SMR-Atomkraftwerk in Temelin
Litschauer: "Jetzt ist keine Zeit für Experimente"
Martin Litschauer, Anti-Atom-Sprecher der Grünen, zu Tschechiens weiteren Atomplänen: "Small Modul Reactors für Temelin sind der falsche Weg und eine neue Gefährdung für unsere Grenzregion."
REGION. Wie berichtet, soll in Tschechien auf dem Areal des Atomkraftwerks Temelin unweit der Grenze zum Waldviertel der erste Small Modular Reactor (SMR) in Europa gebaut werden. Das Projekt solle den Staat unabhängiger von Energieimporten aus dem Ausland machen.
Teurer, mehr Atommüll
Für Martin Litschauer, Anti-Atomenergiesprecher der Grünen, ist der geplante Bau von SMRs am Standort Temelin die vollkommen falsche Strategie: "Die einzigen SMRs, die heutzutage in Betrieb sind, liefern noch teureren Strom als Großreaktoren und laufen mit Uran als Brennstoff. Damit verteuert die Erweiterung des Temelin-Standortes mit einem SMR die Stromproduktion deutlich. Viel mehr Sorgen macht mir aber, dass die meisten SMR-Konzepte erst am Papier existieren. Es gibt noch nicht einmal Prototypen, geschweige denn Genehmigungen." Damit werde Temelin einmal mehr zu einem Versuchsstandort für neue Modelle, was eine weitere Gefahr für die Grenzregion darstelle.
Auch auf die Frage der Entsorgung des bisherigen und künftigen Atommülls sei unser Nachbarland Antworten schuldig. "Wir müssen sogar befürchten, dass dieser in Grenznähe zu Österreich deponiert werden soll. Und da kommt dann auch noch die Problematik dazu, dass ein SMR pro produzierter MWh Atomstrom noch mehr Atommüll erzeugt, als die aktuellen AKW", erklärt Litschauer, der auch auf den schleppenden Ausbau von Ökostromanlangen verweist: "Die Atom-Ausbaupläne in Tschechien sind nicht nur gefährlich, sie halten auch die Energiewende auf. Seit Jahren ist kein wesentlicher Ausbau von Photovoltaik und Windkraft in dem Land zu erkennen, dabei könnten Ökostromanlagen sehr rasch Strom liefern und nicht erst in 10, 15 oder 20 Jahren wie bei den AKW-Plänen."
SMRs würden sich ausserdem erst ab einer Stückzahl von bis zu Tausenden lohnen. "SMRs haben ein Henne-Ei Problem: Sie werden erst mit großen Stückzahlen beim Bau billiger, aber für eine große Nachfrage müssten sie jetzt schon leistbar sein. Die höhere Anzahl der Reaktoren erhöht auch die Wahrscheinlichkeit für Unfälle, auch wenn jeder einzelne SMR weniger spaltbares Material enthält."
Alle rechtlichen Schritte ausschöpfen
Abschließend verweist Litschauer auf die große Abhängigkeit von russischem Uran - alle tschechischen Reaktoren laufen ausschließlich mit russischen Brennstäben und auch SMRs hängen an der Uranlieferkette. "Seit dem Krieg in der Ukraine hätte ein großes Umdenken erfolgen müssen, denn auch zahlreiche andere Firmen auf der Welt sind da von Russland abhängig." Ökostromanlagen seien jetzt schon viel billigere und sicherere Alternativen, die in wenigen Monaten gebaut werden können.
"Es ist jetzt keine Zeit für Experimente und eine Steigerung des atomaren Risikos, die Situation in der Ukraine zeigt ja, wie gefährlich Atomanlagen in Krisen sein können. Wir müssen jetzt alle rechtlichen Schritte ausschöpfen, um den geplanten Bau von SMRs in Tschechien zu verhindern und damit die Gefährdung Österreichs zu reduzieren", so Litschauer.
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