Hilfe, mein Sohn nimmt Cannabis!
Warum Eltern die Suchtberatungsstelle in Kapfenberg, Bruck und Mürzzuschlag aufsuchen.
Es läutet, die Polizei steht vor der Tür. Die Botschaft: Anzeige ihres Sohnes wegen Cannabiskonsums und Weitergabe illegaler Drogen. Wie es Eltern mit dieser Tatsache ergeht, das schildern die Suchtexpertinnen Barbara Hochstrasser und Vera Kaiser von der bas Suchtberatungsstelle Mürzzuschlag und Kapfenberg in ihrer aus vielen Gesprächen zusammengemixten Geschichte.
Dem Schock und Nicht-Wahrhaben-Wollen folgt die Realität. Was ist passiert? Unser Sohn war so unkompliziert. Gut: In letzter Zeit hat er sich immer mehr zurückgezogen. Ist ja normal in der Pubertät? Die Leistung am Gymnasium, die hat abgenommen. Viel unterwegs ist er gewesen. Dass seine Freunde nicht mehr auf Besuche kommen, fällt jetzt erst richtig auf. Gereizt und müde ist er schon oft, nicht mehr so aufgeweckt wie früher. Seine Hobbys? Die scheinen ihn nicht mehr zu interessieren – selbst seine große Leidenschaft – das Basketball.
Vieles erschließt sich erst jetzt. Seit dem Läuten der Polizei an der Tür hat uns das Thema "Drogen" fest im Griff. Konflikte, Kontrollversuche, gegenseitige Beschuldigungen, Drohungen und Taschengeldkürzungen – von früh bis spät. Das lapitare Argument unseres Sohnes: "Cannabis wird eh bald legalisiert. Es ist weit weniger schädlich als Alkohol." Als älteste Heilpflanze der Welt sei es sogar eine Medizin. Gegenargumente nutzen nicht. Was steigt, sind Hilflosigkeit und Ohnmacht. Schuldgefühle machen sich breit: "Sind wir als Eltern zu wenig liebevoll? Haben wir zu wenig Zeit? Sind wir zu wenig streng? Setzen wir die Grenzen zu spät?
Das Gefühlschaos steigt
Alles dreht sich um die Droge. Wird er auf härte Drogen umsteigen? Das Wohlergehen der Familienmitglieder ist in den Hintergrund gerückt, dafür sind Misstrauen und Kontrolle allgegenwärtig. "Sind seine Augen rot, hat er Cannabis geraucht? Ist er nur faul oder hat er sich in Graz wieder etwas besorgt? Dann die Nachricht, er habe gemeinsam mit Freunden Cannabis angebaut. So jetzt ist es vorbei mit der Geheimniskrämerei – und unseren Kräften. Wir suchen eine Suchtberatungsstelle auf.
Erst die Enttäuschung: Es gibt keine Tricks und Ratschläge, wie Eltern ihr Kind von Drogen abhalten können. Was hilft, ist das Gespräch mit außenstehenden Experten. Die Schuldgefühle werden weniger. Angst, Wut und Ohnmacht können frei ausgesprochen werden. Wir akzeptieren, es nicht kontrollieren zu können.
Kein Grund zum Schämen
Besprochen wird auch die Scham: "Mein Kind nimmt Drogen!" Die Gespräche bestärken uns, unseren Sohn wieder als jungen Mensch wahrzunehmen – mit seinen Fähigkeiten und Qualitäten. Statt ihm Vorwürfe zu machen, teilen wir ihm unsere Ängste und Sorgen mit. Er erklärt sich bereit, drei Beratungsstunden in Anspruch zu nehmen. Wir leben wieder mehr unser Leben. Die Sorge ist nicht weg, aber es ist leichter.
Beratung rund um das Thema Sucht
Die "bas Suchtberatung" in Bruck, Kapfenberg und Mürzzuschlag berät Menschen, die den Konsum von Alkohol, Medikamenten oder illegalen Drogen als problematisch erleben, Esstörungen haben oder dem Glücksspiel verfallen sind. Die Suchtexpertinnen beraten Betroffene und Angehörige. "Wir haben keine Anzeige-Pflichte, was es Suchtbetroffenen erleichtern soll, zu uns zu kommen", sagt Barbara Hochstrasser, die Regionalleiterin.
Die Journaldienste
bas Suchtberatung in Bruck sind jeden Donnerstag von 12 bis 13 Uhr – Tel. 0664/88 62 18 35; bas Suchtberatung in Kapfenberg jeden Mittwoch von 11.30 bis 12.30 Uhr – Tel. 0664/84 67 677 und bas Suchtberatung in Mürzzuschlag mittwochs 9 bis 10 Uhr – Tel. 0664/96 83 240.
Barbara Pototschnig
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