Team Österreich Tafel in Bruck
"Es war noch nie so herausfordernd"

Seit zwölf Jahren gibt es die Team Österreich Tafel in Bruck. Die Teuerungswelle sorgt für einen noch nie dagewesenen Ansturm auf die Lebensmittelspenden. Waltraud Rieder und Silke Jungbauer erzählen.

BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Unter dem Motto „Sammeln statt vergammeln, verwenden statt verschwenden“ wurde im März 2010 vom Radiosender Ö3 in Kooperation mit dem Roten Kreuz die Team Österreich Tafel ins Leben gerufen.

Der Zweck: Jeden Samstag sammeln ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des Roten Kreuzes in Supermärkten einwandfreie, aber nicht mehr verkäufliche Lebensmittel ein. Diese Überschuss-Lebensmittel werden dann unmittelbar an Menschen in Not ausgegeben, die auf diesem Weg verlässlich gute Lebensmittel bekommen.

Seit Beginn dieser Aktion hat die Rot-Kreuz-Bezirksstelle Bruck-Mürzzuschlag eine Vorreiterrolle eingenommen. Ausgabestellen gibt es in Bruck, St. Marein und Mürzzuschlag, betreut immer von den jeweiligen Ortsstellen. Wir haben uns in Bruck umgehört – Rede und Antwort sind uns Waltraud Rieder, sie leitet die Team Österreich Tafel in Bruck, und Silke Jungbauer, sie ist Rot-Kreuz-Bezirksgeschäftsführerin für Bruck-Mürzzuschlag, gestanden.

Waltraud Rieder: "So herausfordernd war es noch nie. Früher hatten wir 180 Menschen zu versorgen, jetzt sind es über 400." | Foto: Martin Meieregger
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Bedarf stark steigend

Allein in Bruck haben sich 420 Personen für eine Ausgabe bei der Team Österreich Tafel registrieren lassen – sozial bedürftige Menschen können dies in ihrer Wohnsitzgemeinde beantragen. "Im Schnitt kommen zwischen 300 und 350 Menschen jeden Samstag zur Ausgabestelle am Minoritenplatz in Bruck", erzählt Waltraud Rieder, die seit dem März des Vorjahres das Tafel-Team leitet.

Sie kann sich auf ein Team von rund 50 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern verlassen, das Samstag für Samstag im Einsatz ist. Seit dem Vorjahr stellt auch die Ortsstelle Kapfenberg ein Team. "Im Regelfall kommen die Helfer alle vier Wochen zum Einsatz, personell sind wir bestens aufgestellt", erklärt Waltraud Rieder.

Silke Jungbauer: "Es werden nicht mehr so viele Lebensmittel weggeworfen wie früher. Für unsere Ausgabestellen ist das schlecht." | Foto: Martin Meieregger
  • Silke Jungbauer: "Es werden nicht mehr so viele Lebensmittel weggeworfen wie früher. Für unsere Ausgabestellen ist das schlecht."
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Weniger Lebensmittel zur Verfügung

Was jedoch weniger wird, dass sind die Lebensmittelspenden. "Der ursprüngliche Gedanke war ja, dass wir der Lebensmittelverschwendung entgegen wirken", erzählt Silke Jungbauer. Mittlerweile aber hat sich in den Lebensmittelketten das Bewusstsein verankert, dass die Zeiten des überbordenden Konsums endgültig vorbei sind. "Da mit den Lebensmitteln ressourcenschonender umgegangen wird, fallen für uns auch weniger Lebensmittelspenden ab. Einerseits eine gute Entwicklung, andererseits für uns aber schlecht", so Jungbauer.

Die Zahl der bedürftigen Menschen, die auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, ist in den vergangenen Monaten drastisch angestiegen. Auslöser waren Menschen aus der Ukraine, die vor dem Krieg fliehen mussten, und Menschen, die sich Lebensmittel aufgrund exorbitant hoher Energiekosten, Produktions- und Rohstoffpreise schlicht und einfach nicht mehr leisten können. Eben weil kein Geld mehr im Börserl ist.

"So schlimm wie jetzt war es noch nie", erzählt Waltraud Rieder. Bislang war stets das Credo, dass kein hilfsbedürftiger Mensch abgewiesen werden soll. "Mittlerweile ist der Ansturm kaum noch zu bewältigen, weil nur Lebensmittel an jene Menschen ausgeben dürfen, die auch hier registriert sind. Leider ist es uns nicht möglich, Menschen aus dem Bereich Leoben zu versorgen, dafür fehlen uns die Ressourcen." – Im Bezirk Leoben gibt es nur in Eisenerz eine Ausgabestelle der Team Österreich Tafel, da hapert es vielfach an der Erreichbarkeit. Wenn schon das Geld für Lebensmittel knapp ist, dann ist ein eigenes Auto illusorisch.

Seit dem Vorjahr ist die Ausgabestelle der Team Österreich Tafel am Minoritenplatz 11 in Bruck. | Foto: Martin Meieregger
  • Seit dem Vorjahr ist die Ausgabestelle der Team Österreich Tafel am Minoritenplatz 11 in Bruck.
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"Wir wollen helfen, das ist ja auch unser Auftrag. Aber nur in einem uns zur Verfügung stehenden Ausmaß. Wir können leider nur jene Lebensmittel ausgeben, die uns zur Verfügung stehen", sagt Jungbauer.

Routine im Tagesablauf

Und so läuft ein Samstag bei der Team Österreich Tafel in Bruck ab: Um 9 Uhr in der Früh startet das erste Team die Sammeltour. Spenden stellen zur Verfügung: Spar, Eurospar, Interspar, Billa, Lidl, Hofer, Penny, Landforst, Jet-Tankstelle, DM und die Bäckerei Koini.

Um 14 Uhr beginnt das zweite Team ihre Sammeltour. Währenddessen beginnen die Helfer in der Sammelstelle die Lebensmittel einzusackeln. Dabei wird auf eine gerechte und ausgewogene Aufteilung geachtet. "Somit ist es egal, wann jemand an die Reihe kommt. Vom ersten bis zum letzten Sackerl haben alle die gleiche Chance, zu guten Lebensmitteln zu kommen", so Waltraud Rieder. Ab 18.45 Uhr startet die Lebensmittelausgabe.

"So herausfordernd war es noch nie. Früher hatten wir 180 Menschen zu versorgen, jetzt sind es über 400."
Waltraud Rieder

Dringend benötigt werden Lebensmittel aller Art, speziell jedoch Obst und Gemüse, nachgefragt sind aber auch Windeln und Slipeinlagen. Auch Sackerlspenden werden gerne angenommen. 

Spenden der Gemeinden

Jüngst haben die fünf Bürgermeister der Hochschwabregion die Spende der Hochschwabmeister an die Team Österreich Tafel als Warenspende übergeben. Auch der Spar-Markt Tuller in St. Katharein hat eine Tonne Lebensmittel übergeben. Die Idee ist nachahmenswert: Nach dem Einkauf können Kundinnen und Kunden bereits bezahlte Lebensmittel in einen Spendenkorb legen. Diese Spende wird regelmäßig ans Rote Kreuz übergeben. Auch in den Hofer-Märkten gibt es jährlich zu Weihnachten eine ähnliche Aktion.

"Wir sind für jede Spende dankbar – natürlich. Wenn wir uns etwas wünschen würden, dann nachhaltige und langfristige Spendenaktionen. Weil wir müssen ja jeden Samstag Lebensmittel an Bedürftige ausgeben", so Silke Jungbauer.

Dank an die Stadt Bruck

Die Ausgabestelle in Bruck befindet sich jetzt am Minoritenplatz 11, zuvor war sie in der Herzog-Ernst-Gasse. "Wir sind der Gemeinde Bruck dankbar, dass sie uns dieses Objekt zur Verfügung gestellt hat und auch die Kosten für die Miete übernimmt. Das ist keine Selbstverständlichkeit", sagt Silke Jungbauer.

"Es werden nicht mehr so viele Lebensmittel weggeworfen wie früher. Für unsere Ausgabestellen ist das schlecht."
Silke Jungbauer

Für die Team-Österreich-Tafeln in St. Marein sind rund 60 bedürftige Menschen registriert, in Mürzzuschlag sind es 200. In ganz Österreich gibt es 121 Ausgabestellen; 18.000 Haushalte können damit versorgt werden. 5.500 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer stehen dafür jeden Samstag im Einsatz; rund 33.300 Tonnen noch gute Lebensmittel können somit vor dem Wegwerfen gerettet werden.

So funktioniert die Team Österreich Tafel:

Überschüssige, einwandfreie Lebensmittel werden von Supermärkten, lokalen Lebensmittelgeschäften, Bäckern, Gemüsebauern, aber auch von Produzenten gespendet.
Team Österreich-Mitglieder holen die Lebensmittel ab und geben diese noch am selben Tag über die Team Österreich Tafel an Rotkreuz-Ausgabestellen an Menschen in Notlagen aus.

Kostenlos, ohne große Bürokratie und künstlich geschaffene Hürden. Solange Lebensmittel vorrätig sind, steht das Angebot der Team Österreich Tafel jedem zur Verfügung, der Unterstützung braucht.

Infos zur Team Österreich Tafel gibts hier

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