Luftschutzstollen nutzbar machen
Über die Geschichte und neue Ideen

Ein Stollen in der Innstraße | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag
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"Es wird eine Prüfung beauftragt, ob und wie die öffentlichen Luftschutzstollen in der Stadt Innsbruck, welche im Eigentum der BIG stehen, für eine öffentliche oder private Nutzung nutzbar gemacht werden können." Mit diesem Antrag rücken die Luftschutzstollen wieder in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit.

INNSBRUCK. Die Geschichte Innsbrucks im Zweiten Weltkrieg ist eng mit Bombenangriffen und den Schutzbauten für die Bevölkerung verbunden. Nach den Luftangriffen vom 15. und 19. Dezember 1943 kam es zu einer Massenflucht der Innsbrucker Bevölkerung. Ab dem Jänner 1944 wurden innerhalb weniger Monaten mehrere Kilometer Stollen errichtet. Von den ursprünglich geplanten 11332 Stollenmetern konnten 8901 Meter realisiert werden. Konrad Arnold (Hrsgb.), Horst Schreiber, Theodor Greiner und Martin Scheiber haben sich 2002 ausführlich im Werk "Luftschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg", erschienen im Studien Verlag, mit der Geschichte sowie rechtlichen und technischen Problemlösungen beschäftigt.

Innsbrucks Altstadt nach einem Bombenangriff | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag/Stadtarchiv
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Die Stollen

Neben den Stollen, die auf Basis des "LS-Führerprogramms (Asuweitung)" errichtet wurden, gab es Anlagen, die im Rahmen des "Selbstschutzes" oder des Werkluftschutzes errichtet wurden. Bei den 21 Stollen im Rahmen des LS-Führerprogramms handelt es sich um: Guggenbichl (Stollen Nummer 1), Höttinger Aus - Schererschlössl (2), Hötting - Kieneschlössl (4), Höttinger Au - Schottergrube (5), Neu Arzl - Bahndurchlass (7), Hötting Finkstraße (8, nunmehr Schneeburggasse/Hinterwaldnerstraße), Lohbachsiedlung (9), Hörtnaglsiedlung (10), Arzl - Steinbruch (13), Innstraße (16), Mühlau - Kirchbichl (17), Hungerburg (24) und Mühlau - Hoher Weg - Verbindungsstollen (25). Auf der südlichen Talseite befanden sich die Stollen Bergisel -Bierstindl (6), Sieglangersiedlung (11), Amras - Bierwirt (12), Amras - Lehrerheim (15), Igls - Girgl (19), Vill - Thurnbichl (20), Amras - Ederdach (21) und Igls - Föhnegg (22). Im Übersichtsplan Luftschutzstollen der Stadt Innsbruck 2/99 werden sind die Stollen Igls - Hohenburg /27), Gramart (28), Arbeiterbäckerei (30), Bildgasse (32), Amras - Keller Schlosspark (33), TIWAG-Geländer - Neuhauserstollen (34), Schloss Mentlberg (A), Kranebitten (B), Brennerstraße (C), Höttinger Auffahrt (D), Unterhalb Büchsenhausen (E), TIWAG Gelände (F), Firma Steger (G) angeführt. Die Stollen Büchsenhausen - Felsenkeller (3) und Wilten - Husselhof - Felsenkeller (18) waren Erweiterungen geplant, diese wurde aber nicht umgesetzt.

Bauarbeiten für einen Stollen in Innsbruck | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag/Stadtarchiv
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Fassungskapazität

Insgesamt waren die Stollen für ca. 30.000 Menschen konzipiert. Nach den Dezemberangriffen haben von den ca. 103.000 in Innsbruck wohnhaften Menschen über 30.000 fluchtartig die Stadt verlassen und somit und somit wurden durch die Stollen für rund 1/3 der Bevölkerung ein Schutz geboten.


Der Stollen Guggenbichl (1) sollte 3.175 Menschen Schutz bieten und hat eine Gesamtlänge von 900 m. Der Stollen Neu Arzl - Bahndurchlasse (7) hat eine Länge von 1.470 m und war für 4.000 Menschen gedacht. In der Lohbachsiedlung (Stollen Nr. 9) warn Platz für 3.175 Menschen auf einer Länge von 900 m vorgesehen. In der Innstraße hat der Stollen (Nr. 16) eine Länge von 1.470 m und war für 4.000 Menschen angelegt. Eine Länge von 976 m hat der Stollen Bergisel - Bierstindl (6) mit einem Fassungsvermögen von 3.580 Personen.

Die Schäden und Gefahren durch Stolleneinbrüche waren gravierend. Bereits 1947 hielt der Magistrat Gefährdungen von Sachwerten, Menschen und öffentlichem Gut fest. Im Herbst 1998 bis zum Winter 2022 kam es zu vier erheblichen Einbrüchen bei den Stollen Nr. 5, 7 und 8. Die Stollen stehen im Eigentum der BIG.

Plan Luftschutzstollen Nt. 7 | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag/Stadtarchiv
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Kosten-Nutzen-Rechnungen für Nutzbarmachung

Immer wieder wird in der Stadt über die Nutzung von ehemaligen Luftschutzstollen diskutiert. Die Innsbrucker Grünen nahmen diese Diskussionen zum Anlass, um einen Antrag im Gemeinderat einzubringen, der Kosten-Nutzen-Rechnungen zur Nutzbarmachung der 12 noch vorhandenen "Bunkeranlagen" vorsieht. Diese Zahl stammt dabei aus einer Anfragebeantwortung, aus der hervorgeht, dass sich noch 12 von ehemals 30 Anlagen in Innsbruck befinden, die jedoch aktuell nicht benutzbar sind. "Ebenso hatten wir schon vor einem Jahr einen Antrag gestellt, dass geprüft werden soll, ob und wie die Stollen nutzbar gemacht werden könnten. Aufbauend auf den Antworten der Ämter und Stellen, die erst seit März dieses Jahres vorliegen, wollen wir nun konkrete Kosten-Nutzen-Rechnungen vornehmen lassen", erklärt GR Dejan Lukovic das Vorgehen.

Zerstörung und viele Schäden nach den Bombenangriffen. | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag/Stadtarchiv
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Zukunft Bunker

Bei diesen Kosten-Nutzen-Rechnungen sollen jene Szenarien, die in der Diskussion rund um die Luftzschutzstollen immer wieder aufkommen, durchkalkuliert werden. "Wir wollen wissen, wie viel eine Renovierung für die Nutzung als Zivilschutzeinrichtung, als touristische bzw. kulturelle Einrichtung sowie als Server- oder Archivräumlichkeiten kosten würde. Nur so können wir als Gemeinderat eine kompetente Entscheidung über die Zukunft der "Bunker" treffen und könnten auch Privaten eine Entscheidungshilfe bieten, falls diese Interesse an einer Nutzbarmachung hätten. Ohne konkrete Berechnungen wissen wir nicht, ob nicht doch einer der Luftschutzstollen renoviert und genutzt werden könnte", schließt Lukovic.

Blick in einen Innsbrucker Stollen | Foto: Arnold (Hrsg.)/StudienVerlag
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Anfrage

Frage 1: Welche dezidierten Sicherheitseinrichtungen (Luftschutz- als auch Atombunker) befinden sich im Stadtgebiet Innsbrucks? Welche Einrichtungen können als Luft-schutz- und Atombunker verwendet werden?
Antwort: Im Stadtgebiet befinden sich KEINE ATOMBUNKER, von den 30 Luftschutzbunkern aus dem 2. Weltkrieg sind noch 12 (oft nur teilweise) zugänglich. KEINE dieser Anlagen kann derzeit verwendet werden. Der Zivilschutz des Landes Tirol gibt auf telefonische Nachfrage bekannt, dass keine Aufzeichnungen über Schutzräume mehr erstellt werden, da die Schutzraumpflicht seit 1997 aufgehoben ist.
Frage 2: Welche Kapazitäten weisen diese dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen jeweils auf?
Antwort: Laut der Liste aus dem 2. Weltkrieg waren die Bunkeranlagen für 12.000 Personen ausgelegt.
Frage 3: Wie schnell können diese dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen jeweils benutzbar gemacht werden?
Antwort: Die Bunkeranlagen waren auch im 2. Weltkrieg im "halbfertigen" Zustand als Luftschutzanlagen in Verwendung. Diese Anlagen sind dann nach dem 08.05.1945 (mangels Wartung) verfallen und eine Nutzung als Bunkeranlagen ist derzeit nicht möglich. In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer wieder von verschiedenen Seiten Anregungen für eine Sanierung vorgebracht, es wurden allerdings keine Tätigkeiten gesetzt, um die Luftschutzbauten funktionstüchtig zu machen.
Frage 4: Wie sind die dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen über das Stadtgebiet und die Stadtteile verteilt? Weist jeder Stadtteil solche Einrichtungen auf?
Antwort: Die Bunkeranlagen sind über das gesamte Stadtgebiet von Innsbruck verteilt.
Frage 5: Gibt es ein Konzept, wie EinwohnerInnen Innsbrucks auf die Einrichtungen auf-merksam gemacht und aufgeteilt werden? Wenn ja, wie sieht dieses aus? Wenn nicht, warum nicht?
Antwort: Nein, da die Einrichtungen nicht funktionstüchtig sind, gibt es diesbezüglich keine offiziellen Informationen für die Bevölkerung.
Frage 6: In welchem Zustand befinden sich die dezidierten und nicht-dezidierten Einrich-tungen jeweils?
Antwort: Keine der Anlagen wurde komplett fertiggestellt und der Zustand der Bunkeranlagen ist eher bescheiden bis unbrauchbar.
Frage 7: In welchen Abständen werden die dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen jeweils gewartet? Wann wurden die dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen zuletzt gewartet und mit neuen Reserven versorgt?
Antwort: Wie bereits erwähnt, wurden der Bau der Anlagen im Mai 1945 eingestellt, die Systeme wurden über Jahrzehnte so belassen, wie diese von den Strafgefangenen (KZ Reichenau) hinterlassen wurden.
Frage 8: Wie viele Reserven weisen die dezidierten und nicht-dezidierten Einrichtungen je-weils auf?
Antwort: Reserven werden nicht vor Ort gelagert, da die Einrichtungen nicht funktionstüchtig sind.
Frage 8a: Wie viele Wasserreserven sind jeweils vorhanden?
Antwort: In einzelnen Bunkern dürfte Wasser vorhanden sein. Die Trinkwasserversorgung in der Stadt Innsbruck ist aber schon alleine durch die Schwerkraft (funktioniert ohne Strom) gegeben und somit sichergestellt, dass jederzeit jede/r Bürger/in einen entsprechenden Wasservorrat anlegen kann. Darüberhinaus verfügt die Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (IKB) über 5.000 Wasserpakete (1 Liter pro Paket), die im Notfall zur Verfügung gestellt werden können. Es wäre zudem möglich, diese Pakete nachzuproduzieren (400 Pakete pro Stunde).
Die Feuerwehr könnte außerdem Zuleitungen aus der öffentlichen Wasserversorgung legen.
Frage 8b: Wie viele Lebensmittelreserven sind jeweils vorhanden?
Antwort: Im Sinne der Allgemeinen Planung und Vorhaltung für Krisen- und Katastrophensituationen ist man in der Stadt Innsbruck auf die Durchführung von allfälligen Versorgungseinsätzen vorbereitet. Das Rote Kreuz verfügt über eine Lagerhaltung im Haus (geringe Mengen für eine Erstphase). Weiters gibt es mit Großhändlern entsprechende Vereinbarungen, um auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten auf Waren zugreifen zu können.
Frage 8c: Wie sind die Einrichtungen mit Luftfiltern ausgestattet?
Antwort: Lüftungsanlagen, welche im 2. Weltkrieg eingebaut waren, wurden wohl bereits ab Mai 1945 ausgebaut (derzeit verfügt keine der Anlagen über ein Lüftungssystem).

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