Umbenennung
Aus Adolf-Pichler-Platz wurde Cenzi-von-Ficker-Platz

Aus Adolf-Pichler-Platz wurde der Cenzi-von-Ficker-Platz | Foto: Twitter
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INNSBRUCK. Die Umbenennung des Adolf-Pichler-Platzes in Cenzi-von-Ficker-Platz sorgt in den sozialen Medien für Irritationen. Wurde der bekannte Platz in der Innsbrucker Innenstadt wirklich umbenannt? "Nein, natürlich nicht," erklärt Bürgermeister Georg Willi auf Stadtblatt-Anfrage. Interessantes Detail: die erfolgreiche Bergsteigerin hat einen Berg geschenkt bekommen. 

Twitter-Eintrag

Der Twitter-Eintrag ist kurz und bündig: "Der Adolf-Pichler-Platz (deutschnationaler Schriftsteller und Naturwissenschaftler) in Innsbruck wurde in Cenzi-von-Ficker-Platz umbenannt. (Bekannte Bergsteigerin)." Passend dazu wurde ein Foto mit der Straßentafel veröffentlicht. 

Reaktionen

Die Reaktionen darauf: Die Umbenennung wird als Fakt angesehen. So wurde auch die Frage gestellt, ob das dortige Gymnasium auch den Namen geändert habe. Das Bundesrealgymnasium ist beispielsweise unter der Webadresse https://www.brg-app.tsn.at erreichbar. Das Bundesrealgymnasium Innsbruck am Adolf-Pichler-Platz (BRG APP) ist ein Realgymnasium mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Schwerpunkt in Innsbruck. Im Schuljahr 2020/21 werden 843 Schüler in 34 Klassen unterrichtet. Der Abschluss nach acht Jahren erfolgt durch die Reifeprüfung (Matura). Im selben Gebäude ist – mit eigener Direktion und eigenem Lehrkörper – das Abendgymnasium für Berufstätige untergebracht. Eher belustigt wirken die Meldungen: "Und die Gymnasiasten sagen jetzt : I geh nimma Adolf Pichler Platz ,i geh jetzt Cenzi von Ficker Platz . Klingt gut." Sowie "Damals konnte man scheinbar noch georgische Berge verschenken, haha." Aber auch ein "Tafelklau" wird (satirisch) angedacht: "Passt, bin am ... wieder in town und werd mal a Foto machen oder die Tafel klauen."

Cenzi von Ficker

Cenzi (eigentlich Crescenz) von Ficker, verh. Sild,  wurde am 1. September 1878 in Innsbruck geboren und verstarb am 26. August 1956 in Burg Stauf. Cenzi von Ficker ist eine der bekanntesten österreichischen Bergsteigerinnen und war u.a.  erstes weibliches Ehrenmitglied des Österreichischen Alpenklubs. Mit 20 Jahren wurde sie Mitglied im Österreichischen Alpenklub (ÖAK). 1901 machte sie erstmals Touren im Wallis rund um Zermatt. Das Bergsteigen war für sie ein Weg, „sich allein aus all der Stubenhockerei heraus einen Weg ins Freie zu bahnen“. 

Der geschenkte Berg

1903 wurde unter der Leitung von Dr. Willi Rickmer-Rickmers eine Kaukasus-Expedition ausgerüstet, an der auch die sehr gewandte Bergsteigerin Cenzi von Ficker teilnahm. Das wichtigste Ziel dieser Kundfahrt war die erste Ersteigung des Uschba-Südgipfels, der eine Seehöhe von 4698 m aufweist. Rickmers Expedition wurde jedoch zunächst vom Pech verfolgt. Am 21. Juli stürzte A. Schulze in der Uschba-Schlusswand als Führender einige Meter ins Seil. Er zog sich einige Verletzungen zu und musste abgeseilt werden. Cenzi von Ficker versorgte den Verunglückten, dann stieg man ins Standlager ab. Doch der zähe Schulze gab sich nicht so leicht geschlagen, bereits am 26. Juli stand er gemeinsam mit Helbling, Reichert, Schuster und Weber auf dem Gipfel; die Cenzi war allerdings nicht dabei. Nur 18 Tage danach gelang dann der Seilschaft Georg Leuchs, Hans Pfann und Ludwig Distel die erste vollständige Uschba-Überschreitung von Norden nach Süden. Und dann geschah etwas Seltsames, in der Chronik des Bergsteigens vollkommen Einmaliges: Fürst Tatarchan Dadeschkeliani von Swanetien, der vom Können und vom Mut Cenzi von Fickers tief beeindruckt war, schenkte ihr den Berg Uschba! (Die Schenkungsurkunde bekam später das alpine Museum in München.) Ganz ohne Gipfelsieg fuhr die Cenzi damals aber nicht nach Hause, sie nahm an der ersten Ersteigung des Schtawler (3976 m) und eines bis dahin namenlosen Gipfels (3860 m) teil, der ihr als "Tsentsi-Tau" zum ewigen Denkmal wurde.

Liebe zum Bergsteigen

Cenzi von Ficker, die in eine Innsbrucker Gelehrtenfamilie hineingeboren wurde, kam durch ihren Bruder Heinz schon früh mit dem Bergsteigen in Berührung. Über ihn lernte sie zahlreiche Vertreter der damaligen alpinen Elite, wie etwa Anton Schönbichler, Otto Ampferer oder Karl Berger kennen, die die ebenso hübsche wie talentierte Cenzi stets gerne auf schwierige Bergtouren im Karwendel und Wetterstein mitnahmen. 1908 heiratete sie den Wiener Rechtsanwalt Dr. Hannes Sild, einen gleichfalls sehr bekannten Bergsteiger, der ihren Bruder Heinz in dessen "führenden" Rolle ablöste. Der Weltkrieg machte vorerst alle privaten Pläne zunichte. Hannes Sild kämpfte als Offizier bei den Kaiserjägern erst in Galizien, dann an der Dolomitenfront, wo er schließlich 1917 so schwer verwundet wurde, dass er aus dem Kampfgeschehen ausscheiden musste.

Schicksalsschläge

Nach Kriegsende - Hannes war inzwischen glücklicherweise wieder genesen - meisterte das Ehepaar die schweren wirtschaftlichen Folgen, die der Zusammenbruch der Monarchie nach sich zog, und brachte es rasch zu beruflichem Erfolg und privatem Wohlstand. Die beiden gingen wieder in die Berge und nahmen dabei auch ihre drei Söhne mit, aus denen bald ebenfalls tüchtige Bergsteiger wurden. 1937 brach über die bisher so glückliche Familie Sild das Unglück herein. Im Hochschwab-Gebiet verunglückte der Sohn Uli tödlich, und wenige Monate später starb der bereits todkranke Vater Hannes. Im Zweiten Weltkrieg fielen die beiden jüngeren Söhne Henning und Meinhart, und damit war die Familie Sild - bis auf die Mutter - ausgelöscht. In den Folgejahren versuchte Cenzi Sild verzweifelt, der Einsamkeit zu entfliehen. Noch erfreute sie sich bester Gesundheit, und so zog sie ins Karwendelhaus, wo sie den mit ihr eng verbundenen Bewirtschaftern jahrelang eine wertvolle Hilfe war. 1956 erlebte sie urplötzlich einen totalen Zusammenbruch ihrer Kräfte, von dem sie sich nicht mehr erholen sollte. Die Familie Dr. Drexel, mit der sie eng befreundet war, nahm die Schwerkranke auf Burg Stauf bei Nürnberg auf, wo sie nur sechs Tage vor ihrem 78. Geburtstag friedlich entschlafen ist.

Besonderheiten

Für eine „Bergwelten“- TV-Produktion schlüpfte Lisi Steurer in die Rolle von Cenzi und bestieg den Südgipfel des Uschba.„Ich glaube, Cenzi war keine, die etwas erzwingt. Es ging ihr nicht um Ruhm, sondern ums Abenteuer“, sagt Lisi Steurer. Die 36-jährige Osttirolerin teilt diese Einstellung mit der ein Jahrhundert vor ihr geborenen Nordtirolerin, deren Gipfelsturm sie im Sommer 2015 vollendete. 

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