Innsbrucker Gemeinderat
Willi nach drittem Sondervertrag entmachtet

Der Gemeinderat hat mit Stimmen von 33 Mandataren entschieden, dass der Bürgermeister keine Verträge mehr unterfertigen darf, die das Stadtbudget mit mehr als 3.000 Euro belasten.  | Foto: Michael Steger
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  • Der Gemeinderat hat mit Stimmen von 33 Mandataren entschieden, dass der Bürgermeister keine Verträge mehr unterfertigen darf, die das Stadtbudget mit mehr als 3.000 Euro belasten.
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Am Donnerstag tagte der Innsbrucker Gemeinderat. Neben Tempo 30, dem Bozner Platz und der Weiterverwendung des MoHo-Areals wurde vorallem über die Alleingänge des Grünen Bürgermeisters im Zusammenhang mit den Verträgen der ehemaligen Personalamtsleiterin debattiert. In Sachen Vertragsunterfertigung wurde der Bürgermeister vom Gemeinderat entmachtet. 

INNSBRUCK. Vergangene Woche sorgte der bekanntgewordene zweite Sondervertrag von Bürgermeister Georg Willi mit seiner ehemaligen Personalamtsleiterin für große Aufregung. Darin hatte Willi, der nun als Sachbearbeiterin angestellten Mitarbeiterin ein weiterhin fürstliches Gehalt von 8.200 Euro vertraglich zugesichert. Wie der Kontrollausschuss in Erfahrung brachte, geschah dies ohne Einbeziehung der Magisterratsdirektion hinter verschlossenen Türen. Zusätzlich wurde dieser Vertrag unbefristet abgeschlossen, was für die Stadt einen finanziellen Schaden in Millionenhöhe bedeuten hätte können. Können, denn Georg Willi hat nach Bekanntwerden seines Alleingangs eingelenkt und wie er wissen ließ, einen neuen Vertrag mit der besagten Mitarbeiterin ausgehandelt. Zeitlich soll dieser bis 2025 begrenzt sein. Erneut handelt es sich um einen Sondervertrag - der nun dritte mit der Mitarbeiterin. Der Magisterratsdirektion soll dieser jetzt bekannt sein, dem restlichen Gemeinderat nicht. Weshalb in der Sitzung des Gemeinderats Zweifel an den Aussagen Willis aufkamen. 

Schaden in vielerlei Hinsicht

Mit Ausnahme der Grünen Fraktion ließen alle anderen Parteien kein gutes Haar am Bürgermeister. ÖVP-Klubobmann Christoph Appler sah auch ohne finanziellen einen Schaden für die Stadt. "Wenn man ein Auto an die Wand fährt, ist der Schaden auch nicht erst dann entstanden, wenn die Rechnung kommt", so Appler. StR. Oppitz-Plörer sah neben finanziellem Schaden vorallem einen Schaden am Amt des Bürgermeisters. "In der Wahrnehmung der Menschen wirst du am Nasenring durch die Manege gezogen, die du selbst geschaffen hast". FPÖ Klubobfrau Andrea Dengg warf dem Bürgermeister vor, aus der Stadt eine "Ich-AG" gemacht zu haben und Gemeinderat Mesut Onay fragte sich, warum Willi überhaupt Bürgermeister sei, wenn er nicht mit der Verwaltung zusammenarbeiten könne bzw. wolle. 

GR Gerald Depaoli hatte passend zum Thema verfehlte Umweltpolitik der Grünen eine Motorsäge mitgebracht.  | Foto: Stadt Innsbruck
  • GR Gerald Depaoli hatte passend zum Thema verfehlte Umweltpolitik der Grünen eine Motorsäge mitgebracht.
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Harte Vorwürfe und Untergriffe

"Ich soll keine geheimen Verträge abschließen" möge der Bürgermeister 100 Mal auf die im Gemeinderat nicht vorhandene Tafel schreiben, meinte Julia Seidl von den NEOS und zeigte sich erbost darüber, dass der Bürgermeister erneut einen Sondervertrag mit der Mitarbeiterin abgeschlossen hatte. Besonders laut wurde es als Marcella Duftner ehemalige Grüne und jetzt beim Lebenswerten Innsbruck das Wort ergriff. Sie warf dem Bürgermeister erst vor, ein Autokrat zu sein und suchte in weiterer Folge mit dem untergriffigen Vorwurf, dass der Bürgermeister frauenfeindlich sei, sich und ihre Partei in Szene zu setzen. Dabei irritierte sie auch mit einem selbst frauenfeindlichen Angriff gegen die Frauensprecherin der Grünen, Zeliha Arslan. GR Gerald Depaoli wiederum forderte in seiner Ansprache Landeshauptmann Anton Mattle auf, einzuschreiten. Während der Bürgermeister, die Vorwürfe auf sich einprasseln ließ – einmal mehr verwies er darauf, nur auf das Unrecht, das der Mitarbeiterin widerfahren sei, reagiert zu haben, beim Vertrag aber einen Fehler begangen zu haben, den er umgehend beseitigte – sah GR Helmut Buchacher nach mehreren Stunden genug an Untergriffen. Harte Kritik müsse sein, aber das Niveau sei unterirdisch. Sein Telefon sei während des Tagesordnungspunkts heiß gelaufen. Die Menschen vor dem Livestream, die sich melden, hätten genug von dem Kasperletheater. 

Entmachtung des Bürgermeisters

Als es wieder um die Sache ging. Entschied sich der Gemeinderat mehrheitlich auf Antrag von Christine Oppitz-Plörer, den Bürgermeister in Zukunft in Vertragsfragen zu entmachten. Er solle in Zukunft nicht mehr die Möglichkeit haben, Verträge zu unterfertigen, die das Stadtbudget mit mehr als 3.000 Euro belasten. Das dürfte auch für zukünftige Bürgermeister gelten. Ob der Antrag rechtlich durchsetzbar ist, wird sich weisen. Einmal mehr dürfte sich die Gemeindeaufsicht mit der Stadt Innsbruck beschäftigen. 

Weitere Aufreger

Nicht nur der Bürgermeister sorgte mit seinem Vorgehen in den vergangenen Wochen für Aufsehen im Gemeinderat. Einmal mehr stand auch Gemeinderat Gerald Depaoli im Mittelpunkt der Kritik. Dass der Parteichef des Gerechten Innsbrucks mit einer Motorsäge im Sitzungsaal erschienen war, irritierte dabei schon kein anderes Mitglied mehr. Umso mehr sorgte er beim Tagesordnungspunkt 5e) Frauenförderungsprogramm ließ er zuerst wissen, dass Frauen in manchen Berufen nicht so geeignet sind wie Männer, und auf den daraus resultierenden Zwischenruf der Gemeinderätin Janine Bex, die mit ihrem drei Wochen alten Nachwuchs im Gemeinderat saß, meinte er, sie solle sich um ihr Kind kümmern und nach Hause gehen.

Im Jänner musste noch jeder Gemeinderat einzeln über die Zukunft Uschi Schwarzl Abstimmen. Die ÖVP machte dem Theater diesmal ein Ende.  | Foto: Michael Steger
  • Im Jänner musste noch jeder Gemeinderat einzeln über die Zukunft Uschi Schwarzl Abstimmen. Die ÖVP machte dem Theater diesmal ein Ende.
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ÖVP macht bei Abwahlgeplänkel nicht mehr mit

Auch die ÖVP sorgte in gewisser Art und Weise für Aufsehen. Sowohl beim zweiten Antrag zur Auflösung des Gemeinderats als auch beim Abwahlantrag von Uschi Schwarzl sah KO-Appler "totgerittene Pferde" – in beiden Fällen enthielt man sich. Was zumindest im Falle der Abwahl von Uschi Schwarzl für Verwunderung sorgte. Den Schlusspunkt der Überraschungen setzte aber einmal mehr Stadträtin Christine Oppitz-Plörer. Bei einem beinahe wortidenten zweiten Antrag zur Auflösung des Gemeinderats, eingebracht von GR Depaoli, zog sie sich blitzartig zusammen mit ihrer Partei zur Beratung zurück. Was dabei herauskam, erfuhr man nicht, da zuvor bereits elf Gemeinderäte ihre Enthaltung zum Punkt angekündigt hatte, als dies dem vorsitzenden Vizebürgermeister auffiel, hatte die Gemeinderatsfraktion allerdings schon den Raum verlassen. 

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