„Ich muss zu Dr. Viola“
Notruf für Gewaltopfer an Innsbrucker Klinik

 Alexandra Kofler, Ärztliche Direktorin der Klinik Innsbruck, Andrea Hohenegger, leitende Diplompflegerin der Orthopädischen & Traumatologischen Ambulanz Innsbruck, Thomas Beck, Psychologe an der Klinik IBK und Leiter der Opferschutzgruppe (v.l.) | Foto: tirol kliniken
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  • Alexandra Kofler, Ärztliche Direktorin der Klinik Innsbruck, Andrea Hohenegger, leitende Diplompflegerin der Orthopädischen & Traumatologischen Ambulanz Innsbruck, Thomas Beck, Psychologe an der Klinik IBK und Leiter der Opferschutzgruppe (v.l.)
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INNSBRUCK. In Österreich wurden in diesem Jahr bisher 17 Frauen getötet. Eine traurige Bilanz. Die Gewaltschutzeinrichtungen des Landeskrankenhaus Innsbruck bieten ab heute ein niederschwelliges Hilfsangebot für Gewaltopfer an.

„Ich muss zu Dr. Viola!“

Dieser Satz hilft Betroffenen jeden Alters und Geschlechts, die sich akut bedroht fühlen und Schutz und Hilfe in der Klinik suchen. Sobald eine hilfesuchende Person sich mit dem Notruf an einen Portier oder das Sicherheitspersonal wendet, startet ein interner Notfallplan, mit dem Ziel, den Betroffenen oder die Betroffene an einen sicheren Ort zu bringen. Dort ist der weitere Ablauf schon seit Jahren gut trainiert und bekannt. Als nächster Schritt kann – nach Absprache der Betroffenen – eine Betreuung durch das Gewaltschutzzentrum IBK oder das Frauenhaus IBK erfolgen. 

Stigmata überwinden

Bereits seit längerem wird jede Patientin und jeder Patient in den größten Ambulanzen der Innsbrucker Klinik gefragt, ob jemand weiß, dass die Person hier ist, ob es jemand nicht wissen soll und ob die Person sich bedroht fühlt. Vor allem der letzte Satz hilft Patientinnen und Patienten, die zu Hause Gewalt erleben, Vertrauen zu schöpfen und sich dem Klinikpersonal anzuvertrauen.

Anstieg häuslicher Gewalt

Während der Pandemie und verstärkt in den Zeiten der Lockdowns befürchteten alle zuständigen Schutzeinrichtungen einen Anstieg der häuslichen Gewalt.

„Schon in der ersten Pandemiewelle begann die Opferschutzgruppe des Landeskrankenhaus Innsbruck (LKI) mit einem Konzept, die Klinik als sicheren Ort in der Bevölkerung bekannt zu machen“

, erläutert Alexandra Kofler, Ärztliche Direktorin der Klinik Innsbruck. Der Satz „Ich muss zu Dr. Viola“ gibt Betroffenen (Jugendlichen wie Erwachsenen) die Möglichkeit, selbst wenn sie nicht frei sprechen können oder wollen, einen Hilferuf abzusetzen.

Leichte Aussprache

Wieso Dr. Viola? Der Name wurde unter anderem ausgewählt, weil er leicht auszusprechen ist. Auch für jene Personen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben. Zudem lehnt sich „Viola“ an „violence“ an. Die Farbenlehre beschreibt Violett als Verbindung von Rot (weiblich) und Blau (männlich) zu einer gleichberechtigten neuen Farbe.

Weiteres Hilfsangebot


„Dieser Notruf fügt sich als weiterer Mosaikstein in eine möglichst umfassende Versorgung für gewaltbetroffene Menschen ein“

, so Thomas Beck, Psychologe an der Innsbrucker Univ.- Klinik für Medizinische Psychologie und Leiter der Opferschutzgruppe am LKI. „Entscheidend ist hier der niederschwellige Zugang“, erklärt Andrea Hohenegger, leitende Diplompflegerin der Orthopädischen & Traumatologischen Ambulanz Innsbruck und stv. Leiterin der OSG. Aus Erfahrung wisse man, dass die Angst vor Vorurteilen, davor nicht ernst genommen zu werden und selbst als Schuldige/r verurteilt zu werden, die größten Hemmschwellen sind, um Hilfe zu bitten. Der Satz „Ich muss zu Dr. Viola“ funktioniert wie ein Codewort, das vom geschulten Personal der Klinik dechiffriert wird.

Rund 50 Gewaltopfer im Jahr

Im Landeskrankenhaus Innsbruck werden im Schnitt bei einem Patienten, einer Patientin  pro Woche Spuren von häuslicher Gewalt festgestellt. Tendenziell handelt es sich dabei um mehr Frauen als Männer. Obwohl aufgrund der coronabedingten Lockdowns weniger Patientinnen und Patienten in die Krankenhäuser kommen konnten, veränderte sich diese Zahl nicht. „Verändert haben sich hingegen die Verletzungsmuster. Diese sind deutlich schwerer geworden“, ergänzt Thomas Beck.

„Die Leute kamen nicht raus, konnten die eigenen vier Wände nicht verlassen, deshalb nahm die Schwere der Verletzungen zu.“

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 Alexandra Kofler, Ärztliche Direktorin der Klinik Innsbruck, Andrea Hohenegger, leitende Diplompflegerin der Orthopädischen & Traumatologischen Ambulanz Innsbruck, Thomas Beck, Psychologe an der Klinik IBK und Leiter der Opferschutzgruppe (v.l.) | Foto: tirol kliniken
Das Hilfsangebot kann ab heute in Anspruch genommen werden.  | Foto: tirol kliniken
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