800.000 Euro Förderung
Ministerium droht Tiroler Jungbauern mit Klage

119 Orts- und Bezirksvereine werden vom Ministerium erneut mit der Zahlungsfrist 17. Jänner zur Rückzahlung der NPO-Förderung aufgefordert. | Foto: Pixabay
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Die Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" hat laut Meinung des BMKÖS und des AWS nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihre Orts- und Bezirksvereine nicht dem Tiroler Bauernbund zuzurechnen sind. 119 Orts- und Bezirksvereine werden daher erneut mit der Zahlungsfrist 17. Jänner zur Rückzahlung aufgefordert. Ein Verein hat die Förderungen zwischenzeitlich vollständig zurückgezahlt.Bei den Förderungen für den Sniorenbund wird ein UTPS-Verfahren abgewartet.

INNSBRUCK. Das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) führt gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) vertiefte Prüfungen einer Reihe von Organisationen durch, die Förderungen aus dem NPO-Fonds erhalten haben. Dabei geht es um die Frage, ob diese Organisationen, die formal gemeinnützige Vereine sind und damit diese Antragsvoraussetzung des NPO-Fonds erfüllen, auf Grundlage des Parteiengesetzes nicht gleichzeitig auch als Teil einer Partei anzusehen und aus diesem Grund vom NPO-Fonds ausgeschlossen sind.

Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend"

Im Zuge der Prüfungen hatten 120 Orts- und Bezirksvereine der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" gleichlautende Stellungnahmen und Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergab, dass sie dem Tiroler Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP Tirol, zuzurechnen und daher selbst als Teilorganisation im Sinne des Parteiengesetzes zu qualifizieren sind. Der wesentliche Grund:

Die Landesorganisation der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" ist eine rechtlich unselbständige Sektion des Tiroler Bauernbundes, der seinerseits sowohl laut Eigenbeschreibung als auch laut Statuten der ÖVP Tirol eine Teilorganisation der ÖVP Tirol ist. Die 120 Orts- und Bezirksvereine der "Jungbauernschaft/Landjugend" bezeichnen sich selbst als Zweigvereine des Hauptvereins Tiroler Bauernbund. Von diesem werden ihnen wesentliche Elemente ihrer Statuten, die ihr unabhängiges Handeln entscheidend einschränken, zwingend vorgegeben.

Rückforderung

Auf Basis dieser rechtlichen Beurteilung wurden daher am 12. September 2022 seitens der AWS Förderungen des NPO-Fonds in der Höhe von insgesamt 816.752,15 Euro mit Zahlungsfrist 10. Oktober 2022 von den geprüften 120 Orts- und Bezirksvereinen der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" zurückgefordert. Am 10. Oktober 2022 und damit noch vor Ablauf der Zahlungsfrist hat die Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" um Fristverlängerung zur Beibringung weiterer Unterlagen ersucht. Am 27. Oktober übermittelte die Landesorganisation der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" in Vertretung ihrer Zweigvereine Unterlagen, in denen die Rechtsmeinung des BMKÖS bestritten wird. Insbesondere wird eine Regelung über das Verhältnis zwischen Zweigvereinen des Tiroler Bauernbundes und der Landesorganisation der ÖVP Tirol ins Treffen geführt. Die rechtliche Beurteilung des BMKÖS zielt allerdings nicht auf dieses Verhältnis, sondern auf das Verhältnis zwischen den Zweigvereinen und ihrem Hauptverein – das ist der Tiroler Bauernbund. Dass Letzterer eine Teilorganisation der ÖVP Tirol ist, wurde zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt.

Beiträge zur Tiroler Jungbauernschaft der BezirksBlätter Tirol finden Sie hier

Jungbauern Teil des Bauernbundes

Des Weiteren wird in den Unterlagen argumentiert, dass das beschriebene, rechtlich enge Verhältnis zwischen dem Hauptverein Tiroler Bauernbund und seinen Zweigvereinen, den Orts- und Bezirksorganisationen der "Jungbauernschaft/Landjugend" von Letzteren beendet werden könne. Dies ist zwar rechtlich zutreffend, rechtlich maßgeblich ist aber das Verhältnis zwischen dem Hauptverein Tiroler Bauernbund und seinen Zweigvereinen zum jeweiligen Zeitpunkt der Anträge an den NPO-Fonds. Insgesamt wurde damit seitens der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihre Orts- und Bezirksvereine nicht dem Tiroler Bauernbund zuzurechnen sind. 119 Orts- und Bezirksvereine werden daher erneut mit der Zahlungsfrist 17. Jänner zur Rückzahlung aufgefordert. Ein Verein hat die Förderungen zwischenzeitlich vollständig zurückgezahlt.

Für den Fall, dass die betroffenen Vereine die Rückzahlung verweigern, werden seitens des BMKÖS Vorbereitungen für eine gerichtliche Klärung auf Basis von Musterklagen getroffen, in denen die Republik von der Finanzprokuratur vertreten würde.

Die rechtliche Beurteilung des BMKÖS zielt allerdings nicht auf dieses Verhältnis, sondern auf das Verhältnis zwischen den Zweigvereinen und ihrem Hauptverein – das ist der Tiroler Bauernbund. (Symboldbild) | Foto: Wörgötter
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Seniorenbund

Bei den Prüfungen der "Seniorenbund"-Landesorganisationen Oberösterreich, Kärnten, Tirol, Wien und Vorarlberg geht es um Vereine, die formal gemeinnützig sind und damit beim NPO-Fonds antragsberechtigt waren. Diese Vereine heißen gleich oder ähnlich wie entsprechende Teilorganisationen der ÖVP auf Landes-, Bezirks- und Ortsebene und weisen auch weitere Gemeinsamkeiten auf. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass die gemeinnützigen Vereine und die jeweilige Teilorganisation als Einheit anzusehen sind. Damit wären die gemeinnützigen Vereine eine Teilorganisation der ÖVP und vom NPO-Fonds ausgeschlossen.

Geprüft wurde daher in einem ersten Schritt, ob die Vereine und die jeweilige gleich- oder ähnlich lautende Teilorganisation eine klare rechtliche Trennung aufweisen. Dies konnten die geprüften Organisationen darlegen. Im Fall des Seniorenbundes Vorarlberg geschah dies auf Basis nachträglich eingebrachter Unterlagen.

Auf Basis der bisherigen Judikatur ist keine eindeutige Beurteilung möglich. Über die rechtliche Ausgestaltung der Organisationen hinaus ist bei dieser Prüfung jedenfalls auch die Frage maßgeblich, ob von einer faktisch-wirtschaftlichen Einheit des jeweiligen gemeinnützigen Vereins und der entsprechenden Teilorganisation der ÖVP ausgegangen werden muss. Im Rahmen der entsprechenden Prüfschritte wurden von den Seniorenbund-Organisationen umfangreiche Unterlagen übermittelt, die durch das BMKÖS geprüft wurden. Eine abschließende rechtliche Beurteilung, ob eine faktisch-wirtschaftliche Trennung vorliegt, ist auf Basis dieser Unterlagen aber nicht möglich.

UPTS-Verfahren wird abgewartet

Im nächsten Schritt müsste nun eine Gebarungsprüfung durchgeführt werden, im Zuge derer die Buchhaltung sowohl der Vereine als auch der entsprechenden Parteiorganisationen eingesehen werden müsste. Eine solche Prüfung wäre mit einem sehr hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand für die Republik verbunden. Gleichzeitig ist beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS, zuständig für die Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz) ein Verfahren anhängig. Da in diesem Verfahren materiell übereinstimmende und daher für die vom BMKÖS zu treffende Entscheidung relevante Rechtsfragen geprüft werden, wäre eine umfassende und tiefgehende Gebarungsprüfung aus heutiger Sicht unverhältnismäßig. Folglich hat das BMKÖS in Abstimmung mit der Finanzprokuratur entschieden, das Ergebnis des UPTS-Verfahrens abzuwarten, bevor weitere Schritte gesetzt werden.

NPO-Fonds

Der NPO-Fonds wurde im Frühjahr 2020 eingerichtet und ist ein europaweit einzigartiges Hilfsinstrument, um den gesellschaftlich wichtigen und auch wirtschaftlich zusehends bedeutsamen gemeinnützigen Sektor in der COVID-Krise zu unterstützen. Bisher wurden über 57.000 Anträge bewilligt und rund 800 Mio. Euro an Hilfen ausbezahlt. Zahlungen des NPO-Fonds basieren auf dem NPO-Fonds-Gesetz, das unter Verweis auf das Parteiengesetz (§ 2 Ziffer 1) politische Parteien sowie Teilorganisationen politischer Parteien vom Fonds ausschließt. Organisationen, die als "nahestehende Organisationen" im Sinne des Parteiengesetzes (§ 2 Ziffer 3) anzusehen sind oder in einem etwaigen sonstigen Naheverhältnis zu einer Partei stehen, sind nicht vom NPO-Fonds ausgeschlossen. Förderungen des NPO-Fonds basieren entsprechend NPO-Fonds-Gesetz auf einem zivilrechtlichen Vertrag zwischen der jeweiligen fördernehmenden Organisation und der AWS, die den NPO-Fonds im Namen und auf Rechnung der Republik abwickelt. Eine Rückforderung, der die betroffene Organisation auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht nachkommt, wird von der Republik, vertreten durch die Finanzprokuratur, vor einem Zivilgericht eingeklagt. 

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