Situation im Handel: "Wie eine Hochzeit ohne Braut!"

Wann geht es aufwärts? Heribert Krammer: "Nur die Impfung bringt uns die Normalität zurück, das Testen hilft dem Handel nicht." | Foto: Martin Meieregger
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  • Wann geht es aufwärts? Heribert Krammer: "Nur die Impfung bringt uns die Normalität zurück, das Testen hilft dem Handel nicht."
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Seit 1992 gibt es das Einkaufszentrum ece in Kapfenberg. Nächstes Jahr feiert man den Dreißiger. Fast wehmütig zeigt ece-Inhaber Heribert Krammer auf das Teamfoto anlässlich des 20-jährigen Jubiläums. "Nächstes Jahr stellen wir dieses Foto nach - hoffentlich bereits ohne den mittlerweile üblichen Corona-Abstand", sagt Krammer.

Foto: Martin Meieregger

Von Corona-Maßnahmen und den beiden Lockdowns ist auch das ece betroffen. "Uns fehlen momentan rund 1.000 Besucher pro Tag", erzählt Heribert Krammer bei einem Rundgang, die übliche Tagesfrequenz liegt bei 7.000 bis 8.000 Kunden. 14 der 45 Geschäfte hatte durchgehend geöffnet, deswegen beträgt das Minus auch "nur" 4,9 Prozent, noch 2019 lag der Umsatz des innerstädtischen Einkaufszentrums bei 67 Millionen Euro.

Trotz der coronabedingten Krise in der Handelsbranche gibt es keinen Leerstand. Ein neuer Handy-Shop, eine ökologische Autowaschanlage, ein Barber-Friseur eine Foto- und Kopiershop sowie ein regionaler Blumenladen sind die neuen Mieter, die sich im vergangenen halben Jahr im ece eingemietet haben.

Zukunftspläne trotz Krise

Auch für 2021 gibt es Pläne: Eine Gemeinschaftspraxis für Ärzte ist ebenso in Planung, wie ein Fachgeschäft für Damen- und Herrenmode (Thomas Marchler) wie eine Vergrößerung des TEDI-Marktes und eine Erweiterung des wöchentlichen Bauernmarktes.

Heribert Krammer skizziert die Zukunft der Einkaufszentren. | Foto: Martin Meieregger
  • Heribert Krammer skizziert die Zukunft der Einkaufszentren.
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Die allgemeine Situation im Handel bewertet Krammer mit dem Titel "Wie eine Hochzeit ohne Braut!" Solange die Gastronomie geschlossen hat, fehlt das Einkaufserlebnis und das Wohlfühlerlebnis eines Einkaufszentrums oder einer Fußgängerzone. "Die menschen kaufen jetzt nur das Nötigste."

Gewinner & Verlierer

Die großen Profiteure der Corona-Krise sind Onlinehandel, Lebensmittelhandel sowie Möbelhäuser und Baumärkte. Verloren hat ganz massiv die Textilbranche, weiters Schuhgeschäfte, Schmuckanbieter und der Spielesektor.

Keine Hilfe vom Staat

Staatliche Unterstützung hat es für den Betreiber des Einkaufszentrums nicht gegeben, einzig für die jeweiligen Geschäfte und Mieter. "Ich hätte schon 30 Prozent an Mieteinnahmen verlieren müssen, damit ich Zuwendungen in Anspruch nehmen hätte können, aber da wäre ich längst Pleite."

Erneuerungen in ganz Österreich

Als Projektentwickler ist Heribert Krammer in ganz Österreich tätig. Das Einkaufszentrum "Steiner Tor" in Krems wurde modernisiert, heuer sind solche "Refreshments" in Leibnitz, Eisenstadt, Leoben, Liezen und Bischofshofen geplant.

Ins Leibnitzer Einkaufszentrum Weinland fließen sechs bis sieben Millionen Euro in die Neugestaltung. In Eisenstadt kümmern sich Krammer & Wagner um die Revitalisierung des EZE.
In Liezen hat Krammer die Übernahme der Arkade durch die Tiroler Pletzer Gruppe in die Wege geleitet, jetzt wird die Arkade in ein multifunktionales Nahversorger-Zentrum umgestaltet. Und in Leoben wird das Fachmarktzentrum Star Center um sechs Millionen Euro neu ausgerichtet.

Keine Zukunft im Osten

Zurückgezogen haben sich Krammer & Wagner aus Osteuropa. "Die guten Zeiten in Rumänien, Kroatien, Serbien und Bosnien sind endgültig vorbei. Die Finanzierung ist in den vergangenen Jahren völlig eingebrochen – Nachwirkungen der Finanzkrise 2008/09. Jetzt investieren dort nur mehr superreiche Oligarchen."

Wann geht es aufwärts? Heribert Krammer: "Nur die Impfung bringt uns die Normalität zurück, das Testen hilft dem Handel nicht." | Foto: Martin Meieregger
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Dafür gehen dem Produktentwickler Krammer in Kapfenberg die Visionen nie aus. "Ein Kino wäre schon, vielleicht eine Bowlingbahn. Und in fünf Jahren kommt sowieso die Fusion von Bruck und Kapfenberg und dann warten die großen Player der Handelsbranche."

Einen Seitenhieb auf die Kommunalpolitik muss er doch noch anbringen: "Gebe es die fusionierte Stadt Bruck-Kapfenberg bereits, dann wäre die Finanzierung des eben gescheiterten Bildungscampus im Leiner-Haus ein Klacks gewesen. So bäckt man eben weiterhin kleine Brötchen."

Heribert Krammer im O-Ton:

Mit seiner Firma Krammer & Wagner beschäftigt sich Heribert Krammer sehr intensiv mit Produktentwicklung. Das klassische Einkaufszentrum gibt es aus seiner Sicht bald nicht mehr.

Multifunktional: "Wir reden von multifunktionellen Centern, die viel mehr können, als bisher von einem Einkaufszentrum verlangt wurde. Einkaufen, Arbeiten, Wohnen, Essen, Vergnügen, Freizeit, Sport und Entertainment – alles unter einem Dach, sozusagen eine Miniaturstadt in einer Stadt. Das wäre auch eine Chance für innerstädtische Zentren und würde den Innenstädte wieder frisches Leben einhauchen."

Erneuerung: Je besser die oben erwähnten Bereiche in einem Center abgebildet werden, umso erfolgreicher wird son ein Center sein. Ich rede hier nicht von Zentren, die aus dem Boden gestampft werden, sondern von Revitalisierungen von bestehenden Einkaufszentren. Ein Ausweichen auf die Grüne Wiese wird immer schwieriger, hier greift verstärkt die Raumordnung ein, um die Ausbreitung einzudämmen."

Verdrängungswettbewerb: "Der österreichische Markt ist in Bezug auf Einkaufszentren übersättigt. Es findet ein reiner Verdrängungswettbewerb statt. In der Vergangenheit haben sich die Gemeinden zu oft gegeneinander ausspielen lassen. Ich hätte gehofft, dass diese Zeiten vorbei sind, leider ist das nicht so, wie Beispiele in Kapfenberg es zeigen."

Die Führungsriege des ece

Michelle Waldner, jüngste Centerleiterin Österreichs. | Foto: Martin Meieregger
  • Michelle Waldner, jüngste Centerleiterin Österreichs.
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Heribert Krammer ist Eigentümer des ece und 50 Prozent der Krammer & Wagner Projektentwicklung und Immobilien GmbH. Centerleiterin ist Michelle Waldner (Bild), Konsulentin ist Theresia Wilfinger, die bis vor zwei Jahren für die Einkaufszentren in Osteuropa zuständig war.

Infos zum ece gibt es hier

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