Umweltschutzorganisationen unterstützen
Derzeit verbraucht Österreich im Schnitt fast 100 Quadratmeter Boden pro Minute, warnt die Naturschutzorganisation WWF Österreich. „Neue Straßenbauten zählen zu den größten Boden- fressern und befeuern sowohl die Klimakrise als auch das Artensterben. Anstatt einer auto-zent- rierten Verkehrspolitik muss die Politik naturverträgliche Lösungen entwickeln und den rücksichts- losen Flächenfraß stoppen. Österreich braucht dringend einen wirksamen Bodenschutz-Vertrag”, fordert WWF-Bodenschutz-Sprecherin Maria Schachinger.
Michael Schwendinger (VCÖ) weiß aus Studien: „Neue Straßen werden immer noch mehr Verkehr anziehen.“ Im Fall der „Ostumfahrung“ weist er darauf hin, dass bisher darauf verzichtet wurde, umweltfreundliche und zeitgemäße Alternativen zu prüfen und unabhängige Fachleute einzubeziehen. „Der Verkehrssektor ist beim Klimaschutz unser größtes Sorgenkind!“
Auch aus Sicht der Raumplanung werden bei vielen Straßenbauprojekten die falschen Weichen gestellt, findet Verena Matlschweiger (Build for Future): „Es wird an vor Jahrzehnten geplanten Projekten festgehalten, obwohl sich die Rahmenbedingungen komplett geändert haben. Die Gemeinden kämpfen um höhere Kommunalsteuern indem sie sich in ihre Peripherie ausdehnen. Dies geschieht auf Kosten der Ortskerne und letztlich der Allgemeinheit.“
Alina Koller (Fridays for Future Wiener Neustadt) fordert im Namen vieler junger Menschen Taten statt Worte: „Die Ostumfahrung wird die seit Jahren klimaschädlichste Weichenstellung in der Region sein, eine nicht tragbare Last für alle zukünftigen Generationen.“ Schon die Produktion der Baustoffe verursache rund 10.000 Tonnen CO2, dazu kommt noch die Bauphase und der jahr- zehntelange Betrieb. „Die 40 Millionen Euro Steuergeld können viel sinnvoller und in eine lebenswertere Zukunft für uns alle investiert werden.“
Crowdfunding: Protest kostet Geld
Rund 4.000 Unterzeichner*innen, darunter zahlreiche Prominente, haben bereits eine entspre- chende Petition gegen das Projekt unterzeichnet. Nun gibt es aber auch eine Crowdfunding-Aktion für die hohen Kosten des Protests gegen die Ostumfahrung, "vor allem für den Kampf auf juristischer Ebene", so Buzzi. So reichte etwa Georg Panovsky, der Initiator der Bürgerinitiative „Ostumfahrung - So nicht!“ vor kurzem eine Beschwerde gegen den Bescheid der Umweltverträglichkeitsprüfung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein, Panovsky fungiert dabei als Beschwerdeführer.
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