Hilfe in Millionenhöhe
Traiskirchen schnürt großes Entlastungspaket
Gratis Mittagessen und Nachmittagsbetreuung für Kindergarten- und Schulkinder, zusätzlicher Heizkosten- und Öffi-Zuschuss, Aussetzung der Erhöhung des Mietpreis-Index und eine Offensive beim Photovoltaik-Ausbau: Die Stadt Traiskirchen kämpft zielstrebig an vielen Fronten gegen die zwei großen Krisen unserer Zeit: der massiven Teuerungswelle und den Klimawandel. Dafür nimmt die SPÖ-regierte Stadt einige Millionen in die Hand. Das Paket wurde vom Gemeinderat einstimmig von allen Parteien beschlossen.
TRAISKIRCHEN. "Dinge, die die Grundbedürfnisse der Menschen betreffen, dürfen mit Spekulationen am freien Markt nichts zu tun haben!", betont Bürgermeister Andreas Babler. Um der seit einem Jahr wütenden Teuerungswelle entschieden entgegenzutreten, hat die Stadt Traiskirchen ein Entlastungs- und Förderungspaket in Millionenhöhe geschnürt. Betroffen sind einerseits Bereiche des öffentlichen Lebens wie Heizen, Wohnen, Mobilität und Kinder als auch das zweite brennende Thema unserer Zeit: der Klimawandel.
Traiskirchner Modell als Leuchtturm
"Seitens der Bundes- und Landesregierung kommen nur Einmal-Maßnahmen nach dem Gießkannen-Prinzip. Wir wollen den Menschen helfen, die es wirklich brauchen, und zwar langfristig. Die Einmalzahlungen sind jetzt, nach einem Jahr Teuerung, längst aufgebraucht", betont Ortschef Babler. Seit einigen Monaten hat er innerhalb der Stadt mit einer Expertenrunde beraten und getüftelt. Nun steht das "Traiskirchner Modell" zur Entlastung der Stadtbewohner fest. Höchste Zeit, denn:
"Jetzt sind wir soweit, dass die Großeltern-Generation auf ihre kleinen Sparbücher zurückgreifen muss, damit sie den Enkerln vielleicht ein Weihnachtsgeschenk kaufen können, weil sie diese 10, 20, 30 Euro einfach nicht mehr haben",
sagt Babler. Die Maßnahmen von Land und Bund haben keine nachhaltige Entlastung gebracht.
Jeder 5. ist armutsgefährdet
Laut Armutskonferenz sind 17 Prozent der Bevölkerung unter oder knapp an der Armutsgrenze. Fast jeder und jede fünfte ist betroffen. "Familien können sich teilweise ihre Wohnung nicht mehr leisten und sind auf der Suche nach kleinerem Wohnraum, um überhaupt über die Runden zu kommen", so Babler. Eltern melden ihre Kinder aus taktischen Gründen vom Essen in Schule und Kindergarten ab, weil sie es sich nicht mehr leisten können. Ein Punkt, an dem die Stadt zukünftig noch mehr unterstützen wird.
"Wir mussten in den vergangenen Jahren einiges ausgleichen, was die Bundesregierung nicht gemacht hat, zum Beispiel im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen. Bei einem Stadtbudget von rund 70 Millionen Euro ist das eine Herausforderung."
Gratis Essen für Kinder
Eine warme Mahlzeit für alle Kinder zu garantieren, ist einer der konkreten Maßnahmen des "Traiskirchner Modells". In Traiskirchen kostet eine Mahlzeit in einer Kinderbetreuungseinrichtung derzeit zwischen 3,70 und 4,80 Euro. Ab Anfang nächsten Jahres soll diese für einkommensschwache Familien gratis sein, ebenso die Nachmittagsbetreuung (Kosten derzeit im Kindergarten z.B. ca. 30 bis 80 Euro/Monat, je nach Stundenanzahl). Auch für alle anderen Eltern gilt: Der Preisdruck der Essenslieferanten wird nicht auf sie abgewälzt, die nötigen Preissteigerungen der Mahlzeiten übernimmt die Stadt Traiskirchen - für alle.
Weitere Maßnahmen
Die Mieten in den Gemeindewohnungen werden weiterhin nicht erhöht, auch die zweite Indexanpassung wird ausgesetzt. Auch bei öffentlichen Einrichtungen wie dem Stadtmuseum, der Bibliothek, dem Schwimmbad aqua splash und dem bald wieder öffnenden Eislaufplatz wird es keine Preiserhöhungen geben. "Wir möchten, dass alle am sozialen Leben teilhaben können", so Babler. Der Heizkostenzuschuss wird erhöht und die Karten für öffentliche Verkehrsmittel für einkommensschwache Traiskirchner gefördert. "Letztes Jahr wurde seitens des Landes der Zuschuss für das Semesterticket ersatzlos gestrichen. Auch hier sind wir als Stadt eingesprungen", sagt Babler.
Große Photovoltaik-Offensive
Traiskirchen war die erste Gemeinde Österreichs, die den Klimanotstand ausgerufen hat. Auch wenn die Teuerungskrise den Alltag schwer betrifft, möchte die Stadt den Klimawandel nicht ignorieren. "Wir sind die letzte Generation, die hier noch etwas bewirken kann", betont der Bürgermeister. Deshalb werden jetzt 850.000 Euro in die Photovoltaik-Offensive investiert. Auf allen öffentlichen Gebäuden, seien es die Feuerwehren, die Schulen oder das Dach der großen Eishalle, werden Paneele installiert. In den nächsten zwei bis drei Jahren kommen weitere 2 Millionen Euro für die "Rad- und Fuß-Offensive" dazu. 300.000 Euro investiert die Stadt für die Initiative "Raus aus Gas und Öl", 2,4 Mio. für LED-Beleuchtung und 2 Mio. für die wärmetechnische Sanierung.
"Wir arbeiten an einer Doppelbekämpfung beider Krisen. Wir haben uns bemüht, ein treffsicheres Paket zu machen. Wir sind sehr 'angefressen' und enttäuscht über die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung. Aber wir haben uns zum Ziel gesetzt, niemanden zurückzulassen",
betont Bürgermeister Babler.
Die Maßnahmen sollen sehr rasch umgesetzt werden, die Förderung des Klimatickets sogar rückwirkend ab 1. September. Für Gratis-Essen im Kindergarten etc. gilt als Stichtag der 1. Jänner, da hier die Bedarfserhebung abgewartet werden muss.
Menschlichkeit statt Parkhaus
Um dieses Förderungspaket zu schultern, wird ein anderes Millionenprojekt der Stadt zurückgestellt. Konkret geht es um ein geplantes Parkhaus im Stadtzentrum, welches zu späterer Zeit und in anderer Form realisiert werden soll. Menschen gehen in Traiskirchen vor Parkplätzen.
Die Pressekonferenz zum Nach-Sehen:
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