Hochsteirisches Wirtschaftsbarometer
Angst vor Rezession nimmt zu

Sehen einem herausforderndem Jahr entgegen: Regionalstellenobmann Erwin Fuchs und Regionalstellenleiterin Martina Romen-Kierner | Foto: Angelika Kern
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Noch profitieren die Unternehmen im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag von der guten Auftragslage, aber Teuerungswelle und Fachkräftemangel lassen die Angst vor einer Wirtschaftsrezension größer werden: die Analyse der jährlichen Konjunkturumfrage.

BRUCK-MÜRZZUSCHLAG. Der Ukrainekrieg und die damit verbundenen Folgen haben massive Auswirkungen auf die heimische Konjunktur. Im aktuellen Wirtschaftsbarometer der steirischen Wirtschaftskammer rutschen die Saldenwerte beim allgemeinen Wirtschaftsklima sowohl beim Ist-Stand (-14,1 Prozentpunkte) als auch bei den Erwartungen (-66,1 Prozentpunkte) deutlich ins Minus.

„Die Gefahr einer Rezession ist nicht mehr von der Hand zu weisen“, warnt Regionalstellenobmann Erwin Fuchs. Er fordert von der Politik endlich Taten statt Worte, vor allem, was die Eindämmung der horrenden Energiepreise betrifft. Diese werden von 84,9 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Hochsteiermark als größte Herausforderung für 2023 genannt, dicht gefolgt vom Arbeits- und Fachkräftemangel (75,6 Prozent).
„Wir stehen vor enormen Herausforderungen, für die es endlich praktikable Lösungsansätze braucht. Denn nicht alle Probleme sind auf den Ukrainekrieg zurückzuführen, wir müssen endlich auch im Land selbst unsere Hausaufgaben erledigen“, betont Fuchs.

Energiepreise bremsen die Wirtschaft

Fast schon ein Jahr tobt der Ukrainekrieg. Folge davon ist nicht nur menschliches Leid, sondern auch massive Teuerungen, ausgelöst durch horrende Energiepreise. Diese haben auch die Stimmung in der steirischen Wirtschaft massiv getrübt, wie die Einschätzung des allgemeinen Wirtschaftsklimas im neuen Wirtschaftsbarometer zeigt. In der Hochsteiermark geben 37,3 Prozent an, dass das Wirtschaftsklima sich verschlechtert habe, 23,1 Prozent sehen eine Verbesserung. 

Zumindest etwas besser – in Relation zum allgemeinen Wirtschaftsklima – wird die Entwicklung des eigenen Unternehmens bewertet. Sämtliche Salden befinden sich hier bei den Ist-Werten im Plus, wenngleich mit getrübtem Ausblick. Das Konjunkturprofil im Detail: Gesamtumsatz: +40,1 Prozentpunkte, Auftragslage: +25,9 Prozentpunkte, Preisniveau: +70,3 Prozentpunkte, Investitionen: +9,4 Prozentpunkte und Beschäftigung: +14,9 Prozentpunkte.

Forderung nach Gewerbetarif

„Die Situation ist ernst, die Herausforderungen groß. Diese dürfen von der Politik nicht länger nur verwaltet werden. Es braucht endlich entschiedene Taten, vor allem zur Senkung der horrenden Energiepreise“, betont Regionalstellenobmann Erwin Fuchs. Konkret fordert er die Einführung eines Strom-Gewerbetarifs für Klein- und Mittelbetriebe, der wie beispielsweise in Salzburg mit 15 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt ist, darüber hinaus müsse der Energiekostenzuschuss bis Ende 2023 verlängert werden.

Zusätzlich brauche es eine Strom- und Gaspreisbremse, „idealerweise auf europäischer Ebene und wenn das nicht möglich ist, auf Österreich-Ebene“, so Fuchs, der auch ein verstärktes Augenmerk auf die Sicherung der Energieversorgung im Land einfordert. „Wer den Klimaschutz ernst nimmt, muss den Ausbau sauberer Energien unterstützen. Derzeit sehen wir uns hier aber immer noch mit jahrelangen Verfahren konfrontiert, die wir uns in dieser Form nicht mehr leisten können“, verweist Fuchs auf die oftmals massiven Verzögerungen, wie im Fall des Ökospeichers Koralm.

Die regionale Wirtschaftskammer operiert mit regionalen Unternehmerinnen und Unternehmern stets auf Augenhöhe. | Foto: Regionalmedien Steiermark
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Akuter Handlungsbedarf

84,9 Prozent der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer in der Hochsteiermark sehen die hohen Energiepreise jedenfalls als eine der größten Herausforderungen für 2023. Auf Platz zwei (75,6 Prozent, Mehrfachnennungen möglich) liegt weiterhin der Arbeits- und Fachkräftemangel „Angesichts der herausfordernden Rahmenbedingungen ist dieser Wert bemerkenswert und zeigt, wie akut der Handlungsbedarf hier ist“, so Regionalstellenleiterin Martina Romen-Kierner.

Sie fordert darum eine grundlegende Reform. „Hier darf es bei Lösungsansätzen keine Denkverbote geben, speziell was Fachkräfte aus Drittstaaten betrifft. Wir dürfen beim Wettbewerb um die hellsten Köpfe und die geschicktesten Hände nicht ins Hintertreffen geraten. Deutschland hat dieser Tage ein neues Punktesystem mit wesentlichen Erleichterungen für den Fachkräfte-Zuzug angekündigt. Eine vergleichbare Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte wäre dringendst notwendig. Darüber hinaus müssen wir natürlich auch alle Potenziale im Land heben. Das beginnt beim Ausbau der Kinderbetreuung und reicht hin zu einer Reform des Arbeitslosengeldes und einer Forcierung der überregionalen Vermittlung“, betont Romen-Kierner.

Die Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten im kommenden Jahr ein Absinken der Auftragslage. | Foto: WKO Steiermark
  • Die Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten im kommenden Jahr ein Absinken der Auftragslage.
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Wirtschaftsentwicklung in der Hochsteiermark im Detail

UMSATZ. Die bisherige Umsatzentwicklung wird aufgrund der guten ersten Jahreshälfte zwar noch positiv bewertet (gestiegen: 59,8 %; gesunken: 19,6 %, Saldo: 40,1 Prozentpunkte), der Ausblick fällt jedoch zurückhaltender aus als im Frühjahr: So rechnet für die kommenden 12 Monaten zwar noch knapp ein Drittel (32,3 %) mit steigenden Umsätzen, jedes fünfte Unternehmen geht aber bereits von einer gegenteiligen Entwicklung aus. 

AUFTRAGSLAGE. Ähnlich fallen die Einschätzungen zur Auftragssituation aus. Mit einem Positivsaldo von 25,9 Prozentpunkten konnten sich in den vergangenen zwölf Monaten 45,2 % der Unternehmen über steigende Auftragszahlen freuen, bei 19,3 % waren diese rückläufig. In Bezug auf das kommende Jahr zeigt sich jedoch wachsende Skepsis: Nur mehr 9,0 % gehen von einer Verbesserung ihrer Auftragssituation aus, 24,6 % rechnen mit einer Verschlechterung.

PREISE. Außergewöhnlich hoch bleibt im Herbst 2022 die Preisdynamik und entwickelt sich damit zu einem wirtschaftlichen Problembereich. 71,9 % der Unternehmen mussten in den vergangenen 12 Monaten die gestiegenen Preise für Energie, Rohstoffe, Vorleistungen, Material an ihre Kunden weitergeben. 77,3 % rechnen auch in den kommenden 12 Monaten mit einem (weiteren) Anstieg ihres Preisniveaus, während nur 5,5 % von einer Verringerung ihrer Verkaufspreise ausgehen.

INVESTITIONEN.
Vor dem Hintergrund der Rekordinflation und des steigenden Zinsniveaus dürfte die Investitionskonjunktur im nächsten Jahr merklich abflauen. Zwar plant noch gut ein Viertel sein Investitionsvolumen auszuweiten, gleichzeitig werden aber 28,6 % der Unternehmen ihre Investitionen eher zurückfahren.

BESCHÄFTIGUNG. Die Nachfrage nach Personal erwies sich bisher als ungebrochen (Saldo bis-her: 14,9 Prozentpunkte). Aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage ist aber im kommenden Jahr mit einem Rückgang der Arbeitskräftenachfrage zu rechnen (Erwartungssaldo: 2,9 Prozentpunkte). Der Fach- und Arbeitskräftemangel bleibt dennoch für 75,6 % der Betriebe eine große Herausforderung.

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