Stadtblatt-Interview
"Die Sicherheit im Bildungsbereich darf nicht von der Geldtasche abhängen."

Stadträtin Elisabeth Mayr über die Bildung und Sport in Innsbruck in Coronazeiten. | Foto: Mayr
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  • Stadträtin Elisabeth Mayr über die Bildung und Sport in Innsbruck in Coronazeiten.
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INNSBRUCK. Ihre Ressorts in der Stadt Innsbruck sind eigentlich mit viel Kinderlachen, Jubelstimmung und viel Bewegung verbunden. Stadträtin Elisabeth Mayr im Stadtblatt-Interview über die Herausforderungen in Sachen Sport und Bildung in Coronazeiten.

Stadtblatt: Sehr geehrte Frau Stadträtin. Corona und städtische Bildungseinrichtungen, wie stellt sich die aktuelle Situation dar?
Elisabeth Mayr: Das Ziel ist, dass alle Bildungseinrichtungen offen bleiben. Die Vorgaben des Bundes und des Landes sind für uns aber bindend. Die Stadt kann zum Beispiel nicht sagen, die Schulen werden ab jetzt gestaffelt geöffnet oder wir machen einen Schichtbetrieb in der Oberstufe, weil für Jugendliche eine verlässliche Struktur wichtig ist. Die Stadt Innsbruck hat hier keinerlei Kompetenzen. Umso wichtiger ist mir, dazu beizutragen, den Zugang zu Bildung und Kinderbetreuung sicherzustellen.

Welche Maßnahmen konnten Sie setzen bzw. was ist Ihnen wichtig, Sie haben zum Beispiel eine Bildungshotline zur Gesundheitsbehörde gefordert?
Bisher musste ich viel persönlich helfen, damit die Kommunikation zwischen den LeiterInnen der Schulen sowie Betreuungseinrichtungen und den Gesundheitsbehörden überhaupt funktioniert. Um in diesem Covid-Winter verlässliche Kinderbetreuung und Bildung anbieten zu können, braucht es gut funktionierende Strukturen für die Abklärung. Wenn einmal etwas in der Abstimmung zwischen dem Dreieck Landesbildungsdirektion, Gesundheitsbehörde und LeiterInnen nicht planmäßig funktioniert, ist ein direkter Draht zur Gesundheitsbehörde eine wichtige Unterstützung. Das ist der Grundgedanke der Bildungshotline, den ich seit Anfang September vertrete. Damit wird Sicherheit für Kinder, Eltern und MitarbeiterInnen geschaffen.

Auch das Thema Testung in Form Schnelltestungen steht zur Diskussion? Wie sollen dabei die Erziehungsberechtigten mit einbezogen werden?
Wir brauchen einen schnellen Zugang zu Tests und den Ergebnissen, weil davon sehr viele weitere Schritte abhängen. Das gilt im Bildungsbereich nicht nur für die Kinder, sondern auch für alle, die hier arbeiten. Ohne Personal kein Betrieb. Hier sind wir oft zu lange im Ungewissen, dabei verstreicht wertvolle Zeit. Teure private Testungen von bis zu 200 Euro, um Klarheit zu schaffen, können jedenfalls nicht die Lösung sein. Sicherheit darf nicht von der Geldtasche abhängen.

Warum ist es Ihnen wichtig, die Schließungen von Bildungseinrichtungen zu verhindern?
Weil es für Kinder, Jugendliche und Eltern mit das Allerwichtigste ist, sich auf das Bildungs- und Betreuungsangebot verlassen zu können. Verlässliche Bildung und Betreuung schaffen soziale Sicherheit, Planbarkeit bei Berufstätigkeit und unterstützen Kinder, die zu Hause weniger Bildungschancen erfahren. Die pädagogische Beziehung und der Umgang mit Gleichaltrigen sind das Um und Auf, Kinder lernen am meisten miteinander und voneinander. Homeschooling ist in all diesen Punkten kein Ersatz für die Präsenz, weder im Kindergarten, noch in der Oberstufe. Ich will, dass kein Kind zurückgelassen wird.

Von der Bildung zum Sport. Wie ist hier die aktuelle Situation?
Für fast alle Sportarten liegen mittlerweile ausgezeichnete Covid-Konzepte von Vereinen und Verbänden vor. Die Hausaufgaben wurden gemacht, die Hürden der Hygienemaßnahmen genommen. Das zeichnet die FunktionärInnen und Aktiven im Sport aus: Es wird immer gemeinsam versucht, eine Lösung zu finden und Geplantes trotz Widrigkeitkeiten auf die Beine zu stellen. Vom organisierten Sport geht offenbar auch kaum ein Infektionsgeschehen aus. Dennoch ist die Lage belastend und die Aussichten sind alles andere als rosig: Stark verkleinerte Gruppen, die oft mehr TrainerInnen- oder Zeitaufwand bedeuten, Einbrüche bei den Einnahmen, ob in der Kantine, bei Ticketverkäufen oder durch ungewisse oder wegbrechende Sponsorengelder, abgesagte Wettkämpfe und Veranstaltungen. Zum Teil fehlt einfach die Kontinuität, die für alle Beteiligten, aber vor allem bei der Nachwuchsarbeit so wichtig ist.

Unter anderem wurde der Zugang zu städtischen Turnhallen für Externe bis 18 Uhr untersagt, was kann diese Maßnahmen bewirken?
Für mich ist es ein politisches Ziel, dass wir, solange es von Bundesseite her möglich und umsetzbar ist, Bewegung und Sport mit allen Hygienemaßnahmen stattfinden lassen können, auch weil Sport ein entscheidender Faktor für die Gesundheit von Jung bis Alt ist. Der Bund schreibt vor, dass der Kontakt zwischen SchülerInnen und externen Vereinen vermieden werden soll. Fast alle Schulen in Innsbruck haben Nachmittagsbetreuung. Nach 18 Uhr können Begegnungen mit SchülerInnen aber ausgeschlossen werden. Daher vergibt das Sportamt die Hallen hier nach wie vor an externe Sportvereine. Andere vergleichbare Städte wie zum Beispiel Salzburg haben seit Schulbeginn im September überhaupt keine externen Vereine mehr an den Schulen, weder vor 18 Uhr noch nach 18 Uhr, unabhängig von der Ampelfarbe.

Das sportliche Vereinsleben ist coronabedingt schwer unter Druck, Erfolgsprojekte, wie die Fertigstellung der neuen Football-Anlage, können nicht im passenden Rahmen gefeiert werden?
Ja, coronabedingte Absagen von Veranstaltungen, Wettkämpfen, Spielen, Jahreshauptversammlungen sind an der Tagesordnung. Hier gilt: Was nachgeholt werden kann, wird nachgeholt. Die angesprochene Eröffnung des Football-Trainingszentrums wird auf einen späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt verschoben. Die Sportstätte selbst wurde aber natürlich direkt nach der Fertigstellung an die NutzerInnen übergeben. Ein Gegenbeispiel: Die SportlerInnen-Ehrung haben wir heuer bewusst nicht abgesagt, sondern im Freien in ganz neuer Form unter Einhaltung aller Covid-Maßnahmen veranstaltet, weil es mir gemeinsam mit dem Sportamt wichtig ist, die Anerkennung dieser Leistungen in gebührendem Rahmen zu würdigen, statt eine Urkunde nur mit der Post zuzustellen. Wir nehmen es sportlich: Wo ein Wille, da ein Weg!

Vor kurzem wurde vom Investor des FC Wacker Innsbruck ein neues Projekt des FCW in Innsbruck vorgestellt, waren Sie bei der Präsentation dabei? Wie sind Ihre Eindrücke vom schwarzgrünen Vorhaben?
Es gab eine Präsentation des Vorhabens für die Innsbrucker Stadtregierung. Das Gespräch mit dem Investor hat nur mit dem Bürgermeister stattgefunden. Aktuell sind mehrere Ämter der Stadt Innsbruck, das Land Tirol und die Olympiaworld mit den Vorschlägen befasst. Es dauert wohl noch etwas, um das Vorhaben bewerten zu können.

Wie laufen die Arbeiten am Sportentwicklungsplan?
Dem Sportausschuss wurde gerade ein aktueller Zwischenstand präsentiert. Die Zusammenarbeit mit dem sportwissenschaftlichen Institut der Uni Innsbruck läuft sehr gut, jetzt sind wir gerade dabei, die Interessensgruppen in den Prozess mit einzubinden. Das große Ziel ist, dass wir den Bedarf an Sport- und Bewegungsmöglichkeiten zum ersten Mal zusätzlich unter einer repräsentativen Einbindung der Bevölkerung erfassen. Dieser Schritt steht erst 2021 bevor, insgesamt dauert der Prozess drei Jahre.

Einige Themen müssen aber vor 2023 entschieden werden, wie sieht dazu Ihre Prioritätenliste aus?
Im Moment ist die Covid-Situation ein sehr dominantes Thema. Hier gilt es die Vereine bestmöglich zu unterstützen, auch finanziell. Die Covid-Situation belastet aber auf der anderen Seite auch die finanziellen Möglichkeiten der Stadt. Für den heurigen Winter konnte ich die Streichung eines städtischen Eislaufplatzes (Baggersee, Sillpark, Hötting-West und Igls) verhindern, alle vier stehen ergänzend zum Außeneisring bei der Olympiaworld zu Verfügung. Aktuell verhandeln wir hier die Möglichkeiten für die nächsten Saisonen und es ist kein Geheimnis, dass ich mich für den Weiterbetrieb aller vier Plätze einsetze. Für Kinder und Jugendliche ist das eine wichtige Winter-Bewegungsmöglichkeit an der frischen Luft, die Wohnortnähe spielt eine entscheidende Rolle. Ein großes Thema ist mit der Entwicklung des Campagne-Areals in der Reichenau gegeben. Ja, wir brauchen dringend leistbare Wohnungen, die hier gebaut werden können. Wir brauchen aber auch Grünraum und eine gute gemeinsame Entwicklung mit den ASKÖ-Sportflächen in diesem Areal, um eine hohe Lebensqualität für die gesamte Reichenau zu schaffen. Wohnungen allein sind für ein gutes Leben zu wenig, dafür setze ich mich ein.

Wie ist konkret der Stand der Dinge zum Thema 50-Meter-Schwimmsportzentrum?
Das Sportamt hat – wie vom Gemeinderat beauftragt – in den letzten 4 Monaten zahlreiche und intensive Abstimmungsgespräche mit PartnerInnen, NutzerInnen und Politik geführt, den Bedarf an Wasserflächen für den Spitzen- und Breitensport, den Freizeitsport und das Schulschwimmen erhoben, dabei die Datenlage aktualisiert und kompakt aufbereitet. Der finale Planungsprojektbericht ist gerade in der Fertigstellung, im Dezember wird dieser dem Gemeinderat zur Kenntnis gebracht. Danach muss der Bericht dem neu gegründeten Projektbeirat der Stadt Innsbruck vorgelegt werden, dieser Beirat nimmt alle Großprojekte der Stadt (Kosten über eine Million Euro) unter die Lupe. Danach ist wieder die Politik am Zug und im Falle einer Umsetzung natürlich die IKB, wiederum unter Einbindung der Nutzergruppen. Fakt ist: Mir ist wichtig, dass jedes Kind in unserer Stadt schwimmen lernt, dafür braucht es dringend mehr Wasserflächen. Bei dem Termin mit Vizekanzler Kogler hatte ich das Gefühl, dass er ein offenes Ohr dafür hat.

Zurück zum Thema Bildung, hier ist der Campus Wilten ein dominierendes Thema?
Der Schulcampus Wilten ist ein Projekt, auf das wir wirklich stolz sein können. Hier finden die SchülerInnen von der Volksschule Altwilten und von zwei Mittelschulen perfekt sanierte und erweiterte, jetzt auch barrierefreie Räumlichkeiten vor. Mit den Semesterferien im Februar wird die zweite der beiden Mittelschulen (jetzt noch Müllerschule) einziehen können, dann folgt noch die Außengestaltung. Die Investition von über 10 Millionen Euro ist in der Bildung bestens angelegt.

Welche Vorhaben von Seiten der Stadt Innsbruck stehen in Sachen Bildungseinrichtungen noch auf dem Programm?
Wir haben gerade den Kindergarten Reichenau-Süd ausgebaut und rundum erneuert, solche Projekte sind in vielen Stadtteilen bereits in der Durchführung oder in Planung. Ich will nur ein paar Punkte herausgreifen, die mich gerade besonders in den Verhandlungen beschäftigen: In der ehemaligen Mittelschule Müllerstraße soll eine neue Kinderkrippe und ein Kindergarten entstehen. Dieses neue Angebot ist nicht nur für die BewohnerInnen von Wilten und der Inneren Stadt wichtig, sondern auch für die vielen Berufstätigen in dieser Gegend (z. B. an der Klinik oder an der Uni). Bei der Mittelschule im Olympischen Dorf können wir endlich die Dachterrasse sanieren, dafür habe ich sehr entschieden gekämpft. Dort entsteht eine qualitätsvolle Außenfläche für die Freizeit, aber es soll auch möglich sein, den Unterricht ins Freie zu verlegen. In Pradl-Ost soll die Siegmairschule weiter saniert werden, dafür nehmen wir auch Millionen in die Hand. Für die Volksschule Allerheiligen gab es bereits einen Wettbewerb für zusätzliche Räumlichkeiten für den Mittagstisch und die Nachmittagsbetreuung, das werden wir umsetzen. Und an vielen Kindergarten-Standorten haben wir Probleme bei den Kapazitäten für den Mittagstisch, zum Beispiel in der Höttinger Au oder in der Reichenau/Wörndlestraße. Ohne Mittagstisch ist ganztägige Betreuung nicht möglich, da aber gerade berufstätige Frauen dringend eine ganztägige Betreuung brauchen, hat das für mich ebenfalls eine hohe Priorität. Ein Highlight wird ein „Waldklassenzimmer“ bei Mühlau sein, das verschiedenen Klassen dann projektweise für den Unterricht mitten in der Natur zur Verfügung stehen wird. Hier sind wir noch in der Planungsphase, aber das wird für die Innsbrucker Schülerinnen und Schüler großartig werden!

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