Ein Leben ohne Zweitauto
Der Verein St. Georgen Mobil macht es möglich, dass eine Landbevölkerung ohne Öffis trotzdem fast überall und jederzeit hinkommt. Ein Porträt.
ST. GEORGEN. Mitten am Land, abseits von größeren öffentlichen Verkehrsmitteln. Wer in Gemeinden wie St. Georgen lebt, muss als gebrechlicher Mensch oder als Kind von den Angehörigen überall hingefahren werden. Zum Arzt, zum Einkaufen, zum Friedhofsbesuch, zur Schule. Dazu bedarf es pro Familie meist auch ein Zweit- oder gar Drittauto.
Jahrelange Planung
Seit rund 15 Jahren haben die St. Georgener schon an der Idee zu einer Alternative gearbeitet. Wie kann man Autofahrten zusammenlegen, wie kann man Autos teilen, wie ein Netzwerk aufbauen? Fragen wie diese haben schließlich 2013 zu handfesten Vorstellungen eines ganz besonderen Carsharing-Projekts geführt. Zu einer Mischung aus Carsharing und Öffi gewissermaßen: Ein Kleinbus, den man kostengünstig bestellen kann, um von A nach B zu kommen. Vor etwa einem Jahr im Herbst wurde schließlich der Verein St. Georgen Mobil unter dem Obmann Herbert Kiener gegründet. Ein Opel Kleinbus wurde geleast, freiwillige Fahrer angeworben aus der Gemeinde – hauptsächlich Pensionisten – und eine „Schaltzentrale“ wurde bestimmt. Das sind Gunther und Gitti Boennecken, die von Montag bis Freitag erreichbar sind, um Fahrt-Bestellungen entgegenzunehmen und diese dann mit den Fahrern zu koordinieren.
Alle St. Georgener Vereinsmitglieder – jeder zahlt zehn Euro im Jahr und 1,50 Euro pro Fahrtstrecke – können die Fahrten buchen. 200 Mitglieder und 21 Fahrer hat der Verein, der vom Bund und der Gemeinde finanziell unterstützt wird, mittlerweile. Pro Tag ist ein Fahrer eingeteilt, im Schnitt hat dieser dann sechs Fahrten am Tag.
748 Fahrten seit März
Offizieller Start von St. Georgen Mobil war dann im März diesen Jahres. Seit da gab es 175 Fahrten im Gemeindegebiet, 80 nach Lamprechtshausen, 381 nach Oberndorf, 57 nach Bürmoos, 38 nach St. Panthaleon, 16 nach Ostermiething und eine Sonderfahrt.
„Wir haben bereits einige Anfragen bezüglich einer Kooperation mit den Umlandgemeinden bekommen“, erzählt Obmann Herbert Kiener. Aber bevor man sich vergrößern möchte oder gar ein zweites Auto dazu nehmen gedenkt, wartet der Verein lieber die ersten fünf Jahre seines Bestehens ab.
Expansion möglich
„Wir haben uns diesen Fünfjahresplan fix vorgenommen, den wollen wir abwarten, um zu sehen, wie alles läuft“, so Kiener, der bei der Regionalitätspreisverleihung in Salzburg das „Herz aus Salz“ für den Verein abgeholt hat. „Dieser Preis war für uns alle eine Riesenüberraschung, damit hat keiner gerechnet“, erzählt Gunther Boennecken. „Diese große Anerkennung für unsere Idee hat uns alle sehr gefreut,“ ergänzt seine Frau Gitti.
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