Krampus versus Nikolaus: Warum Brauchtum kein Erziehungsmittel ist

Foto: bilderbox
2Bilder

Krampus versus Nikolaus – so heißt der traditionelle Kampf zwischen Gut und Böse, der alljährlich im Advent ausgetragen wird. Aktuell läuft sogar ein Fantasyfilm über den bösen Krampus in den Kinos, der uns einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Doch was steckt hinter dieser Tradition? Was lernen Kinder aus diesem Brauchtum und ist es überhaupt noch zeitgemäß, sich vor einem kettenrasselnden Zottelmonster zu fürchten? Ursula Wisiak, Expertin für Medizinische Psychologie und Psychotherapie der Med Uni Graz räumt mit gewissen "Märchen" auf.

Im Laufe der Zeit haben sich in allen Kulturen verschiedene Bräuche herausgebildet, die bis heute weitergetragen und gepflegt werden. Viele Traditionen beruhen dabei auf einem religiösen Hintergrund. „Riten und Bräuche geben dem Jahreslauf Konturen sowie eine symbolische Bedeutung von Religion und Welt“, so Wisiak. Die Pflege gelebter Traditionen beeinflusst das familiäre Leben positiv, da es dadurch auch zu einem gemeinsamen Erleben kommt. „Traditionen stärken das Wir-Gefühl und es werden Werte und Normen weitergegeben. Man erlebt Liebe und Verantwortung, wodurch der Zusammenhalt einer Familie, aber auch Freundschaften gestärkt werden. Kinder erleben eine Einheit, die sie als Familie einzigartig macht und ihre Identität stärkt“, so die Expertin der Med Uni Graz.

Entwicklungspsychologen sehen im kindlichen Bildungsprozess auch eine Konstruktion von Weltbildern, bei der Traditionen eine wichtige Rolle spielen, weil Brauchtum und Tradition und damit das Wissen um die Kultur und ihre Pflege an die nächste Generation weitergegeben werden.

Nikolaus und Krampus: Brauchtum ist kein Erziehungsmittel

Im Brauchtum treten Nikolaus und Krampus immer gemeinsam auf. Durch dieses gemeinsame Erscheinen soll signalisiert werden, dass das Gute stets über das Böse siegt, weil ja der Krampus dem Nikolaus schlussendlich zu gehorchen hat. Einst sind Nikolaus und Krampus gemeinsam von Haus zu Haus gezogen und haben die braven Kinder beschenkt und die schlimmen bestraft. Dem Nikolaus kam dabei immer die Aufgabe zu, dass letztlich das Gute über das Böse siegt. Dieser Vorgang ist jedoch immer mehr verloren gegangen, und der Krampus bleibt schlechthin die Verkörperung des Bösen. Er wurde auch als Erziehungsmittel eingesetzt, mit dem gedroht und bestraf wurde. Aus pädagogischer und psychologischer Sicht ist eine solche Art der Bestrafung als erzieherische Maßnahme vollkommen abzulehnen, da hier unter anderem eine ganze Liste von unerwünschtem Verhalten aus einem ganzen Jahr im Nachhinein geahndet wird. „Da kann sich das Kind an sein Fehlverhalten wahrscheinlich gar nicht mehr erinnern, und eine solche Bestrafung wirkt sich negativ auf die Beziehung zwischen Kind und Bezugsperson aus, wobei das Vertrauensverhältnis (man ist verraten worden!) getrübt wird“, warnt Ursula Wisiak. Weiters werden das Selbstwertgefühl, die Motivation und das aktive Verhalten negativ beeinflusst. Kindliche Ängste können massiv aktiviert werden.

Daher sollten sich Eltern genau überlegen, wie sie ein Nikolausfest gestalten und ob sie den Krampus ins Haus lassen. Das bedeutet auch, sich sehr sorgsam mit dem Ritual des Nikolausbesuchs auseinanderzusetzen und dem bestellten Nikolaus – mit oder ohne Krampus – sehr genau mitzuteilen, wie man sich als Eltern den Ablauf wünscht. „Hinweise von den Nikolaus- und Krampusagenturen selbst, man würde den Ablauf kindgerecht gestalten, sind nicht ausreichend“, so die Expertin.
Außerdem empfiehlt die Expertin, Kinder zu Krampusläufen nicht unbedingt mitzunehmen: "Die schaurigen Figuren, die teilweise heftig bis aggressiv agieren, versetzen durch Gebrüll, Glockengeläut sowie Ruten- und Kettenschläge Menschen und ganz besonders Kinder in Angst und Schrecken", so Wisiak.

Foto: bilderbox
Foto: pixabay
Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.