Seewiesen, Gemeinde Turnau
Hunde-Skandal: Immer noch kein Ende in Sicht

- Christoph Kuhn lebt mit seinen Schlittenhunden am Seeberg, Gemeinde Turnau. Dieses Idyll wurde jedoch jäh zerstört.
- Foto: Kuhn
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Der Skandal um eine rechtswidrige Hundeabnahme in Seewiesen, Gemeinde Turnau, geht weiter. Bis heute hat Christoph Kuhn drei seiner Hunde nicht zurückbekommen und auch keine Entschädigung erhalten – und das, obwohl es ein rechtsgültiges Urteil von Juli 2023 gibt.
SEEWIESEN/TURNAU. Im November des Vorjahres hat MeinBezirk, damals noch unter dem Namen Woche, über eine rechtswidrige Hundeabnahme in Seewiesen berichtet; ein rechtsgültiger Richterspruch vom Landesverwaltungsgericht vom 19. Juli 2023 hätte die leidliche Story nach einigen Monaten eigentlich beenden sollen – würde man glauben. Die Sachlage ist aber eine ganz andere.

- Christoph Kuhn mit einem seiner Schlittenhunde, drei fehlen leider immer noch.
- Foto: Jerb
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Tatsächlich hat Christoph Kuhn bis heute drei seiner Hunde nicht zurückbekommen; er hat auch keinerlei Entschädigung für den entstandenen Schaden oder das erfahrene Leid erhalten; die rechtswidrige Abnahme hatte bislang auch keinerlei Konsequenzen für die durchführenden Organe der Behörde, in dem Fall die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag. Ein Riesenskandal sozusagen. „Ich habe von Anfang an gespürt, dass da ein falsches, abgekartetes Spiel läuft. Die von der Behörde glauben offenbar, sie stehen über dem Gesetz, und das wird geduldet bis ganz oben hin“, so Kuhn resignierend.
Unglaublicher Fall
Kurz zur Erklärung: Kuhn waren im Dezember 2022 nach einer Anzeige zwölf Hunde behördlich abgenommen worden; angeblich würden die Hunde der Rasse "Alaskan Malamute" und "Alaskan Malamute Grönlandhunde" nicht artgerecht gehalten, hätten zu wenig Auslauf, würden Liegeschwielen aufweisen – der Besitzer war sogar mit dem Vorwurf der Tierquälerei konfrontiert.

- Christoph Kuhn war mit dem Vorwurf der Tierquälerei konfrontiert.
- Foto: Kern
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Wie sich aber im Laufe des Verfahrens herausstellte, war diese Abnahme aus mehreren Gründen völlig rechtswidrig. Daher sprach die Richterin am Landesverwaltungsgericht vom 19. Juli 2023 folgendes Urteil: „Die der belangten Behörde zurechenbare Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Form einer Tierabnahme gemäß §37 Abs. 2TSchG war rechtswidrig.“ Und weiter: „Die unverzügliche Tierabnahme (..) erweist sich mangels anderer veterinärmedizinisch relevanter Feststellungen als nicht vertretbar.“ Und weiter: „Ein solcher Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum ist unverhältnismäßig.“ Die Behörde wurde daher damals aufgefordert, unverzüglich den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
Bezirkshauptmann Bernhard Preiner reagierte damals, mit dem frischen Urteil konfrontiert, so: „Ich nehme zur Kenntnis, dass es ein Gerichtsurteil gibt. Wir haben nun dadurch den Auftrag bekommen, nach Maßgabe der Erkenntnis Handlungen zu setzen, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Wir arbeiten daran.“ Eindeutig, eigentlich. Und Kuhn als rechtmäßiger Hundebesitzer war damals zuversichtlich, bekam auch einige seiner Hunde wieder zurück. Aber: Bis heute hat Kuhn drei seiner Hunde nicht wieder bekommen.

- Hier in diesem Haus am Seeberg lebt Kuhn seit mehr als 30 Jahren.
- Foto: Kern
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Die Bezirkshauptmannschaft ist also dem klaren Auftrag des Landesgerichtes aus dem Jahr 2023 bis heute nicht nachgekommen. Auf diese Tatsache angesprochen reagiert Bezirkshauptmann Bernhard Preiner heute folgendermaßen: "Sie werden verstehen, dass ich dazu keine Auskunft geben kann und darf. Es handelt sich um ein laufendes Verfahren und aus Datenschutzgründen kann und darf ich dazu nichts sagen."
Zustand bislang unverändert
Das Problem dabei ist nämlich Folgendes: Drei der insgesamt zwölf Hunde wurden voreilig im Laufe des Verfahrens bereits weiter vermittelt und leben nun bei drei privaten Hundebesitzern. „Absolut nicht artgerecht“, wie Kuhn argumentiert und noch dazu rechtswidrig, weil sie ja immer noch sein Besitz sind. Außerdem, und das ist ein weiterer Skandal, wurden die Zuchthunde ohne seine Zustimmung kastriert.
Er hat inzwischen versucht, die drei neuen Hundebesitzer auf Herausgabe seiner Hunde, die ja nach wie vor sein Besitz sind, zu klagen – bislang ohne Erfolg. Ein Entschädigungsangebot von seiten des Landes Steiermark (Abteilung Verfassungsdienst, der im Allgemeinen für Entschädigungen zuständig ist) in Höhe von rund 8.000 Euro hat Kuhn ausgeschlagen, denn: "Das deckt ja nicht einmal meine bisherigen Anwaltskosten. Außerdem geht's mir nicht ums Geld, ich will meine Hunde wieder haben!"

- Kuhns Hunde sind spezielle Schlittenhunde, die eine besondere Haltung und Behandlung benötigen.
- Foto: Kuhn
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Waltraud Bauer-Dorner, Leiterin vom Verfassungsdienst im Land Steiermark dazu: "Es ist aktuell beim Obersten Gerichtshof auf zivilrechtlicher Basis ein Verfahren anhängig. Da geht's um die Frage, ob die Hunde herausgegeben werden müssen. Bis diese Frage geklärt ist, warten wir jetzt einmal zu, weil dies ja auch Auswirkungen auf einen allfälligen Vergleich hat." Mit einem Ergebnis rechnet Bauer-Dorner nicht vor Februar/März – es vergehen also bis dahin wieder wertvolle Monate.
Mehrere Folgeverfahren
Gegen die Juristin der BH und zwei Amtstierärzte kam es zwar zu einem Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauch und falscher Beweisaussage. Die Staatsanwaltschaft hat dieses Verfahren jedoch – mit fragwürdiger Begründung – eingestellt. Daraufhin wurde von Marc Simbürger, Kuhns Anwalt, ein Fortführungsantrag gestellt, damit die Ermittlungen fortgeführt und der Fall verhandelt wird. Die Entscheidung steht noch aus. Der Fall liegt nun beim Landesgericht, Simbürger hofft auf ein Ergebnis im November bzw. Dezember. „Aber momentan wird sehr auf Zeit gespielt. Die Behörde ist und bleibt untätig, es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum das alles so passiert“, so Simbürger kopfschüttelnd.

- Kuhn ist mit seinen Hunden im Sommer und Winter unterwegs und ist dementsprechend dafür ausgerüstet.
- Foto: Kern
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Außerdem gab es in diesem Zusammenhang ein Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark, weil die Bezirkshauptmannschaft Christoph Kuhn eine Strafverfügung wegen Tierquälerei geschickt hatte. In diesem Beschwerdeverfahren hat aber der dortige Richter laut Simbürger einen groben Fehler begangen: „Als Sachverständiger wurde in diesem Verfahren jener Amtstierarzt eingesetzt, der sich zuvor bereits als befangen im Fall Kuhn erklärt hatte und gegen den aufgrund des genannten Fortführungsantrags aufrecht wegen Amtsmissbrauchs und falscher Beweisaussage durch die Staatsanwaltschaft ermittelt wird – anstatt ihn als Zeugen einzuvernehmen. Das ist ein absoluter Skandal!“
Vom Büro LH-Stv. Anton Lang, zuständig für Tierschutz, war trotz mehrmaliger Nachfrage keine Stellungnahme zu bekommen.
Kuhn hat durch die vielen Verfahren mittlerweile sein gesamtes Erspartes aufgebraucht und ist völlig verzweifelt. Es ist fraglich, ob er seine drei noch fehlenden Hunde jemals wiedersehen wird. "Tiere sind für die Behörden offenbar gar nichts wert. Die Hunde leben bei ihren neuen Besitzern absolut nicht artgerecht, sie werden getrennt gehalten, obwohl sie Rudeltiere sind und auch die klimatischen Bedingungen sind ihnen alles andere als zuträglich. Ich kann schon nicht mehr. Ich möchte, dass das ganze endlich aufhört und ich endlich wieder meine Ruhe habe."
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