Systemrelevant
Künstlerhaus Wien fragt nach Bedeutung von Kunst
Ist Kunst schon systemrelevant? 18 Künstlerinnen und Künstler präsentieren rund um diese Frage ihre Werke im Rahmen der neuen Ausstellung "Systemrelevant" im Künstlerhaus am Karlsplatz 5.
WIEN/INNERE STADT/WIEDEN. Wenn wir von "Systemrelevanz" sprechen, wen meinen wir damit? Zählen Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke der bildenden Künste, Musik oder Literatur ebenfalls dazu? Das sind die zentralen Fragen der neuen Ausstellung "Systemrelevant" im Künstlerhaus am Karlsplatz 5.
Insgesamt 18 Künstlerinnen haben den Versuch gewagt, ihre eigenen, nicht definitiven Antworten auf diese Fragen zu geben. Sieben von ihnen gestalteten nur für diesen Zweck ganz neue Kunstwerke. "Jeder hat einen eigenen Bezug zum Begriff, mit dem wir in den vergangenen Jahren viel aufgrund von Corona zu tun hatten. Gerade in der Kunst- und Kulturszene ist viel darüber diskutiert worden", weiß Günther Oberhollenzer, künstlerischer Leiter des Künstlerhauses.
Geschichte umschreiben
"Ich habe Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, die Themen anreißen, die mir für die heutige Zeit relevant erschienen und die ich auch in den nächsten Jahren im Künstlerhaus behandeln möchte", führt der Kurator der Ausstellung fort. So beschäftigt sich Gabriela Oberkofler in ihrer Reihe an feingliedrigen Bildtablets von Samen, Blüten und Pilzen mit dem Verhältnis von Mensch, Natur und Biodiversität. Dafür sammelte sie in den vergangenen zwei Jahren Samen in ganz Europa, die vom Aussterben bedroht sind und erweckte sie zu neuem Leben.
Die beiden Künstlerinnen Julia Bugram und Anna Meyer vereint hingegen ihr neuer feministischer Blick auf die Jahrtausende alte männlich dominierte Kunstgeschichte. Bugram entscheidet sich in ihren Werken dazu, die heroischen Darstellungen von männlichen Akten auf Frauen zu übertragen, während sie daneben männliche kopflose Torsi auf die gleiche Weise sexualisiert, wie es männliche Künstler üblicherweise mit ihren Frauenbildnissen machen. Soli Kiani macht die derzeitigen Protestbewegungen im Iran sichtbar. Sie bedient sich dabei unter anderem Stricke, die bei Hinrichtungen verwendet werden.
Musik als Propagandamittel
Mitmachen kann man hier auch auf andere Arten. In einer Ecke stellt Hannes Egger mehrere Reinigungsgegenstände und drei Baustellenradios auf, aus denen jeweils ein Text dröhnt. Der erste beinhaltet Handlungsanweisungen für die Besucherinnen und Besucher, wie die symbolische Reinigung des Stiegenhauses mit einem Staubwedel. "Beim zweiten Hörsprecher wird die Geschichte einer Symphonie von Dmitri Dmitriyevich Shostakovich erzählt, die bei der Belagerung von St. Petersburg im Zweiten Weltkrieg dazu verwendet wurde, die russischen Soldaten zum Kampf zu animieren", erläutert Oberhollenzer. "Beim dritten Text werden die Besucher dazu ermutigt, mit anderen in Dialog zu treten. Dem Künstler geht es darum, Kunst nahbarer zu machen."
In einem der hinteren Räume werden hingegen die Verlassenschaft einer anonymen Frau ausgestellt. Die Besucherinnen und Besucher können sich jeweils ein Gegenstand davon nach Hause nehmen. Der Künstler Alfredo Barsuglia füllt die Sammlung regelmäßig nach. "Die Idee dahinter ist, und das finde ich poetisch und traurig zugleich, dass das alles ist, was bleibt. Der Künstler will einem Menschen und dessen Leben durch seine Kunst eine Sichtbarkeit geben", so der Kurator.
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