"Wir mit der Pflege"
Pflegepersonal schlägt erneut Alarm

"Wir mit der Pflege" – Beschäftigte in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, unter anderem auch im Altenwohnheim Kitzbühel, schlagen Alarm. | Foto: Wiestner
  • "Wir mit der Pflege" – Beschäftigte in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, unter anderem auch im Altenwohnheim Kitzbühel, schlagen Alarm.
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Hilferuf aus Tirols Spitälern, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen; Beschäftigte aus rund 20 Einrichtungen fordern bessere Bedingungen.

TIROL, BEZIRK KITZBÜHEL (jos). Erneut forderten in ganz Tirol Beschäftigte in Spitälern, Pflege- und Gesundheitseinrichtungen bei insgesamt rund 20 Kundgebungen dringend notwendige Verbesserungen ein.
Unter dem Motto „Wir mit der Pflege“ fordern ÖGB Tirol, die Gewerkschaften Öffentlicher Dienst (GÖD), Gewerkschaft GPA, vida und younion_Die Daseinsgewerkschaft sowie zahlreiche Betriebsräte und Beschäftigte von der Politik ein ganzes Maßnahmenpaket für den Pflegebereich.

Reform dringend notwendig

„Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal, damit wir eine gute Versorgung der Patienten auch weiterhin sicherstellen können. Die enorme Personalknappheit und der ständige Druck erschweren uns dieses Anliegen sehr", so Birgit Seidl, Zentralbetriebsratsvorsitzende der Tirol Kliniken. "Wir brauchen dringend die schon lange versprochene Pflegereform“, so Seidl.

3-M-Regel in der Pflege

Um der hohen Drop-Out-Quote entgegenzutreten, brauche es ebenfalls zahlreiche Maßnahmen, so Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth: „Die bisher in die Wege geleiteten Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus und sind wie ein Pflaster, das auf eine riesige Platzwunde geklebt wird. Einerseits müssen wir natürlich neues Personal gewinnen, wir müssen dann aber alles daransetzen, sie auch in der Branche zu halten. Die Belastungen sind wirklich extrem, daher muss für die Pflege endlich die 3-M-Regel gelten: mehr Personal, mehr Geld, mehr Freizeit. Nach wie vor fehlt echte Wertschätzung für die Beschäftigten, wie man anhand der Auszahlungsmodalitäten für den versprochenen Pflege-Bonus sieht: Immer noch warten zahlreiche Mitarbeiter auf die Auszahlung.“
Wohlgemuth bemängelt zudem den bei der Auszahlung gewählten Zeitraum von Anfang Oktober 2021 bis Ende April 2022. „Gerade vor allem in den Pflegeheimen herrschte primär zu Beginn der Pandemie ein massives Aufkommen an Corona-Erkrankungen unter den Patienten und somit erhöhte Ansteckungsgefahr bei den Beschäftigten. Dieser Zeitraum, in dem die Mitarbeitern ebenfalls unter extremsten Bedingungen gearbeitet haben, wird nicht abgegolten. Was den Beschäftigten ebenfalls sauer aufstößt: Gerade jene Beschäftigten, denen es gelungen ist, ihre Patienten vor einer Ansteckung zu schützen, schauen jetzt durch die Finger, da der Corona-Bonus ja nur an jene ausbezahlt wird, die unmittelbar mit an Corona Erkrankten in Berührung gekommen sind.“

Warten auf Umsetzung des Pflegepaktums

Einmal mehr wird zudem die längst überfällige Umsetzung des Tiroler Pflegepaktums gefordert, dazu Verena Steinlechner-Graziadei, Vorsitzende der younion_Die Daseinsgewerkschaft: „Im Pflegepaktum wurde bereits 2015 eine einheitliche Bezahlung unabhängig von der Anstellungsform vereinbart. Diese Forderung wurde erst teilweise umgesetzt. Es muss endlich gleiches Geld für gleiche Arbeit heißen. In der Pflegebranche arbeiten überwiegend Frauen. Sie sind nach wie vor in vielen Lebensbereichen, mittlerweile auch verstärkt durch die Corona-Krise, benachteiligt. Es ist unsere Aufgabe, dem speziell in der Pflegebranche entgegen zu wirken.“
Kritik übt sie auch an der vereinbarten freiwilligen Zulage in Höhe von 205 Euro: „Obwohl das Signal gut gemeint war, hat man damit leider in der Realität Chaos verursacht. Man ist es den Beschäftigten schuldig, sie für ihre wertvolle Arbeit fair und gleich zu bezahlen“.

Keine Almosen in der Ausbildung

Eine faire Bezahlung bereits während der Ausbildung fordert auch Margit Luxner, Vorsitzende des Bereichs Gesundheit und Soziales in der Gewerkschaft GPA und selbst Betriebsratsvorsitzende: „Wenn wir wollen, dass junge Menschen im Pflegebereich arbeiten, dann muss die Qualität der Ausbildung passen. Dazu gehört auch eine angemessene Bezahlung.“
Ende November 2021 veröffentlichte die Landesregierung „Sofortmaßnahmen zur Stärkung des Pflegebereiches“, in welchen unter anderem ein Pflegestipendium für die Auszubildenden angekündigt wurde. „Fast vier Monate später warten die Auszubildenden immer noch auf eine Richtlinie. Zudem sind die angekündigten 470 Euro eher Almosen als eine tatsächliche Verbesserung der Ausbildungsbedingungen. Wir erwarten uns eine klare Regelung von Seiten der Landesregierung. Von Taschengeld, Stipendien und Almosen halten wir nichts. Eine faire Bezahlung von monatlich 1.820 Euro für die Praktikanten im Pflege- und Gesundheitsbereich muss dringend her. Ansonsten gibt es für die künftigen ArbeitnehmerInnen im Pflegebereich keine vernünftige Perspektive“, zeigt Luxner auf.

Große Kundgebung im Mai

Der Termin für die nächste große Aktion steht bereits fest: Am „Tag der Pflege“ am 12. Mai ruft die Gewerkschaft gemeinsam mit der Offensive Gesundheit zu einer großen Kundgebung auf. „Dann werden wir in Innsbruck ein unübersehbares Zeichen setzen“, kündigt Wohlgemuth an.

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