Caffè sospeso
Ein Kaffee der Nächstenliebe
INNSBRUCK. Einen trinken, zwei bezahlen: Der Brauch des "aufgeschobenen Espressos" hat seinen Ursprung in Neapel und ist jetzt auch in Tirol angekommen. Immer mehr Betriebe beteiligen sich an der Initiative und unterstützen so Bedürftige.
Lange Tradition
Bereits um 1900 etablierte sich in der süditalienischen Stadt Neapel der Brauch, zusätzlich zum eigenen Kaffee noch einen weiteren zu bezahlen. Dieser wurde dann notiert und auf Anfrage an jemand Bedürftigen ausgeschenkt, der sich keinen leisten konnte. Bis heute ist unklar, wie genau dieser Akt der Nächstenliebe entstanden ist. Eine Theorie besagt, dass der "caffè sospeso" aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammt, eine andere, dass das Barpersonal einfach zu viele Espressi in Rechnung stellen konnte, weil es beim Kaffeetrinken in Gesellschaft oftmals unklar war, wer aller einen Kaffee getrunken hat. Im Laufe der Zeit haben immer mehr Lokalbetreiber in Nord- und Südamerika und Australien die Idee des "suspended coffee", wie er auf Englisch genannt wird, aufgegriffen, in Deutschland nehmen über 300 an der Initiative teil.
Großes Wachstumspotenzial
Seit 2021 ist die Non-Profit-Organisation "caffè sospeso" nun auch in Tirol vertreten. Das Prinzip ist immer ähnlich: Kundinnen und Kunden bezahlen etwas für eine andere Person, anschließend wird der Kassenbon an eine Pinnwand geheftet oder in ein Glas gelegt. Fragt eine andere Person nach einem spendierten Produkt, weil sie sich dieses sonst nicht leisten könnte, erhält sie es kostenlos. In Tirol beteiligen sich bereits sechs Betriebe, darunter das SOWI-Bistro, "Nemati's Pizza" und das "Innbisstro Beermeister" an dem Projekt, es sollen aber schon bald weitere dazukommen.
"Wir stehen zwar noch am Anfang, aber derzeit sind wir mit mehreren Bäckereifilialen im Gespräch, auch verschiedene Imbisse sind interessiert."
, so Gründer und Initiator Thomas Seelos, der den "caffè sospeso" in Italien kennengelernt hat: "Ich habe dann geschaut, ob es bei uns auch so etwas gibt, aber dem war nicht so. Also habe ich versucht, diese genial einfache Idee, mit der man so vielen Menschen helfen könnte, nach Tirol zu holen." Manche Betriebe wollen sich zwar an der Aktion beteiligen, möchten aber keine Bedürftigen oder Obdachlosen in ihrem Lokal. In diesem Fall können Spendenboxen aufgestellt werden, deren Inhalt dann an soziale Einrichtungen wie die Teestube, eine Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose, oder das Frauenhaus weitergegeben werden soll. Eine solche Spendenbox wurde auch im SOWI-Bistro aufgestellt: "In unserer Box sind schon ein paar Euro zusammen gekommen, dass aber auch ein Kebap oder ein Getränk für jemand Bedürftigen erworben werden kann, ist noch nicht ganz bei den Leuten angekommen.", so der Inhaber. "Wir arbeiten jedoch an einer Lösung, unseren Kundinnen und Kunden diese Möglichkeit bewusst zu machen, denn wenn sich das einmal herumspricht, kann mit diesem Projekt wirklich vielen Menschen geholfen werden."
Nähere Informationen zum "caffè sospeso" in Tirol sind unter www.caffe-sospeso.at abrufbar.
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