LH Doskozil
„Der Mindestlohn wäre gerade jetzt die richtige Antwort“

LH Hans Peter Doskozil will Maßnahmen wie das Bonusticket für den Tourismus oder den gut angenommenen Handwerkerbonus auch 2021 weiterführen. | Foto: LMS
2Bilder
  • LH Hans Peter Doskozil will Maßnahmen wie das Bonusticket für den Tourismus oder den gut angenommenen Handwerkerbonus auch 2021 weiterführen.
  • Foto: LMS
  • hochgeladen von Christian Uchann

Interview mit LH Hans Peter Doskozil über das – auch für ihn persönlich – herausfordernde Jahr 2020, die Corona-Hilfsmaßnahmen des Landes, die Ausweitung des Mindestlohns von 1.700 Euro netto und die von Parteichefin Rendi-Wagner geforderte Vier-Tage-Woche.

BEZIRKSBLÄTTER: Sie sind im November positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Wie haben Sie die Zeit danach erlebt?
HANS PETER DOSKOZIL: In der ersten der drei Wochen ging es mir relativ gut – ohne gröbere Symptome. Dann hat es begonnen wie bei einer schweren Grippe mit extrem starkem Kopfweh. Ich habe mir das nicht so intensiv vorgestellt. Ich kann nur jedem raten, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Im März mussten Sie sich der dritten Stimmband-Operation unterziehen. Wie geht es Ihnen jetzt?
Ich bin zufrieden. Vor allem angesichts der Empfehlung eines Arztes im Jahr 2019, mir einen anderen Beruf zu suchen, bei dem ich keine Stimme brauche. Aber natürlich muss ich regelmäßig Stimmtraining machen. Vor allem das linke Stimmband erfüllt nicht die Kapazität, wie sie sein sollte.

Beschäftigten Sie sich eigentlich mit dem Gedanken, aufgrund Ihrer Stimmbandprobleme den Beruf zu wechseln?

Ich steck’ nicht gleich den Kopf in den Sand. Das wäre nur ein Thema gewesen, wenn ich keine andere Option gehabt hätte. Der behandelnde Arzt in Leipzig hat mir aber eine klare Perspektive gegeben.

Kommen wir zur Corona-Pandemie. Sie haben sich im Mai für eine Impfpflicht unter gewissen Umständen ausgesprochen. Hat sich daran etwas geändert?
Jetzt über eine Impfpflicht zu diskutieren, wäre falsch. Jetzt muss die Bevölkerung aufgeklärt und in einer ersten Phase auf die Freiwilligkeit gesetzt werden. Ich vermisse aber eine umfassende Information für die Bevölkerung.

Wird es im Burgenland dazu eine Informationskampagne geben?
Ja, es wird in den kommenden Wochen seitens des Landes in Abstimmung mit der Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium zusätzliche Informationsmaßnahmen geben.

Wird es im Burgenland 2021 noch weitere Corona-Maßnahmen geben – neben den bereits bestehenden?
Wir müssen jedenfalls das Bonusticket für den Tourismus weiterführen, so wie auch den Handwerkerbonus, der massiv angenommen worden ist. Im Jahr 2020 waren es rund 10 bis 11 Millionen Euro Förderungen. Das ist ein riesiges Potenzial für die Wirtschaft. Und was 2021 richtig anlaufen wird, ist der Fonds für die Beteiligung an Firmen.

Diese Beteiligungen gibt es ja schon …
Ja, die ehemaligen Firmen Stangl und Zimmermann wurden bereits aufgefangen. In beiden Fällen beteiligt sich das Land mit 25 Prozent. Damit können diese Firmen – mit völlig neuen Eigentümern bzw. unter einer völlig neuen Führung – fortgeführt und Arbeitsplätze gesichert werden. Auch beim Kurhaus Marienkron gibt es eine Beteiligung.

Nach welchen Kriterien werden Beteiligungen eingegangen?
Es muss natürlich aufgrund der Auftragslage und aufgrund der Wirtschaftsprüfung eine positive Prognose erstellt werden. Bei den Nachfolgegesellschaften der früheren Firmen Stangl und Zimmermann war das möglich. Daher war der Einstieg ganz klar. Wir haben damit gemeinsam mit den neuen Mehrheitseigentümern für die gesamte Region wichtige Betriebe und Arbeitsplätze gerettet.

Von einer Vier-Tage-Woche, wie sie von der SPÖ-Parteichefin gefordert wird, hält LH Hans Peter Doskozil nicht viel. Man müsse sich auf ein Thema konzentrieren, und das ist seiner Ansicht nach der Mindestlohn. | Foto: LMS
  • Von einer Vier-Tage-Woche, wie sie von der SPÖ-Parteichefin gefordert wird, hält LH Hans Peter Doskozil nicht viel. Man müsse sich auf ein Thema konzentrieren, und das ist seiner Ansicht nach der Mindestlohn.
  • Foto: LMS
  • hochgeladen von Christian Uchann

Das Landesbudget sieht für 2021 eine Neuverschuldung von 118 Millionen Euro vor. Muss man der Bevölkerung nicht deutlich klarmachen, dass der Geldhahn nicht ewig weiterfließen wird?
Das leuchtet jedem ein, der einen Haushalt führen muss. Man kann sich nicht jedes Jahr in dieser Dimension verschulden. Wir haben aber jetzt den Vorteil einer Niedrigzinslage. Wir können uns höchstwahrscheinlich auf 20, 30 Jahre mit fast null Prozent über die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur verschulden. Wenn man die Inflation gegenrechnet, ist das eine sehr günstige Situation. Das bedeutet aber nicht, dass das ausufern darf.
Hier müssen wir den Beweis antreten, dass die öffentliche Hand auch wirtschaften und effizient sein kann.

Werden die großen Infrastrukturprojekte des Landes trotz der angespannten finanziellen Situation weitergeführt?
Man kann natürlich verschieben, aber je länger man wartet, umso teurer wird es. Das ist jetzt zu machen – wie etwa der Spitalsbau in Oberwart.

Wird es eine weitere Ausweitung des Mindestlohns von 1.700 Euro netto geben?

Der nächste Schritt, den wir im Bereich des Mindestlohns machen werden, ist der gesamte Pflegebereich. Auf der einen Seite haben wir den mobilen Pflegedienst in Neusiedl übernommen, um dort auch einen Einblick zu gewinnen, wie kann man das organisieren, es besser finanzieren und das System effizienter machen kann.

„Wir müssen den Beweis antreten, dass die öffentliche Hand auch wirtschaften und effizient sein kann.


In der Privatwirtschaft bleibt der Mindestlohn von 1.700 Euro aber in weiter Ferne …

Der Mindestlohn in die Privatwirtschaft zu tragen, das klingt auf den ersten Blick in Corona-Zeiten verrückt. Aber das wäre jetzt genau die richtige Antwort. Denn die Leute, die den Mindestlohn von 1.700 Euro netto bekommen, stecken diesen zu 90 bis 95 Prozent in den Konsum. Und das kurbelt die Wirtschaft an. Das ist auch der Unterschied zur Mindestsicherung und wäre sozialpolitisch der richtige Schritt.

Derzeit aber politisch nicht umsetzbar.
Dass eine ÖVP-dominierte Bundesregierung den Mindestlohn nicht umsetzen will, überrascht mich nicht. Aus meiner Sicht würde der Mindestlohn kommen, wenn die Sozialdemokratie in der Bundesregierung vertreten wäre. Auch gesetzlich, und ohne Rücksicht auf irgendwelche Befindlichkeiten der Sozialpartner.

Während die SPÖ Burgenland den Mindestlohn forciert, wirbt Parteichefin Rendi-Wagner für die Vier-Tage-Woche. Sind nicht beide Forderungen verfolgenswert?
Man muss realistisch sein. Jetzt von der Wirtschaft eine Vier-Tage-Woche und 1.700 Euro Mindestlohn abzuverlangen, ist ein Brief an das Christkind. Das wird nicht gehen. Man muss sich auf ein Thema konzentrieren und das umsetzen. Und das wichtigste Thema ist, jene Leistungsträger zu unterstützen, die mit ihrem Lohn kaum den Lebensunterhalt bestreiten können. Diejenigen, die am wenigsten verdienen und mit 1.200 Euro netto auskommen müssen, haben nichts davon, wenn sie nur vier Tage in der Woche arbeiten müssen. Die stellen sich dann die Frage, was sie in den restlichen drei Tagen machen, damit sie mehr verdienen. So realistisch muss man sein. Alles andere ist eine rein akademische Diskussion.

„Wir haben schon viele Chancen verpasst, sonst würden wir nicht bei 20 Prozent herumdümpeln.“

Zur Bundespartei. Es gab Gerüchte über Überlegungen in der SPÖ-Bundespartei, die ÖVP bei einem fliegenden Koalitionswechsel zu unterstützen. Was sagen Sie dazu?
Das ist utopisch und spiegelt kein Selbstbewusstsein und keine Stärke der Sozialdemokratie wider. Und ich sage ganz offen: Einen fliegenden Koalitionswechsel kann man sich mit der SPÖ Burgenland sicherlich abschminken.

Hätte Parteichefin Rendi-Wagner als ausgewiesene Gesundheitsexpertin nicht stärker in den Diskussionen rund um die Corona-Maßnahmen auftreten sollen? Ist das nicht eine verpasste Chance?
Es ist müßig, darüber zu reden. Wir haben schon viele Chancen verpasst, sonst würden wir nicht bei 20 Prozent herumdümpeln. Das ist nicht die einzige Chance, die verpasst wurde.

Zum Abschluss eine Frage zu Ihrem Lieblingsverein Rapid. Wie bewerten Sie die bisherige Saison?
Unter den gegebenen Umständen macht Trainer Didi Kühbauer eine exzellente Arbeit. Und was man Rapid auch zugute halten muss, dass der Klub nicht in diese wirtschaftliche Schieflage geraten ist wie die Austria.
Mich stört aber, dass offensichtlich der Investor Michael Tojner die Nachwuchsakademie finanzieren soll. Dass sich der Verein jemandem an den Hals wirft, der vor Gericht als Beschuldigter geführt wird, widerstrebt mir und passt auch nicht zu Rapid. Deshalb habe ich meine Funktion im Beirat des Vereins ruhiggestellt.

LH Hans Peter Doskozil will Maßnahmen wie das Bonusticket für den Tourismus oder den gut angenommenen Handwerkerbonus auch 2021 weiterführen. | Foto: LMS
Von einer Vier-Tage-Woche, wie sie von der SPÖ-Parteichefin gefordert wird, hält LH Hans Peter Doskozil nicht viel. Man müsse sich auf ein Thema konzentrieren, und das ist seiner Ansicht nach der Mindestlohn. | Foto: LMS

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Neu auf MeinBezirk.at
Sudoku - gratis und so oft du willst, spiele jetzt!

Jetzt kannst du Sudoku auf MeinBezirk.at spielen - gratis und unbegrenzt. So spielst du Sudoku: Wähle deinen gewünschten Schwierigkeitsgrad: leicht, mittel, schwer. Klicke ins gewünschte Feld, setze eine Zahl von 1 bis 9 ein - und fülle alle leeren Felder. Ziel des Rätsels: In jeder Zeile (waagrecht), Spalte (senkrecht) und jedem Block (3 mal 3 Zellen) soll jede Ziffer genau nur einmal vorkommen.

Hier findest du den aktuellen Mondkalender ab sofort. Jeden Monat neu. | Foto: RegionalMedien Burgenland
1 3

Gesundheit, Haushalt, Garten & Schönheit
Dein Mondkalender für den Mai 2024

Die RegionalMedien Burgenland präsentieren den aktuellen Mondkalender für April 2024. Ein Mondzyklus dauert ca. 28 Tage. Dabei durchläuft er verschiedene Phasen, die unterschiedliche Qualitäten haben. Nach alter Überlieferung sollte man bestimmte Arbeiten also stets zur richtigen Zeit erledigen. Vom Einpflanzen der Tomaten 🍅 bis hin zum Haare schneiden 💇 – die Mondphase kann darüber entscheiden, ob die roten Früchtchen zur Attraktion in der Nachbarschaft und dein Kopf zur Löwenmähne 🦁 wird....

Benzin- & Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen im Burgenland

Hier erfährst du täglich, wo im Burgenland die billigsten Tankstellen zu finden sind, wie man günstig tankt, und wie man Sprit sparen kann - immer AKTUELL. BURGENLAND. In ganz Österreich ist es immer am günstigsten, am Vormittag zu tanken. Denn Tankstellen dürfen nur einmal täglich um 12 Uhr die Spritpreise erhöhen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit in unbegrenzter Anzahl und Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen im Burgenland täglich mit den aktuell...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus dem Burgenland auf MeinBezirk.at/Burgenland

Neuigkeiten aus dem Burgenland als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Burgenland

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus dem Burgenland und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.