BezirksBlätter-Dossier
Die Pläne der Arbeitsgruppe Tempo 30 in Innsbruck

Die Entscheidung über die künftigen Regelung in Innsbruck steht bevor. | Foto: Kubanda
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  • Die Entscheidung über die künftigen Regelung in Innsbruck steht bevor.
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Die Diskussion über die künftige Temporegulierung in der Stadt Innsbruck geht in die entscheidende Phase. Der Bericht der Arbeitsgruppe Tempo 30 liegt vor. Im BezirksBlätter Innsbruck Dossier zum Thema Tempo 30 in Innsbruck gibt es einen umfassenden Rückblick auf die fast 150-jährige Geschichte der Verkehrsbeschränkungen in Innsbruck und die aktuellen Informationen aus dem Bericht der Arbeitsgruppe.

INNSBRUCK."Es ist vollbracht" titelten die Innsbrucker Stadtnachrichten im Jahr 1989. Am 20. September 1989 wurden an der Zufahrtsstraße zur Lohbachsieldung die "Tempo-30-Zone"-Schilder angebracht. Der damalige Verkehrsstadtrat Harald Hummel übernahm mit Baudirektor Otto Müller und Straßen- und Verkehrsamt Vorstand Martin Jäger die symbolische Montage. Es folgten noch im Jahr 1989 die Zonen am Mentlberg und Klosteranger. Die Diskussion über Verkehrsbeschränkungen in Innsbruck ist weit über 100 Jahre alt. Schon am 17. Juli 1876 hat das Magistrat eine "Innsbrucker Radfahr-Ordnung" erlassen. Das Velocipede-Fahren war unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Verschiedene Paragraphen regeln die Geschwindigkeit, das Benutzen der Alarmglocke oder das Anzünden der Laterne bei Dunkelheit. Auch das Fahrverbot wurde festgelegt: "§ 9. Trottoirs, Promenaden sowie überhaupt alle bloß für Fußgänger bestimmten Wege dürfen von Velocipedisten unter keiner Bedingung befahren werden."

Foto: Stddt Innsbruck

Aus dem Archiv: Bürgerinitiative mit Kompromisslösung, BezirksBlätter Innsbruck Artikel

Auch ein Blick über die Stadtgrenzen zeigt die frühe Bedeutung von Regeln im Verkehr. Die ersten Fahrordnungen datieren aus der Zeit um 1900. Eine  Verordnung von 1905 legte die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen mit 45 km/h, im Ortsgebiet auf 15 km/h fest – kontrolliert von der Polizei durch „eigene dienstliche Wahrnehmung“. 1911 wurde von der Wiener Polizeidirektion eine Gehordnung herausgebracht: „Der Großstädter hat sich stets vor Augen zu halten, daß die Fahrbahn der Straße zunächst dem Wagenverkehr zu dienen hat und daß für Fußgänger das Trottoir bestimmt ist.“

Foto: Stadt Innsbruck

Linksverkehrs

Eine kurzer geschichtlicher Streifzug zum Thema Links- und Rechtsverkehr. Besonders kompliziert war die Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr in Österreich. Jahrelang gab es keine einheitliche Regelung für das ganze Land, sondern eine Links- und eine Rechtsfahrzone. Österreich-Ungarn war nach Napoleons Niederlage zum Linksverkehr zurückgekehrt – allerdings mit Ausnahme der damaligen Kronländer Tirol (dazu zählte auch Vorarlberg). 1915 wurde – auf den Straßen – generell der Linksverkehr eingeführt – also auch in Tirol und Vorarlberg. Das stieß dort auf Widerstand in der Bevölkerung. Deswegen durfte Vorarlberg schon am 21. August 1921 wieder zum Rechtsverkehr zurückkehren. In vier weiteren Etappen wurde bis 1938 in ganz Österreich auf Rechtsverkehr umgestellt, in die Tirol wurde die Regelung am 2. April 1930 eingeführt.

Verbot höherer Geschwindigkeit als 30 km je Stunde,  Reichsgesetzblatt 123 vom 16. November 1937 | Foto: Mediatus
  • Verbot höherer Geschwindigkeit als 30 km je Stunde, Reichsgesetzblatt 123 vom 16. November 1937
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Aus dem Archiv, Bürger für Tempo 30, BezirksBlätter Innsbruck Artikel

Temporegelungen

Geschwindigkeitsbegrenzungen waren über die gesamten Jahre immer wieder ein Thema. Eine 30 km-Regelung wurde u. a. im Reichsgesetzblatt 123 vom 16. November 1937 festgelegt. Die rasante technischen Entwicklungen im Verkehr hat die Frage der Verkehrssicherheit laufend thematisiert. 1955 hat der damalige Bürgermeister Franz Greiter ein Parkverbot in der Altstadt vorgeschlagen, 1963 wurde unter Bürgermeister Alois Lugger der Ringverkehr um die Altstadt eingeführt und seit 2. Mai 1972 ist die Altstadt eine Fußgängerzone. 1983 wurde in der Innenstadt von Buxtehude die erste deutsche Tempo-30-Zone eingeführt. Österreichs erste Fußgängerzone wurde 1961 in der Kramergasse in der Klagenfurter Innenstadt eröffnet. Im Jahr 1992 war die Stadt Graz mit der Umsetzung von flächendeckendem Tempo 30 mit Ausnahme der Hauptstraßen ein internationaler Vorreiter. 1989 begann schließlich die Zeit der Tempo 30-Regelung in Innsbruck. Die nördliche Maria-Theresien-Straße wurde im Jahr 2003 probeweise als Fußgängerzone ausgerufen. Von 2006 bis 2009 wurde der Bereich der Maria-Theresien-Straße nördlich der Anichstraße in eine Fußgängerzone umgewandelt, die Straßenbahn wird seither durch Anichstraße bzw. Burggraben geführt. Der südliche Abschnitt, der nach wie vor dem öffentlichen Verkehr zur Verfügung steht, wurde bis 2011 ebenfalls neu gestaltet.

Die geplante Gechwindigkeitsregelung in Innsbruck | Foto: Stadt Innsbruck
  • Die geplante Gechwindigkeitsregelung in Innsbruck
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Neuzeit

In der Gemeinderatssitzung vom 24.3.2022 stand der Antrag "Gemeindestraßen, flächendeckende Tempo-30-Beschränkung im Stadtgebiet" von GR Helmut Buchacher zur Diskussion und Abstimmung. Ein ähnlicher Antrag zum Tempo-30-Thema wurde auch von StR Uschi Schwarzl eigebracht, dieser Antrag wurde nach sechs Wortmeldungen gegen die Stimmen von GRÜNE, NEOS und ALI dem Inhalt nach abgelehnt. Die Diskussion über seinen Antrag leitete GR Buchacher mit folgenden Worten ein:

"Ich habe mir heute während der Sitzung des Gemeinderates diverse Dinge, unter anderem auch von der Ressortzuständigen angehört, die gemeint hat, dass uns bei den eingebrachten Anträgen nur marginale  Unterschiede trennen. Allein schon der Punkt, sogar auf Landstraßen eine Tempo 30-km/h-Geschwindigkeit einführen zu wollen, muss von uns abgelehnt werden. Über das  Zustandekommen des Antrages der Innsbrucker Grünen möchte ich mich nicht mehr lange  unterhalten. Ich ziehe meine Hose nach oben und sage nur noch "unterste Gürtellinie" oder  grobes Foul. Das hat den Innsbrucker Grünen jedoch nichts genützt. Wie immer gehen die  GRÜNEN von einer Symbolpolitik aus, denn es geht nicht um tatsächliche Lösungen."

Foto: Stadt Innsbruck

GR Buchacher hat folgenden Abänderungsantrag in der Sitzung eingebracht, der Gemeinderat möge beschließen:

1. Der Gemeinderat spricht sich für die Einführung von Tempo 30 km/h als bevorzugte Geschwindigkeit aus. Ausgenommen werden hiervon Bundes- und Landesstraßen und vom  Gemeinderat zu definierende Durchzugsstraßen.
2. Die Durchzugsstraßen sind von einer gemeinderätlichen Arbeitsgruppe unter Einbindung aller Gemeinderatsparteien festzulegen. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei auf die Umgebung von Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen zu legen.
3. Die Arbeitsgruppe hat dem Gemeinderat bis zum Jahresende 2022 die auszunehmenden Durchzugsstraßen zur Beschlussfassung vorzulegen.
4. Basierend auf dieser Beschlussfassung über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe soll der Verordnungsentwurf für eine flächendeckende Tempo-30-km/h-Beschränkung abseits von Bundes-, Landes- und Durchzugsstraßen durch die zuständigen städtischen Ämter erarbeitet werden.

Die Diskussion im Gemeinderat ist im Protokoll der Sitzung auf 15 Seiten nachzulesen. Der Antrag wurden gegen die Stimmen von FPÖ, ÖVP, TSB und GERECHT, dem Stadtsenat zur selbstständigen Erledigung zugewiesen. Es folgte ein offener medialer Schlagabtausche zwischen den einzelnen Fraktionen des Gemeinderates. Die Arbeitsgruppe selbst tagte am 6. April, 7. Juni und 2. November, hier wurde auch die Netzkarte mit den vorgeschlagenen Geschwindigkeiten und die mögliche weitere Vorgangsweise präsentiert.

So könnte es weitergehen | Foto: Stadt Innsbruck
  • So könnte es weitergehen
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Beispiele

Die Schützenstraße im O-Dorf bleibt eine Ausnahme in Sachen Geschwindigkeitsbegrenzung, die 40 km/h-Regelung soll beibehalten werden: "Tempo 40 belassen, da bewährt, 30er argumentierbar, wenn Durchzugsverkehr nach und von Rum reduziert werden soll". Hoherweg, vorgeschlagene Geschwindigkeit 30 km/h, Begründung: "30 bei Kaysergarten belassen, aus strategischen Gründen (politische Abwägung) 30 möglich um Durchzugsverkehr Anpruggen zu reduzieren und die Radanbindung zu verbessern, kann die sehr teure Radfahranlage vermeiden helfen." Reichenauer Straße, vorgeschlagene Geschwindigkeit 30 km/h, Begründung: "durch Straßenbahnführung hat sich Kfz-Verkehr um 25% reduziert", König-Laurin-Straße mit 30 km/h :"Teilstück zwischen zwei Tempo-30 Straßen, durchgehender Straßenzug König-Allee bis Reichenauerstraße als Tempo-30-Sammelstraße".  Dörrstraße 30 km/h-Vorschlag, "wegen Verkehrsunfällen auf 30 gesetzt, Dörrstraße sowie Hans-Maier-Straße und Werner-von-Simensstraße sollen keine Ausweichstraßen zur B171 sein."

Vorgeschlagene Regelung durch die Arbeitsgruppe | Foto: BezirksBlätter
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