Schutzbauten und Sprengungen (Video)
Zahlreiche Schutzmaßnahmen vor der "weißen Gefahr"

Lawinensprengung auf der Nordkette | Foto: nordkette.com
  • Lawinensprengung auf der Nordkette
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INNSBRUCK. Eindringliche Hinweise auf die Lawinengefahren, fast tägliche Lawinensprengungen. Die "weiße Gefahr" steht aktuell im besonderen Fokus. Aber auch das Thema Lawinenverbauung und Schutzmaßnahmen beschäftigen die Stadt. Zehn Lawinenbahnen, von der Nordkette herab, bedrohen die Siedlungsbereiche am Stadtrand. 

Sprengungen

Die Lawinensprengungen sind in ganz Innsbruck zu hören. Die Sprengungen verhindert die Ansammlung großer Schneemengen an Gefahrenstellen. Erst dadurch wird ein sicherer Skibetrieb auf den Pisten über Innsbruck möglich. „Wenn der Wind richtig weht, klirren in manchen Stadtteilen die Fensterscheiben. Vor sieben in der Früh fangen wir deshalb nicht mit dem Sprengen an. Die Explosionen sind unten in Innsbruck zum Teil lauter als hier oben“, erklärt ein Mitglied der Lawinenkommission. Neben der Sprengseilbahn arbeitet die Lawinenkommission auch mit fix installierten Gaskanonen, die per Knopfdruck gezündet werden können. „Gazex“ nennt sich dieses System, das etwa auf dem Grat über dem Funpark installiert ist. Vorsicht müssen vor allem Tourengeher walten lassen. Bei den Sprengungen ist ein Einstieg in die Piste lebensgefährlich.

Video

Lawinengefahr

Kaum eine andere österreichische Stadt wird mit dem Thema Lawinengefahr so direkt konfrontiert wie Innsbruck. Die Nordkette ist für große Neuschneemengen und Lawinen, die besonders viel Geröll und Baumstämme mitführen, bekannt. Zuletzt hinterließ vor drei Jahren eine Staublawine ihre zerstörerischen Spuren im Innsbrucker Schutzwald, rundum das Gebiet der Arzler Alm. Damit die Stadt Innsbruck vor Lawinenabgängen geschützt ist, wird laufend in die Lawinenverbauung sowie Aufforstung und Pflege des Schutzwaldes investiert. „Die Lawinensituation in Innsbruck ist einzigartig. Berg und Stadt sind eng miteinander verbunden. Dass die Landeshauptstadt vor Lawinen sicher ist, dafür sorgen kompetente Fachexpertinnen und -experten. Dank ihres Einsatzes konnten in der Vergangenheit diverse Sicherungsmaßnahmen, wie etwa die Verbauung der Mühlauer Klamm oder jene im Bereich der Arzler Alm abgeschlossen werden. Auch in Zukunft wird kräftig in die Lawinenverbauung investiert. So startet im Bereich der Allerheiligenhof-Lawine das nächste Sicherheitsprojekt im Sommer“, betont Vizebürgermeister Johannes Anzengruber.

Wald bietet Schutz

Nach dem Abgang der Arzler Alm-Lawine im Jahr 2019 wurde umgehend von Seiten der Stadt mit der Wiederaufforstung begonnen. Zuvor galt es, die gewaltigen Schadholzmengen gemeinsam mit mehr als 70 WaldbesitzerInnen rasch aufzuarbeiten. Im Jahr 2020 wurden im Randbereich schon mehr als 10.000 neue Pflanzen gesetzt. Auch die Rekultivierung der Weideflächen im Bereich der Arzler Alm wurde im selben Zug mitgedacht. Die Aufforstung mit mehr als 20.100 Bäumen ist vorerst abgeschlossen. Der Schwerpunkt liegt nun auf der Pflege. Ziel ist es, den Waldboden durch die kleinen Bäume rasch wieder zu festigen. „Der Bevölkerung muss bewusst sein, dass der Wald auf der Innsbrucker Nordkette nicht nur ein Naherholungsraum ist, sondern vor allem Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen, Bodenerosionen und Steinschlag bietet. 75 Prozent der Gesamtwaldfläche in Innsbruck sind Schutzwald mit besonderem öffentlichem Interesse“, führt Andreas Wildauer, Amtsvorstand für Wald und Natur aus.

Siedlungsbereiche

Auch die vorhandenen Lawinen-Bremsbauwerke unterhalb der Arzler Alm wurden durch die Schneemassen beeinträchtigt. Die Verbauung besteht aus insgesamt zehn Bremshöckern, vier gemauerten Querdämmen und vier Erddämmen. Diese sorgen dafür, dass der darunterliegende große Lawinenauffangdamm speziell für Großlawinen zur Verfügung steht und nicht bereits bei kleineren Lawinenabgängen gefüllt wird. Mit Ausnahme der bereits 2010 und 2011 sanierten Bremshöcker, die durch die Schneemassen unbeschädigt blieben, wurden alle anderen Schutzbauten erneuert. „Innsbruck ist die einzige Großstadt im gesamten Alpenraum, die von Lawinen gefährdet wird. Insgesamt zehn Lawinenbahnen von der Nordkette herab bedrohen die Siedlungsbereiche am Stadtrand, wobei vor allem die Stadtteile Mühlau, Hungerburg, Hötting und Allerheiligen betroffen sind. Durch umfangreiche Lawinenschutzbauten sind jedoch die Siedlungsräume ausreichend gut geschützt“, weiß der verantwortliche SektionsleiterGebhard Walter von der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV).

Sanierung „Allerheiligen-Damm“

Im Westen Innsbrucks, bei den Allerheiligen Höfen, wird ab Sommer der 30 Jahre alte Lawinenauffangdamm saniert. „Der Damm wurde als Erdschüttdamm errichtet. Das bedeutet, dass das Material nicht verdichtet bzw. keine Abdichtungen vorgenommen wurden. Im Falle eines Lawinenabgangs können die Ablagerungen zu einer Verstopfung führen, da das Wasser dann nicht ungehindert abrinnen kann. Mit diesen Umbaumaßnahmen wird der Schutzbau auf den neuesten Stand der Technik gebracht und für die zukünftigen Ereignisse optimiert“, geht Josef Plank, Gebietsbauleiter Mittleres Inntal der WLV ins Detail. Die Kosten von rund 3,2 Millionen Euro teilen sich Bund (56 Prozent), Land Tirol (19 Prozent) und Stadt Innsbruck (25 Prozent). Kommendes Jahr ist die Sanierung planmäßig abgeschlossen. In den vergangenen Jahren konnten noch weitere Lawinenschutz-Maßnahmen abgeschlossen werden, wie etwa die Verbauung der Mühlauer Klamm oder der Arzler Alm-Lawine.

Elektronische Lawinentafeln

Das Amt für Allgemeine Sicherheit und Veranstaltung unter der Leitung von Mag. Klaus Feistmantl ist für die Sperrungen von Wegen und Steige zuständig. Dabei arbeitet das Amt eng mit der Lawinenkommission zusammen und kann im Falle einer Warnung schnell reagieren. „Wer die Sperren ignoriert, kann sich in Lebensgefahr begeben, vor allem bei Sprengungen oder bestehender Lawinengefahr“, weist Feistmantl darauf hin, abgesperrte Gebiete unbedingt zu meiden. Damit Sperren noch unmittelbarer und mit weniger Aufwand eingerichtet werden können, werden die Lawinentafeln im Bereich der Nordkette künftig elektronisch angezeigt. Unter www.innsbruck.gv.at → Leben in Innsbruck → Aktuelle Lawinensperren werden Informationen zu Wegsperren laufend aktualisiert.

„Innsbruck gemeinsam“

Mit der städtischen App „Innsbruck gemeinsam“ haben interessierte BürgerInnen die Möglichkeit, sich aktiv – im Rahmen einer „Lern-App“ – zu informieren und ihr Wissen selbst zu überprüfen. Der Themenschwerpunkt „Nordkette – Lawinen-Microtraining“ gibt einen Gesamtüberblick der Arbeit der Lawinenkommission sowie der Sprengungen auf der Nordkette. Darüber hinaus werden „typische“ Lawinenprobleme und Gefahrenmuster anschaulich erklärt. Die App verlinkt außerdem direkt zum Lawinenwarndienst Tirol, der täglich einen aktuellen Lawinenlagebericht verfasst und kann kostenlos am Smartphone via iOS App Store, Google Play oder AppGallery heruntergeladen werden.

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